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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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viel effektiver.
    Die letzte Sitzung hatte das wieder einmal bewiesen. Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, hatte Carl den israeli­schen Oberleutnant persönlich abgeholt – aus der gemeinsamen Kajüte! – und die Sitzung mit den Worten eröffnet, Oberleutnant Zvi Eschkol der israelischen Flotte sei vorübergehend als gleichberechtigtes Mitglied der Leitungsgruppe zu betrachten, da man über den Status der Kriegsgefangenen an Bord sprechen werde.
    Nach nur zehn Minuten, in denen sogar eine demokratische Diskussion stattgefunden hatte, waren alle Beschlüsse gefasst. Der israelische Oberleutnant hatte betont, er und seine Kameraden hätten nichts zu beanstanden.
    Als Carl daraufhin erklärt hatte, man müsse die Vorschriften leider etwas strenger handhaben, hatte auch dies aus seinem Mund nicht bedrohlich geklungen. Wie so oft hatte er sich des demagogischen Tricks bedient, auf die Genfer Konventionen hinzuweisen. Laut diesen habe jeder Gefangene das Recht, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Er selbst würde es jedenfalls ohne zu zögern probieren. Es sei zwar nicht leicht, von einem U-Boot zu entkommen, aber den israelischen Kriegsgefangenen stehe es zumindest zu, es zu versuchen. Als Angestellte der israelischen Flotte seien sie sogar dazu verpflichtet. Aber wie? Sollte man irgendwie die Motoren der U-1 Jerusalem lahmlegen und das U-Boot zum Auftauchen zwingen?
    Ja, hatte der israelische Oberleutnant fasziniert zugegeben, dieser Plan klinge durchaus einleuchtend.
    Folglich war beschlossen worden, dass der israelische Kriegsgefangene, der seit seiner Milzoperation auf der Intensivstation gepflegt wurde, zu einer anderen Person in die Kabine ziehen sollte. Am besten zu Kommandant Petrow, denn der habe schließlich zwei Pritschen. Noch Fragen?
    Anatolij hatte kaum mitbekommen, dass er einen Zimmergenossen bekommen würde, da war Carl schon beim nächsten Punkt gewesen.
    Es war immer schwieriger geworden, seiner Argumentation zu folgen. Die Arrestzelle biete Platz für vier Personen, drei der Gefangenen trügen Gips, drei seien unverletzt. Folglich könnten sich jeweils zwei Gefangene frei in der Messe und im Fitnessraum bewegen, während die beiden anderen eingeschlossen seien. Allerdings müsse man den Zeitplan so organisieren, dass nie zwei Unverletzte gleichzeitig frei herumliefen. Außerdem müsse man den Motorraum verstärkt bewachen, allerdings ohne Handfeuerwaffen, weil das nur zu Problemen führen könnte. Die Israelis würden möglicherweise versuchen, die Waffen in ihre Gewalt zu bringen, und es bestünde die Gefahr, dass jemand zu Schaden kam. Fragen dazu?
    Oberleutnant Eschkol schien mit diesen neuen und außerordentlich strengen Regeln mehr als einverstanden gewesen zu sein. Und dabei hatte Carl mit seinen Befürchtungen wieder einmal ins Schwarze getroffen. Seine Überzeugungskraft war eine seiner großen Stärken.
    Doch am meisten hatte Mouna anfänglich seinen Blick unterschätzt, wie sie es nannte. Als er damals nach Seweromorsk gekommen war und Alexander Owjetschin ihm das Ausmaß der Krise geschildert hatte, brauchte er nur zwei Tage, um einen neuen Kommandanten zu finden: Anatolij Petrow. Owjetschin hatte Carl mit halb erstickter Stimme so manches über das Kurskunglück berichtet, und plötzlich war Carl mit der genialen Idee herausgerückt, einen der kühnsten und geschicktesten U-Boot-Kapitäne Russlands anzuheuern. Mit dieser Entscheidung waren alle, nicht zuletzt der russische Präsident und vor allem Anatolij selbst, vollauf zufrieden.
    Ohne Anatolij und seine beiden Stellvertreter Charlamow und Larionow wäre die U-1 Jerusalem nicht dieselbe. Ganz zu schweigen von Professor Mordawina. Was für eine Chirurgin! Allein diese vier Personen waren für die Moral an Bord von unschätzbarem Wert. Das alles war allein Carls Werk. Er hatte weitaus mehr getan, als nur eine Theaterrolle zu spielen. Sogar Anatolij sah in ihm nun die unumstrittene Führungsperson.
    Und Mouna hatte gar nichts dagegen einzuwenden, weil nun alles, was vorher problematisch gewesen war, wie geschmiert funktionierte. Wenn man dem Inhalt der zehn beliebtesten Filme an Bord Glauben schenken durfte, lief alles so reibungslos ab wie auf einem amerikanischen Atom-U-Boot.
    Sie zog sich an und ging in die Messe, um zu frühstücken. Oder war es schon Mittag? Sie konnte sich plötzlich nicht mehr erinnern, welche Mahlzeit nun anstand, weil sie ihren Tagesrhythmus in der letzten Zeit nach den Nachrichtensendungen

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