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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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egal.
    »Und wie geht es dir bei der Polizei?« wollte der Alte schließlich wissen.
    Wenn der Alte »Polizei« sagte, meinte er im internen Jargon des Nachrichtendienstes nie etwas anderes als die Sicherheitspolizei. Die sonstige Polizei gab es in seinem Sprachschatz nicht, ebensowenig das Sozialamt oder das Finanzamt.
    Carl berichtete kurz und knapp vom Stand der festgefahrenen Ermittlungen.
    Aber das sei nicht das einzige Problem, und er sei nicht nur aus dem Grund hier. Die festgefahrene Lage sei eine Sache, aber daneben geschähen mancherlei seltsame Dinge, so daß man bei der Arbeit ständig behindert werde. Man könne nicht das ganze Feld überblicken und folglich nichts sehen.
    »Genau«, sagte der Alte und stand auf, um noch mehr Apfelwein zu holen.
    Er besann sich eines Besseren und hielt mit fragender Miene eine Flasche Whisky hoch. Carl nickte, und der Alte verschwand, um Eis zu holen.
    »Seitdem du das letztemal hiergewesen bist, ist die Küche renoviert worden«, sagte er bei der Rückkehr und antwortete auf Carls Bericht.
    »Gerade das ist Stärke und Schwäche der Polizei zugleich, das sind die Auswirkungen der strikten Abschottung der verschiedenen Abteilungen.«
    »Inwiefern?« fragte Carl.
    Der Alte nahm sich Zeit, die Zusammenhänge zu erklären. Die Polizei, nämlich die Sicherheitspolizei Schwedens, arbeitete mit strikt voneinander getrennten Sektionen. Niemand wisse, womit der Zimmernachbar sich beschäftige, und so weiter. Das sei ein sicherheitsmäßiger Vorteil. Wenn sich ein Maulwurf in der Firma breitmache wie dieser Bergling, den sie vor ein paar Jahren geschnappt hätten, könne der Maulwurf nur begrenzten Schaden anrichten, weil ihm der Überblick fehle.
    Der Nachteil sei offenkundig und rein operativer Natur, wie Carl soeben anschaulich geschildert habe. Die beiden getrennten Ermittlungsgruppen, die jetzt gleichzeitig, aber nebeneinander her arbeiteten, stünden unter Umständen kurz vor der Lösung, die aber niemand sehen könne, weil sie das Zusammensetzen der verschiedenen Puzzlestücke voraussetze. Daher dieses ewige Herumtappen im dunkeln.
    Aber die Führung, Näslund nämlich, besitze natürlich diesen Überblick.
    »Und gerade das macht mir Kummer«, sagte Carl, »denn einmal traue ich ihm nicht …«
    »Ach was! Er ist ein Idiot, genau wie sein Vorgänger, dieser Israel-Narr Fränlund oder wie er noch hieß …«
    »Und zum andern hat er mir mehr oder weniger offen vorgeschlagen, ich solle bei einem künftigen Einsatz einen schwedischen Journalisten töten«, fuhr Carl fort.
    »Und wen?« fragte der Alte leise.
    »Erik Ponti vom Echo des Tages, falls du weißt, wer das ist.«
    »Gott der Gerechte! Ponti soll der Mörder sein?«
    »Näslund tut, als hielte er ihn dafür, aber in unserem Material deutet nichts darauf hin.«
    »Wie sieht euer Material aus? Nimm dir Zeit und laß dir nichts Wichtiges entgehen, denn sonst setzen wir nicht nur dich als Operateur, sondern noch viel mehr aufs Spiel. Nun?«
    Carl berichtete eingehend von Erik Pontis Aufenthalt in Oslo und von dem einzigen Telefonat, das Ponti mit den übrigen Festgenommenen in Verbindung brachte, sowie von dem unklaren Material, das die Firma über Ponti gespeichert habe.
    Der Alte sah aus wie ein Uhu, während er dort im Dunkeln einer Ecke unter einem Gemälde lauschte, auf dem ein großer gallischer Hahn zu sehen war.
    Seine Augenbrauen waren auf eine Weise buschig, die darauf hindeutete, daß er sie bürstete oder sonstwie zurechtmachte. Als Carl geendet hatte, blieb der Alte stumm sitzen und sah in sein Glas.
    »Näslund ist ein Idiot«, sagte der Alte schließlich. »Dieser Scheißkerl erkennt nicht die Konsequenzen eines solchen Unternehmens. Es würde den größten Skandal geben, der uns oder die Polizei insgesamt je betroffen hat.
    Und du würdest mit Namen und Bild in allen Zeitungen stehen, und die Sache würde vor den Justiz-Ombudsmann gezerrt, vor den Justizausschuß des Reichstags, vor das Disziplinargericht der Polizei, vor sämtliche gerichtlichen Instanzen und den Verfassungsausschuß des Reichstages, vor den Europäischen Gerichtshof und am Ende vor den Teufel selbst. So ein Idiot!«
    Carl sah ihn zum allererstenmal derart erregt. Der Alte goß sich einen zweiten Whisky ein, ohne an seinen Gast zu denken.
    »Und abgesehen davon, daß es eine idiotische Operation ist, hat dieser Ponti natürlich nicht das geringste mit dieser Sache zu tun, oder was meinst du?« fragte der Alte, während er sich Mühe

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