Copyworld: Roman (German Edition)
verbieten? oder will sie Zins legen auf jeden Atemzug
und jeden Schluck Wasser? Oder gibt sie nicht viel eher wie eine Mutter, die
nährende Milch aus ihrem Leib sprudeln läßt – mit Freude und Liebe?”
“Was weißt du von der Liebe und
der Freude einer Mutter, Kindchen…”, Ajas Flüstern ist kaum zu hören, “was
weißt du vom Schmerz, mit dem die Mutter selbst die Nabelschnur zerreißen und
mit ansehen muß, wie ihre Leibesfrucht dem Tod entgegenwächst…”
“Nichts weiß ich davon. Sieben
Monde war ich alt, als meine Mutter von Barbaren wurd’ erschlagen.” Dammas
Worte klangen wie gleichgültig dahingesagt, und doch meint Derek, eine leise
Schwingung herausgehört zu haben, wie von einer unterdrückten Sehnsucht. “Ach,
was sollen diese häßlichen Gedanken”, sie lacht schrill auf. “Ich fragte Euch,
Großherr Derek, ob Eure Bauern frei sind, und die Antwort war nicht nein, nicht
ja. Vielleicht könntet Ihr Euch nun entscheiden?”
Derek spürt deutlich, daß ihr
Spott nur das Versteck ist, in das sie sich wie ein verwundetes Tier
verkriecht. Doch immer noch kreisen die Gedanken wie stolze Adler in seinem
Kopf, und so antwortet er: “Nennt mir einen freien Menschen dieser Welt,
Prinzessin – und ich sag’ Euch, ob die beiden sind wie er.” Damma schaut ihn
verblüfft an.
“Tausend kann ich nennen, ha! Was
sag’ ich – Millionen!”
“So nennt sie nur.” Derek bleibt
ganz gelassen. Sie ist wirklich nur ein Kind, denkt er, ein kleines,
unschuldiges Kind, das eher gelernt hat, das Schwert zu gebrauchen als den
Kopf.
“Nehmt den da”, sie deutet auf
Andorgas. “Dieses fette, verfressene und versoffene Schwein, das vor
Glückseligkeit rülpst und furzt, wenn der Spieß sich überm Feuer dreht und der
Wein aus dem Faß plätschert…”
Ein scharfes Klirren unterbricht
sie. Plötzlich flirrt und schwingt die Luft über der Tafel, dann poltert etwas
schwer zwischen Teller und Krüge. Ein Halsabschneider.
Damma sitzt wie erstarrt und
blickt auf die Faust von Andorgas, die den Draht hält.
“Sieh genau hin, du Küken”,
knurrt der rotäugige Riese. “Schau auf die Klaue des fetten, verfressenen und
versoffenen Schweins! Hätte ich meiner Hand nur um die Breite einer
Schwertklinge nachgegeben, wäre dein Schädel jetzt nur noch ein Gemenge aus Knochensplittern
und blutigem Hirn, Tochter meiner Schwester.”
“Bitte, Erzherr Andorgas!” Ajas
Stimme ist ungewöhnlich scharf und fordernd. “Ihr meßt die Grenzen unserer
Gastfreundschaft mit Siebenmeilenstiefeln aus!”
“Verzeiht, weise Aja.” Andorgas
verbeugt sich schuldbewußt. “Ihr wißt, daß es kein größeres Unrecht gibt als
dieses: Den Letzten vom Geblüte Berulfs ein Schwein zu nennen.”
Ajas Miene entspannt sich. “Das
ist wahr, Erzherr: Ein Mann von Berulfs Blut kann Luft aus allen Öffnungen
seines mächtigen Leibes pressen – er bleibt immer Erbe des großen Gründers des
Geeinten Reiches Tsalla.” Sie wirft einen drohenden Blick in Dammas Richtung.
Derek versteht kein Wort. Er sieht nur, daß die Tharprinzessin nicht
widerspricht.
Sie hat auf den Angriff überhaupt nicht
reagiert, denkt er erstaunt. Die Attacke ihres Onkels hätte ihr wirklich das
Gesicht zerschmettert, wenn er ernstgemacht hätte. Dieser Andorgas hat mit mir
nur gespielt, als wir den Schnee unter seinem Umhang zu Eis stampften.
Derek hat den Angriff des
Rotbartes ebensowenig erkannt wie Damma. Nicht, daß er die blitzschnelle
Bewegung des massigen Körpers nur zu spät registriert hätte – nein, er hat
einfach nichts gesehen. Als sei es außerhalb von Raum und Zeit geschehen.
“Ihr seht, wie frei er ist: Sogar
seine Herrin darf er bedrohen”, sagt Damma mit erzwungener Gelassenheit.
“Er ist nicht frei. Er ist
Untertan des Schwurs von Berulf, der seinen Willen leitet wie seine Hand! Und
die Tochter von König Jorx war nie, ist nicht und wird nie sein die Herrin des
Vollstreckers dieses Schwurs!” Ajas Stimme krächzt herrisch.
“Ihr wißt sehr viel über uns,
Muhme Aja”, antwortet Damma. Sie blickt die alte Frau nachdenklich an, dann
gibt sie sich einen Ruck und wendet sich Derek zu.
“Dann nehmen wir eben Euch selbst,
Großherr: Freier kann ein Mann nicht sein. Und sollte es doch Mauern geben, die
Eurem Trachten Grenzen setzen, so habt Ihr diese selbst errichtet.”
“Wie meint Ihr das?”
“Rang und Geburt stellen Euch
über alles, was zu Eurem Reich gehört, ob lebend oder unbeseelt. Ihr seid ein
Gott auf einem
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