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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Tatsache. Es sei jedoch auch eine Tatsache, dass diese Technologie den Palästinensern genauso gehörte wie den Russen.
    Es gehe also nicht um Freundschaftsdienste oder Dankbarkeit, sondern um reines Eigeninteresse. Daraus folge, dass man die K 601 unbedingt mit den stärksten Waffen ausrüsten müsse, die zur Verfügung stünden, gerade damit sie nicht dem Feind in die Hände falle. Je schwächer die Feuerkraft sei, desto höher wäre das Risiko. Insofern seien Geiz und kurzsichtiges Sicherheitsdenken vollkommen fehl am Platz.
    Er hatte den Brief mehr als zehnmal umgeschrieben, weil er ihn weder zu trocken, zu untertänig noch zu rechthaberisch hatte formulieren wollen. Dennoch war das Verfassen des Briefes das geringste Problem gewesen. Jeder Nachrichtenoffizier auf dem Niveau eines Fregattenkapitäns hatte das Recht dazu, und jedem standen gute alte sowjetische Phrasen und Floskeln zur Verfügung.
    Viel schlimmer war das unerträgliche Warten auf eine Antwort gewesen, die bis jetzt nicht gekommen war. Er hatte lediglich einen Schrieb erhalten, in der er von der Ernennung Petrows zum Konteradmiral und Helden Russlands in Kenntnis gesetzt worden war. Von allem anderen war darin keine Rede gewesen.
    Vielleicht sprachen aber auch die Fakten für sich. Denn eines Tages waren alle bürokratischen Schwierigkeiten wie weggeblasen gewesen. Flugs war die K 601 mit Schkwal-Torpedos und Marschflugkörpern ausgerüstet worden, die zwar nicht über nukleare Sprengköpfe, aber über einen beeindruckenden kon­ventionellen Ersatz verfügten, mit Torpedos zur Bekämpfung von U-Booten und mit »Hechten« zur Abwehr feindlicher Torpedos. Die komplizierte Wunschliste der Schiffsärztin war Punkt für Punkt erfüllt worden, die elektronischen Seekarten und sogar die koreanischen Ersatzteile für den Fernsehempfang an Bord waren geliefert worden. Nachdem sich dieses Wunder vollzogen hatte, hatte sich der Vizeadmiral vom Marinestab höflich erkundigt, ob noch etwas fehle.
    Der Präsident hatte den Brief also auf seine Art beantwortet. Anders ließ sich der plötzliche bürokratische Durchbruch nicht erklären, und nur weil er so ein fantasieloser Fachidiot sei, wie Mouna zu sagen pflegte, hatte er den Zusammenhang erst jetzt begriffen.
    Der kleine Tanker bewegte sich mit ungefähr zwölf Knoten vorwärts; die ansonsten unmerklich arbeitenden Motoren ließen die Wasseroberfläche in dem Glas vor ihm vibrieren. Zehn Tage oder noch länger würde er hier sitzen und außer einigen Abschlussberichten rein gar nichts zu tun haben. Zu allem Über­fluss saß irgendwo da unten in den engen Mannschaftskorrido­ren ohne Klimaanlage Steuermann Stepantschenko seinen Haus­arrest ab. Stepantschenkos Verbitterung war leicht nachzuvollziehen. Das große Geld und eine Autonomka, die wahrschein­lich alle bisherigen in den Schatten stellen würde, waren zum Greifen nah gewesen.
    Natürlich war Stepantschenko ein enormes Sicherheitsrisiko. So wie alle anderen, die man aussortiert hatte. Denn die meisten von ihnen konnten mit Fug und Recht behaupten, dass man sie ungerecht behandelt hatte. Solche Menschen entwickeln sich immer zu einem Sicherheitsrisiko. Spione lockte man nicht wie in alten Zeiten mit Sex und Geld, man packte sie bei ihrer Verbitterung und ihrer Eitelkeit, was manchmal fast dasselbe war.
    Für die acht Seemänner, die nach der ersten Übung gehen mussten, hatte er gemeinsam mit Mouna und dem Vizeadmiral aus dem Marinestab einen Arbeitsplan aufgestellt. Zunächst be­kamen sie von Mouna zehntausend Dollar als Trostpflaster. Außerdem durften sie die Forschungsstation 2 nicht verlassen, bis sie auf ein neues U-Boot kommandiert wurden. Dort unter ihren neuen Kameraden konnten sie mit ihren merkwürdigen Geheimnissen prahlen, so viel sie wollten. In zwei Wochen würde die ganze Welt davon erfahren.
    Am zweiten Oktober um siebzehn Uhr UTC würde er bereits seit einigen Tagen in Seweromorsk sein. Da das Datum zum Glück auf einen Montag und nicht auf das Wochenende fiel, würde es seinem Vorsatz, sich nun mehr der Familie zu widmen und ein sinnvolles Leben »post Projekt Pobjeda« zu führen, nicht in die Quere kommen. Was hatte er an einem Montagnachmittag sonst zu tun?
    Er grübelte eine Zeit lang über die qualvolle Vorstellung, im Dunkeln durch den Schneematsch nach Hause zu stapfen und die ganze Zeit auf die Uhr zu schielen, vielleicht stehen zu bleiben und in den Himmel zu starren. Ob er dort ein Zeichen sehen würde? Genauso gut könnte

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