Coq 11
meisten geleistet. So ist es. Ich frage mich allerdings, ob Sie überhaupt wissen, warum.«
»Die größte Leistung haben diejenigen erbracht, die richtig navigiert und richtig gezielt haben«, wandte Hassan Abu Bakr zögernd ein.
»Ja, aber davon habe ich nicht gesprochen. Ich sprach von unserem zweiten Auftrag. Das Wichtigste ist nun, dass wir überleben. Acht gut versorgte israelische Gefangene an Bord machen es dem Feind nicht leicht.«
»Aber für einen solchen Sieg hätte es sich gelohnt zu sterben. Das Überleben war nicht das Wichtigste.«
»Nein, aber nun ist es das. Entschuldigen Sie mich einen Moment.«
Carl bestellte eine Flasche Wein, zwei Gläser und einen kleinen Imbiss, erhob genießerisch sein Glas, studierte das Etikett und nickte zufrieden.
»Ich habe soeben die Abendnachrichten auf CNN gesehen«, fuhr er fort. »Die Chirurgen in der Hassadah-Klinik haben sich sehr wohlwollend über unsere Arbeit geäußert. Unser Kollege Uri Gazit, den wir an der Leber operiert haben, wurde ebenfalls interviewt. Er hat uns nicht im Geringsten kritisiert, im Gegenteil. Sein Zorn galt der verschlafenen israelischen Armee und vor allem der Inkompetenz seiner Vorgesetzten auf der Tekuma. In Israel wird nun gefordert, dass Köpfe rollen. Allerdings nicht unsere! Sollte uns das nicht zu denken geben?«
»War es von Anfang an Sinn und Zweck des Rettungs-U-Boots, dass es israelische Leben rettet?«
»Ja, Leutnant. Das habe ich in der Tat gehofft. Sie und Ihre Kameraden haben meine Erwartungen noch übertroffen.«
»Ist das nicht ein bisschen merkwürdig? Sie erst abzuschießen und dann zu retten?«
»Das eine ist Krieg, das andere Politik. Um zu gewinnen, muss man auf beiden Feldern erfolgreich sein. Die Welt dort oben hat sich gespalten, einige nennen uns Terroristen, für andere sind wir Helden des Freiheitskampfes. In den Vereinten Nationen stehen sich Frankreich, Russland und China auf der einen und die USA und Großbritannien auf der anderen Seite gegenüber. Wenn sie sich einig wären, müssten wir sterben. Wissen Sie noch, was ich Ihnen geantwortet habe, als Sie mich zum ersten Mal nach dem Zweck der Rettungsboote fragten?«
»Sie sollen Leben retten.«
»Genau gesagt: unser Leben. Und diese Aufgabe haben sie erfüllt.«
»Warum ist es so wichtig, dass wir überleben?«
»Weil wir keine Selbstmordattentäter, sondern zivilisierte Krieger sind. Wir sind das Gegenteil von dem, was der Feind in uns sehen möchte. Er liebt die Selbstmordattentäter und hasst die U-1 Jerusalem. Und weil wir Israel erneut angreifen werden …«
Endlich blitzte echte Begeisterung aus den Augen des ehemaligen Guerillakämpfers, der immer bereit gewesen war, sein Leben zu opfern. Spontan erhob er sein Glas und prostete Carl zu.
Nun sind der Leutnant und der Vizeadmiral endlich Freunde, dachte Carl erleichtert. Warum war es bloß so schwer zu begreifen, dass Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln war? Ihre Feinde schlugen sich die Köpfe ein, während sie selbst zu russischem Pop oder arabischer oder westafrikanischer Rockmusik gemütlich durchs Mittelmeer schipperten.
Admiral Georgi Triantafellu fragte sich ernsthaft, was seine Demokratie eigentlich von ihm wollte. Er war Chef der amerikanischen Flotte und trug vier Admiralssterne. Weiter würde er es nicht bringen. Er hatte noch zwei Jahre bis zur Pensionierung vor sich und nicht die geringsten politischen Ambitionen. Aus der Politik hatte er sich immer herausgehalten.
Was konnte die Demokratie von ihm verlangen? Sollte er etwa amerikanische Jungs in den Tod schicken, oder sollte er seine ehrliche Meinung aus Angst vor Rumsfeld für sich behalten und somit seinen Präsidenten und Oberbefehlshaber hinters Licht führen?
Einige seiner Kollegen hatten bis zur Abfahrt die Schnauze gehalten. Es war ein sensationelles Jahr gewesen. Sieben Ex-Generäle hatten den Verteidigungsminister und die amerikanische Außenpolitik heftig kritisiert. NATO-Chef Wesley Clark war bislang der letzte.
Er kannte Wesley gut genug, um zu wissen, dass man sich auf den Kerl verlassen konnte. Als Wesley sich, ausgerechnet am Sonnabend vor Ostern, seinen kritischen Kollegen angeschlossen hatte, war das ein harter Schlag für den Verteidigungsminister gewesen. Das Pentagon hatte sofort veröffentlicht, Rumsfeld habe sich innerhalb eines Jahres hundertneununddreißigmal mit seinen Staatssekretären und zweihundertachtmal mit den wichtigsten Generälen getroffen.
Die Zahlen
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