Coq Rouge
praktische Erfahrungen besitzen, selbstverständlich auch größere Probleme, wenn es um Terrorismus geht. Die Vorteile für die schwedische Seite liegen, wenn man einmal von der persönlichen Befriedigung einzelner Schweden absieht, bei den großen Jungs mit dem breiten Rücken mitreden zu dürfen, eher darin, daß man ein kontinuierliches Bild davon erhält, was für technische Neuerungen in die Arbeit eingeführt und wie verschiedene terroristische Tendenzen auf dem europäischen Schlachtfeld vereitelt oder erkennbar werden. Auf seiten der einflußreicheren Mitglieder der Gruppe, zu denen vor allem der israelische Mossad zu rechnen sind, liegt der Vorteil der Zusammenarbeit der Kilowatt-Gruppe darin, daß man die Kollegen in ganz Europa dazu bringen kann, die gelieferten Tips und Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Nach einem natürlichen Gesetz bei diesem Informationsaustausch der Sicherheits und Nachrichtendienstorganisationen untereinander kommt es aber dazu, daß derjenige, der über viele Informationen verfügt, Dienste und neue Erkenntnisse leichter als Gegenleistung eintauschen kann. Das Problem der Schweden in dieser Hinsicht ist ihre ständig wachsende Dankesschuld vor allem an die Westdeutschen und Israelis.
Dieses Treffen der Kilowatt-Gruppe setzte zwei Hauptpunkte auf die Tagesordnung. Der erste betraf eine neue Attentatswelle gegen britische Hotels und gegen den britischen Fremdenverkehr, welche die IRA in den letzten drei Wochen ausgelöst hatte. Der zweite beschäftigte sich mit der inzwischen besorgniserregend klaren Notwendigkeit, Verbindungen zwischen der sogenannten dritten Terroristengeneration in der Bundesrepublik sowie zwei oder drei Gruppen in Frankreich und Belgien zu bekämpfen, die an die Öffentlichkeit getreten und eine Art Internationale des Terrorismus sowie einen gemeinsamen Krieg gegen die NATO in Frankreich, Belgien und der Bundesrepublik Deutschland proklamiert hatten. Ein amerikanischer Oberst war neulich in Paris auf offener Straße erschossen worden; die Organisation Action Directe hatte sich dazu bekannt. Der französische Oberst, der bei dem Treffen die DGSE vertrat und in Wahrheit der Chef des ursprünglich fast ausschließlich von Korsen beherrschten Zweiten Büros war, deutete an, man habe die Gruppe unterwandert und rechne schon bald damit, in großem Umfang zuschlagen zu können. Man dürfe hoffen, daß dieser Einsatz auch zu Hinweisen auf die belgische Gruppe führen werde.
Näslunds Anliegen, wer den Mord an einem schwedischen Sicherheitsoffizier begangen haben konnte, sowie die Frage nach der Identität der vermutlich palästinensischen Mörder, landeten auf der Tagesordnung ganz unten.
Während der zwei angenehmen Tage in Versailles - schließlich wurde französische Küche geboten - erhielt Näslund jedoch wie gehofft Gelegenheit zu mehreren informellen und privaten Gesprächen mit seinen israelischen Kollegen.
Die Israelis neigten zu der Ansicht, es müsse sich um eine Operation handeln, die noch nicht stattgefunden habe, also dieser Plan Dal, und da es bei den Gruppierungen Jassir Arafats in der PLO zur Zeit keinerlei Anzeichen für großangelegte Operationen gebe, solle man sich besser auf eine Operation einstellen, die wohl von einer Oppositionsgruppe der Palästinenser gestützt oder geplant werde, einer Gruppe, die vielleicht vom Irak oder von Libyen unterstützt werde. Und bei diesen beiden Alternativen erscheine Libyen wahrscheinlicher.
Etwa soviel konnten Näslunds Untergebene nach seiner Rückkehr aus Paris erfahren oder vermuten. In Wahrheit ein etwas mageres Ergebnis. In Näslunds Umgebung zog man daher den einfachen und völlig korrekten Schluß, daß die Israelis weit mehr erzählt haben müßten und Näslund die Details aus irgendeinem Grund für sich behalten wolle.
Carl befand sich fast achtundvierzig Stunden in Gefangenschaft, als der Mann, der sich Michel nannte, in Gesellschaft zwei sehr junger und schwerbewaffneter Männer wiederkam.
Sie waren nervös und hatten es eilig: Sie müßten sofort aufbrechen. Carl versuchte, etwas Zeit fürs Rasieren, Kleiderwechseln und für eine Dusche zu bekommen, aber das war nicht möglich. Er mußte sich die dunkle Brille aufsetzen, wurde die beiden Treppen hinuntergeführt und mußte etwas besteigen, was die Ladefläche eines Kombis zu sein schien. Dann begann wieder eine Irrfahrt. Der Verkehrslärm ließ Carl vermuten, daß er zunächst durch die Innenstadtteile des westlichen Beirut gefahren wurde
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