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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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überrascht. Hinter Capri – im Hintergrund zu erkennen – liegt Neapel, der Hauptstützpunkt der amerikanischen Flotte im Mittelmeer. Wir befinden uns seit längerer Zeit in Reichweite, aber wie man der Berichterstattung entnehmen kann, sucht uns die amerikanische Flotte im Moment tausend Kilometer von hier entfernt im östlichen Teil des Mittelmeers. Meine heutige Gesprächspartnerin ist die politische Chefin an Bord, Brigadegeneral Mouna al-Husseini. Darf ich fragen, warum wir uns ausgerechnet hier vor Neapel aufhalten?«
    »Nun, gewiss nicht, um die amerikanische Flotte anzugreifen, sonst wären wir wohl besser im östlichen Mittelmeer geblieben«, begann Mouna mit einer freundlichen Unschuldsmiene, die sie lange geübt hatte. »Ganz im Ernst«, fuhr sie fort und machte dazu ein sehr ernstes Gesicht, »wir haben von Präsident Abbas den Befehl erhalten, den Waffenstillstand einzuhalten. Um keinen Zweifel an unserer Haltung aufkommen zu lassen, haben wir uns so weit entfernt, dass unsere Waffen Israel nicht mehr erreichen können und umgekehrt.«
    »Wie schätzen Sie die Selbstmordattentate ein, die sich in den vergangenen Tagen in Israel ereignet haben?«
    »Ich sehe sie im Zusammenhang mit der Verzweiflung nach dem israelischen Massaker unter der Zivilbevölkerung von Gaza, möchte aber betonen, dass die palästinensische Flotte keinen Terrorismus betreibt.«
    »Aber die amerikanische Regierung wirft Ihnen vor, Sie seien Terroristen.«
    »Dann liegt dort ein Missverständnis vor. Die palästinensische Flotte hat nie zivile Ziele angegriffen und hat das auch nicht vor.«
    »Zu einem früheren Zeitpunkt haben Sie keinen Kommentar zu der Frage abgegeben, ob es an Bord Atomwaffen gibt. Nun behauptet man in Washington, es sei der Fall. Möchten Sie das kommentieren?«
    »Egal, ob dieser Vorwurf gegen uns oder den Iran gerichtet wird, er ist absurd. Ein so kleines Land wie Palästina hat für Nuklearwaffen keine Verwendung, weil sie uns genauso viel Schaden zufügen würden wie den Israelis.«
    »Sie haben immer noch acht Kriegsgefangene an Bord? Wie geht es denen?«
    »In Anbetracht der Umstände ausgezeichnet. Der Mann mit den schwersten Verletzungen hat soeben die Intensivstation verlassen, medizinisch haben wir alles unter Kontrolle.«
    »Gestatten Sie Al-Dschasira ein Interview mit einem der Gefangenen?«
    »Ja, aber nur mit dem- oder denjenigen, die sich freiwillig dazu bereit erklären. Wir möchten unsere Gefangenen nicht an die Öffentlichkeit zerren, weil es den internationalen Vereinbarungen gegen die Demütigung von Kriegsgefangenen wider­spricht. Machen Sie sich bis zum nächsten Sendetermin selbst ein Bild. Nun haben wir leider keine Zeit mehr. Wir befinden uns nämlich innerhalb des NATO-Territoriums und müssen bald abtauchen.«
    Rashida Asafina guckte direkt in die Kamera und sprach einige abschließende Worte: »Dies war Rashida Asafina von Al-Dschasira auf der U-1 Jerusalem vor der NATO-Flottenbasis in Neapel.«
    Hastig wiederholte man das ganze Interview in arabischer Sprache, und als Rashida sich zum zweiten Mal verabschiedete, wurde der Bug des abtauchenden U-Boots bereits auf äußerst effektvolle Weise überspült.
    Zehn Minuten später befanden sie sich siebenhundert Meter tiefer in Sicherheit und fuhren mit voller Geschwindigkeit und enorm lauten Dieselmotoren in Richtung Süden, als wollten sie Sizilien auf der Nordseite umrunden.
    Es hatte funktioniert! Grund genug, die Champagnerkorken knallen zu lassen, meinte Mouna, als sie hinunter in die Messe kam. Sie hatten sich vor den größten NATO-Flotten-Stützpunkt im Mittelmeer gepflanzt, den Amerikanern die Zunge rausgestreckt und ihre friedlichen Absichten zum Ausdruck gebracht. Außerdem hatten sie Rumsfeld und allen CNN-Experten, die im östlichen Mittelmeer nach Flundern fischten, die Hosen runtergezogen.
    Man habe leider keinen Champagner an Bord, bemerkte Carl mit ironischem Bedauern. Noch ein Planungsfehler, der dringend behoben werden müsse. Ersatzweise werde er einen vorzüglichen Bordeaux aus dem Weinkeller holen.
     
    Anstelle der Air Force One nahm George W. Bush ein C-20-Flugzeug, das klein genug war, um in Hagerstown, Maryland, zu landen, und fuhr von dort aus mit dem Auto weiter nach Camp David. Er hatte Cheney, Rice und Rumsfeld gebeten, vorzufahren und ohne ihn das morgige Treffen vorzubereiten. Auf diese Weise hoffte er, sie zu einer einigermaßen funktionierenden Zusammenarbeit zu zwingen.
    Als sie im Blockhaus des

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