Coq Rouge
daß Sie mir eine Weile zuhören mögen?«
Carl nickte.
Jihaz as Rased besitze keinerlei Informationen, die auf eine palästinensische Operation in Stockholm hindeuteten. Etwas so Aufsehenerregendes wie der Mord an einem hohen schwedischen Sicherheitsbeamten hätte in den dahinterstehenden palästinensischen Kreisen normalerweise eine ganze Reihe von Gerüchten auslösen müssen. Und jetzt sei seit dem Ereignis schon eine gute Woche vergangen.
Man könne nicht ausschließen, daß der eine oder andere arabische Staat in mehr oder weniger enger Zusammenarbeit etwas vorhabe, beispielsweise Syrien, aber selbst davon hätte man durch ein paar Hinweise Kenntnis erhalten müssen. Das sei der jetzige Informationsstand. Wenn man sich der politischen Seite der Angelegenheit zuwende, habe nicht einmal der verrückte Oberst in Libyen, geschweige denn die PLO, irgendeinen Anlaß, in Schweden Krawall zu machen. Das wäre in politischer Hinsicht ein gravierender strategischer Fehler, da jedes Unternehmen dieser Art, so gut man es auch plane, fehlschlagen könne. Der politische Preis - soweit es die PLO betreffe - für die Ermordung eines hohen Sicherheitsbeamten würde nie in einem rechten Verhältnis zu dem stehen, was man politisch vielleicht gewinnen könne.
Dagegen sei es wahrscheinlich, daß die Israelis sich eine solche Operation vorstellen könnten, nämlich unter zwei Voraussetzungen. Erstens: Das Ziel der Aktion müsse taktisch oder strategisch wichtig genug sein, und es sei nicht leicht, sich vorzustellen, worum es gehen könne. Zweitens: Die Israelis könnten mit einiger Sicherheit davon ausgehen, daß man den Palästinensern die Schuld geben werde. Zudem werde der schwedische Sicherheitsdienst etwa den Rückzug decken.
Dies war keine allgemeine Theorie oder Propaganda der Feinde Israels. Es gab begründeten Anlaß, in dieser Richtung Überlegungen anzustellen.
Abu al-Houl klappte seine Aktenmappe zu.
»Dies hier«, sagte er, »gibt uns wirklich Anlaß, in dieser Richtung weiterzudenken.«
»Ach so?« sagte Carl mit einem Gemisch aus Neugier und Irritation über eine Kunstpause, die ihn an Näslund in Stockholm denken ließ. »Und inwiefern, wenn ich fragen darf?«
Abu al-Houl ließ die Hand auf der Mappe liegen und sah Carl direkt in die Augen.
»Weil die Pistole, nach der Sie fragen, aus Israel kommt«, erwiderte er, ohne seine Stimmlage zu verändern.
»Wie können Sie das beweisen? Die Russen sind ja nicht gerade dafür bekannt, daß sie Waffen an Israel liefern«, sagte Carl mit einer Skepsis, die ihm vermutlich anzumerken war.
Die Tokarew-Pistole Nr. ADP-4576543 habe einem Major Rashid Abdel Hama al Kholeily von der 23. motorisierten Infanteriebrigade gehört. Er war im Oktober 1973 bei den Kämpfen um die Golan-Höhen verwundet und gefangengenommen worden. Im Januar 1974 hatte der fragliche Major zu einer Gruppe von Syrern gehört, die unter der Aufsicht des Roten Kreuzes an der Waffenstillstandsgrenze in Quneitra gegen israelische Gefangene ausgetauscht worden war. Er war wie die anderen Gefangenen auch unbewaffnet übergeben worden, was unzweifelhaft in der Natur der Sache lag. Die Dienstpistolen syrischer Offiziere sind mit einem Lederriemen oder einer Messingkette an der Uniform befestigt, woraus man mit ziemlicher Sicherheit den Schluß ziehen konnte, daß er die Pistole bei seiner Verwundung nicht verloren hatte. Folglich war sie bei den Israelis gelandet.
Folglich konnte man, nein, mußte man im Fall des schwedischen Sicherheitsbeamten mit einem israelischen Mörder rechnen.
»Das Problem besteht hier natürlich darin, daß diese Angaben sozusagen im Interesse der PLO liegen«, bemerkte Carl.
Abu al-Houl nickte fast unmerklich und wartete, daß Carl fortfuhr.
»Ich muß mir also sofort die Frage stellen, ob ich die Richtigkeit dieser Angaben irgendwie prüfen kann?«
»Wir haben über diese Frage natürlich nachgedacht«, erwiderte Abu al-Houl langsam, »und es ist kein leichtes Problem. Soweit ich feststellen kann, Mr.
Hamilton, sind Sie über die politische Lage im Nahen Osten recht gut orientiert, und Sie wissen auch gut über unseren Kampf gegen die zionistischen und andere Feinde Bescheid, nicht wahr? Nun, dann wissen Sie jedenfalls, um mal damit anzufangen, daß Syrien nicht gerade ein Staat oder ein Regime ist, von dem wir Liebe und Unterstützung erwarten können. Wenn Sie sich mit diesen Erkenntnissen also an das syrische Regime wenden, nun, ich möchte Sie nur bitten, in diesem
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