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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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In Kürze öffnet die Bar, und es werden, wenn ich es richtig verstanden habe, tunesisch-libanesische Imbisse und natürlich Salzgurken für unsere russischen Kameraden serviert. Sauferei wird hart bestraft; denken Sie an die Torpedorohre! Das war alles für heute. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend!«
    Daraufhin setzte er sich auf seinen Platz, und die gedämpfte Stimmung hellte sich schnell auf, als die Rollläden vor der Theke hochgezogen wurden und den Blick auf unzählige farbenfrohe Gerichte und noch mehr Wodka- und Rotweinflaschen freigaben.
    »Nun«, sagte Peter Feisal, der während der Vorstellung mit in die Seiten gestemmten Händen neben den beiden U-Boot-Korrespondentinnen gestanden hatte. »Ich nehme an, das rundet Ihren ersten Abend an Bord angemessen ab. Dürfte ich Ihnen vielleicht etwas zu trinken bringen?«
    »Ich will ein Interview mit diesem Admiral!«, kreischte Starreporterin Rashida Asafina.
    »Sehr geehrte U-Boot-Korrespondentin«, antwortete der Ober­leutnant, der ihnen als Babysitter zur Seite gestellt worden war, mit leiser Ironie. »Wie Ihnen sicherlich aufgefallen ist, bleiben uns noch zwölf Tage bis zum Angriff. Ich bin überzeugt, dass Sie bis dahin und hoffentlich auch danach reichlich Gelegenheit finden werden, allerhand wünschenswerte Interviews zu führen. Allerdings fürchte ich, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt wäre. Darf ich den Damen also etwas zu trinken oder zu essen oder beides bringen?«
     
    Fregattenkapitän Alexander Owjetschin war tief in Melancholie versunken. Es war eine russische Melancholie der schlimmsten Art, wie sie typisch für einen Kater war. Dabei hatte er schon lange keinen Tropfen mehr getrunken. Es fehlten nur noch die Balalaikas, versuchte er sich verzweifelt aufzumuntern. Doch nicht einmal zur Selbstironie war er in der Lage.
    Für ihn war alles vorbei. Nun saß er hier auf einem schäbigen kleinen Tankschiff, das sich durch die Biskaya quälte. Und damit Schluss. Das Ganze war nahezu unbegreiflich, und gefühlsmäßig war es noch schwerer zu akzeptieren. Das Projekt Pobjeda war seit mehr als fünf Jahren ein Teil von ihm. Tag und Nacht hatte er dafür gelebt, besonders nachts, weil er oft keine Ruhe fand. Seine Familie hatte er sträflich vernachlässigt, weil er monatelang am Stück in der Forschungsstation 2 logiert hatte. Wenn er nach Hause gekommen war, hatte er geistesabwesend und in sich gekehrt dagesessen. Beim Ballspielen mit seiner fünfjährigen Tochter Natascha war er plötzlich zerstreut mit dem Ball in der Hand stehen geblieben, bis ihn das quengelnde Mädchen in die Wirklichkeit zurückgeholt hatte.
    Möglicherweise war er einfach überarbeitet. In den vergangenen Wochen nach der Rückkehr der K 601 von der fantastischen Autonomka rings um die irische Küste hatte er sich wie ein Verrückter mit der Flottenbürokratie herumgeschlagen, damit sie die Waffenladung herausrückte. Die Bürokraten wollten Geld und Vorschüsse sehen und verlangten sogar eine zusätzliche, frei erfundene Umsatzsteuer, als wäre die Perestroika-Zeit noch nicht vorbei. Im Grunde hatten die Bürokraten wenig Ahnung, sie wussten nur, dass es um den Verkauf von russischen Waffen an einen ausländischen Käufer ging. Und mit denen nahm man es offenbar nicht so genau. Es fiel sogar die Bemerkung, Neger und Schlitzaugen bräuchten die Waffen doch nur, um sie bei ihren Paraden vorzuzeigen, eine Anwendung sei ohnehin nicht beabsichtigt. Trotzdem hatten sie Ärger gemacht.
    Zum Schluss hatte er einen verzweifelten Brief an den Präsidenten geschrieben. Er hatte zwar das Gefühl, dem Weihnachts­mann einen Wunschzettel zu schicken, doch merkwürdigerweise war ausgerechnet Wladimir Wladimirowitsch neben einem heruntergekommenen Kapitän zur See aus der Raswedka der einzige Mächtige in Russland, der über das Projekt Pobjeda vollständig informiert war. In dem hoffentlich angemessen untertänigen und ausreichend sachlichen Brief war es vor allem um das ständige Gerede über die Sicherheit gegangen. Natürlich, gab er zu, wäre es ein enormer Misserfolg, sollten die Schkwal-Torpedos dem Feind in die Hände fallen. Doch im Falle der K 601 sei es eine viel größere Gefahr, wenn die neue russisch-palästinensische Technologie in Feindeshand geriete. Denn wenn die neuen Instrumente auf der jüngsten Generation russischer U-Boote erst installiert wären, hätte Russland im U-Boot-Krieg endlich einen gewaltigen Vorsprung. Dies sei eine wissenschaftlich belegte

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