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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Luftwaffenstützpunkte zu treffen. Nun, in Kürze werden wir offener über diese Dinge reden. Vielen Dank für das anregende Gespräch. Abtreten!«
    In seiner Kajüte machte sich Carl einige Notizen über Hassan Abu Bakr. Über seine Kompetenz brauchte man sich keine Gedanken zu machen. Die hatte er bei einer Übung unter Beweis gestellt, die Anatolij als viel zu schwierig eingestuft hatte. Die palästinensischen Taucher hätten sich nur durch ungeheuer schlechtes Benehmen disqualifizieren können.
    Carl machte sich über etwas ganz anderes Gedanken. Die gesamte Familie von Hassan Abu Bakr war, so wie seine, dem Feind zum Opfer gefallen. Seine eigene war zwar nicht so groß wie eine palästinensische Familie in einem Flüchtlingslager gewesen, aber die Sizilianer hatten seine erste Frau Eva-Britt, seine zweite Frau Tessie, deren Kinder und sogar seine alte Mutter umgebracht. Er war genauso einsam zurückgeblieben wie Hassan Abu Bakr. Doch im Gegensatz zu ihm hatte Carl nicht das Bedürfnis, sich zu rächen.
    Er hatte auch nicht acht Jahre in einem sizilianischen Gefängnis verbracht, war nicht getreten, erniedrigt, misshandelt und einmal im Monat mit dem Hochdruckreiniger vom eigenen Kot befreit worden. Und sein Heimatland war nicht von einer Armee besetzt, die so etwas machte. Das war ein entscheidender Unterschied.
    Andererseits hatte er gar kein Heimatland mehr. Die Verbindung zum schützenden Hafen in La Jolla war gekappt. Kalifor­nien würde er nie wieder betreten. Nun war die K 601 seine Heimat.
     
    Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass auf diesem vielleicht männlichsten Arbeitsplatz der Welt vier Frauen am härtesten arbeiteten. Die vier Sprachlehrerinnen Nadja Rodinskaja, Olga Schadrina, Irina Issajewa und Lena Kutsnetsowa hatten ihre Freizeit aus eigenem Antrieb auf vier Stunden reduziert und arbeiteten pro Tag zweimal sechs Stunden. Rund um die Uhr paukte eine von ihnen russische Vokabeln mit den Palästinensern oder englische Vokabeln mit den Russen.
    Das größte Gewicht wurde auf die technische Terminologie und die Befehle gelegt. Mit der allgemeinen Konversation wollte man warten, bis die Schüler die tausend Wörter der zweisprachigen Liste auswendig kannten, die Carl angefertigt hatte. Für alle außer ihm und Mouna, die ja bereits beide Sprachen beherrschte, galt absolute Anwesenheitspflicht.
    Auch für Kommandant Anatolij Petrow und seine beiden Stellvertreter. Sie hatten sich zunächst gesträubt. Anatolij behauptete, er wäre zu alt, um die Schulbank zu drücken, was vermutlich nur eine faule Ausrede war. Im Grunde verließ er sich darauf, dass er seine Befehle, die Carl wie ein Papagei ins Englische übersetzte, ohnehin auf Russisch zu geben hatte.
    Mouna und Carl umgarnten ihn bei einem gemeinsamen Mittagessen: Sie übten momentan im Nordatlantik, wo alles ruhig und nach Plan verliefe. Wenn sie hin und wieder auf ein amerikanisches U-Boot stießen, spielten sie mit ihm. Manchmal sei es ein gefährliches Spiel und im Prinzip nichts anderes als das, was über Jahrzehnte beide Seiten viele Menschenleben ge­kostet habe – aber es sei ein Spiel.
    Sollte ihnen jedoch, inschallah, der geplante Angriff gelingen, sei alles weitere nicht vorhersehbar. Wahrscheinlich wäre ihnen als Erstes die amerikanische Mittelmeerflotte auf den Fersen. Man konnte sich auch vorstellen, dass Tony Blair mit zitternden Lippen eine seiner Reden über seine innerste Überzeugung, Wahrheit und Recht halten und ihnen die britische Flotte hinterherschicken würde. Nach dem ersten Angriff stünden ihnen einige schwierige Fahrten bevor. Sie müssten sich nicht nur zur zweiten Angriffsposition begeben, sondern vor allem zum dritten Schlag ausholen. Nicht wahr?
    »Ja doch«, brummte Anatolij. Das Manöver sei nicht ohne.
    Ganz genau. Wenn die amerikanischen Mark 48 oder die briti­schen Spearfish-Torpedos ihnen erst auf die Pelle rückten, dürfe sich an Bord der K 601 keiner den kleinsten Fehler erlauben. Niemand. Alle Nerven wären bis zum Zerreißen gespannt. Möglicherweise würde jemand die Beherrschung verlieren und hysterisch werden. Ob er verstanden habe, worauf sie hinauswollten? Falls sie alle zusammen am Arsch wären, sollte das wenigstens nicht an Übersetzungsfehlern und mangelndem Fleiß liegen. Klar?
    »Zugegeben, das wäre Mist«, murmelte Anatolij.
    Außerdem habe es einen nicht zu unterschätzenden pädagogischen Effekt, wenn die jungen Besatzungsmitglieder den drei höchsten Offizieren beim Büffeln

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