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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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weniger gefährlich war. Aber nicht jetzt und nicht im östlichen Mittelmeer.
    Rumsfeld würde vor Wut kochen und ihn als Weichei oder Waschlappen bezeichnen. Dagegen konnten auch seine vier Admiralssterne und sein uramerikanischer Heldenmut nichts ausrichten.
    Ihm blieb nichts anderes übrig, als Rumsfeld die Admiralssterne auf den Tisch zu knallen und hinzuzufügen, er werde eine Kopie seines Kündigungsschreibens an den Präsidenten schicken. Und dem Präsidenten würde er klipp und klar sagen, wie die Dingen standen:
    »Mr President, als Chef der amerikanischen Flotte erachte ich es als meine absolute Pflicht, Sie, Mr President, vor einer Fortsetzung dieser improvisierten und schlecht vorbereiteten U-Boot-Jagd zu warnen. Anderenfalls werden Sie sich mit beängstigend großer Wahrscheinlichkeit vor dem amerikanischen Volk für den Verlust eines amerikanischen Atom-U-Boots der Los-Angeles-Klasse mit einhundertdreiunddreißig Männern an Bord zu verantworten haben.«
     
    Mouna al-Husseini blieb noch eine halbe Stunde im Bett liegen. Dieser Luxus, den sie sich seit einer halben Ewigkeit nicht gegönnt hatte, gab ihr ein seltsames Gefühl von Frieden. Möglicherweise hatte sie so tief und fest geschlafen wie ein Baby, weil die U-1 Jerusalem währenddessen ruhig und langsam durch die Straße von Messina zwischen Sizilien und dem italienischen Festland gefahren war. Zumindest nach Ansicht von Anatolij würden die Amerikaner sie hier zuletzt suchen. Er hatte dieses Manöver kaum erwarten können. Sie wollte sich bei ihm erkundigen, wie es gelaufen war, bevor seine Schicht beendet war und er in die Koje fiel.
    Das Bettzeug war frisch gewaschen und verströmte den typisch chemischen Geruch von russischem Waschpulver, ein Duft, den sie mittlerweile zu schätzen wusste und den sie ihr Leben lang nicht vergessen würde. Wie lang dieses Leben auch sein mochte. Eilig rief sie sich ins Gedächtnis, dass das Ende jederzeit kommen konnte. Sie wollte keine bösen Geister wachrufen, aber die schwierigsten und gefährlichsten Manöver standen der U-1 Jerusalem noch bevor. Sie war eine der wenigen an Bord, die das wussten.
    Hassan Abu Bakr pflegte zu sagen, das bisher Erreichte sei es wert, sein Leben zu lassen. Mit dieser Meinung stand er nicht allein da, die meisten Palästinenser an Bord dachten so. Die Russen dagegen hatten vermutlich in erster Linie das Geld im Sinn und gingen davon aus, dass sie reich und lebendig zu Mut­ter Russland zurückkehren würden. Sie hatten keine Ahnung, was sie erwartete.
    Es gab auch keinen Grund, den Mut zu verlieren. Im Gegenteil. So unendlich viele Dinge hätten schiefgehen können, bis jetzt hatten sie sagenhaftes Glück gehabt. Es war Glück gewesen, dass das israelische U-Boot Tekuma mit dröhnenden Motoren direkt auf sie zugefahren war, und ein noch größeres Glück, dass die Konflikte auf der K 601 so früh ausgebrochen waren, dass man etwas dagegen hatte unternehmen können. Unter jetzigen Umständen hätte ein solcher Streit an Bord für sie alle den Tod bedeutet.
    Carl anzuwerben war die beste Entscheidung gewesen. Anfänglich hatte er wahrscheinlich genau wie sie geglaubt, er solle die Rolle des vielfach ausgezeichneten Kriegshelden mit den vielen Admiralssternen nur spielen, um die Russen in Schach zu halten. Ein begrenzter, aber lebenswichtiger Auftrag.
    Er hatte jedoch so viel mehr getan. Er hatte seinen ganz besonderen Blick, oder vielmehr sein Gefühl dafür mitgebracht, wie man eine Einheit in der westlichen beziehungsweise der eng verwandten russischen Militärkultur zusammenstellen musste. In diesem Punkt unterschieden sich ihre und seine beruflichen Erfahrungen enorm. Sie hatte ihre gesamte Offizierslaufbahn in verrauchten Räumen verbracht, in denen gegessen, Johnny Walker getrunken und ohne Tagesordnung durcheinandergeredet wurde, bis man gegen Morgen zu äußerst unklaren Beschlüs­sen kam. Schließlich musste man jemanden wie Abu Ammar, Abu Lutuf oder Abu al-Ghul aufsuchen und noch einmal ganz von vorne beginnen, eine weitere schwammige Entscheidung fällen und sich letztendlich auf seinen eigenen Verstand verlassen.
    Carl repräsentierte genau das Gegenteil. Bei Versammlungen der leitenden Offiziere führte er selbstverständlich das Wort und leitete die Diskussion, ohne sich aufzuregen oder lauter zu werden. Zwischen seinen Gesprächsrunden und den palästinensischen Whisky- und Falafel-Palavern lagen Welten. Logischer­weise war der Führungsstil von Carl unendlich

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