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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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daß es dich sozusagen gibt, aber im übrigen wollten sie nicht über die Sache sprechen. Sonst noch etwas?«
    »Ja, das Hotel. Die werden mich vermissen. Im schlimmsten Fall rufen sie die Polizei an, falls es so etwas in Beirut noch gibt.«
    »Das ist erledigt. Wir haben deine Rechnung bezahlt, und deine Sachen sind auf dem Weg hierher. Du hast das Hotel also sozusagen verlassen.«
    »Dann kann ich kein anderes Problem sehen als die Zeit.«
    »Inwiefern?«
    »Ich kann nicht einfach verschwinden.«
    »Drei bis vier Tage?«
    »Ja, aber dann wird es allmählich brenzlig, dann habe ich nämlich schon recht lange nicht von mir hören lassen.«
    »Das ist klar. Nun, sprechen wir von etwas anderem. Wie sieht dein persönlicher Standpunkt aus, was uns und die Israelis betrifft?«
    »Sie haben den besten und ihr den zweitbesten Sicherheits und Nachrichtendienst. Was ich bisher von euch gesehen habe, macht einen kompetenten Eindruck.«
    »Ich meine natürlich: Auf wessen Seite stehst du rein persönlich?«
    »Darauf will ich nicht antworten!«
    »Und warum nicht?«
    »Weil meine Antwort in meiner etwas speziellen Lage zurechtgelegt erscheinen würde.«
    Der Mann, der sich Michel nannte, lächelte von neuem.
    »Ich glaube, wir lassen das einfach sein, nicht wahr?« sagte er nach kurzem Zögern.
    Carl nickte.
    »Wir werden jetzt folgendes tun«, fuhr der palästinensische Nachrichtendienstoffizier fort. »Wir untersuchen deine Kleidung, die du wahrscheinlich morgen wiederbekommst. Außerdem haben wir mit der Suche nach dieser Waffe begonnen. Und dann untersuchen wir, ob Abu al-Houl überhaupt in der Stadt und daran interessiert ist, dich zu sehen. Es ist aber möglich, daß er dann erst Abu Amar (Jassir Arafat) konsultieren muß, und Abu Amar hält sich in Kuwait auf. Das erste Frühstück wird morgen gegen neun Uhr oder so serviert. Das Haus ist gut bewacht, und die Wachtposten da draußen werden nicht einschlafen. Außerdem ist dieses Zimmer absolut ausbruchsicher. Sollen wir dir etwas zu lesen besorgen?«
    »Ja, am liebsten ein paar lokale Zeitungen in englischer Sprache.«
    »Gut, darum werde ich mich kümmern. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.«
    Der Mann, der sich Michel nannte, ging hinaus und nahm den jungen, bewaffneten Wachtposten mit. Die Tür wurde von außen zugeschlossen, und dem Rasseln und Quietschen konnte Carl entnehmen, daß man einen Stahlbalken vor die Tür gelegt hatte.
    Carl machte sich nicht die Mühe, Fenster oder Tür zu untersuchen. Bis auf weiteres hatte er keinerlei Absicht, einen Fluchtversuch zu machen.
    Am nächsten Morgen saß Kriminalkommissar Arne Fristedt lange in dem gemeinsamen Arbeitszimmer und betrachtete seine große graphische Darstellung des Ereignisverlaufs, die jetzt eine ganze Wand bedeckte. Er wartete auf seinen Kollegen Appeltoft, der unterwegs war, um von der Firmengruppe, die sich mit den sieben Palästinensern beschäftigt hatte, eine Ladung Ermittlungsmaterial zu holen. Die Graphik wies keinen natürlichen Mittelpunkt auf. Das war die deutlichste und unangenehmste Beobachtung, die Fristedt machen konnte.
    Den bisherigen mageren Ermittlungsergebnissen zufolge und aufgrund der unklaren Erkenntnisse und Zusammenhänge zwischen den verschieden Festgenommenen gab es nun zwei theoretische Möglichkeiten. Entweder würde die deutsche Ermittlung neue und konkrete Hinweise ergeben. Oder das Material über die sieben Palästinenser würde die Fahnder weiterbringen, was, wie Fristedt einsah, allerdings nur eine äußerst theoretische Chance war.
    Abgesehen davon blieben nur noch Carl Hamiltons Versuche, in Beirut die Nadel im Heuhaufen zu finden. Es war natürlich den Versuch wert, gab aber kaum Anlaß zu realistischer Hoffnung.
    »Dies wird die Sache nicht sehr viel klarer machen«, sagte Appeltoft, als er das Zimmer betrat und mißgelaunt einen dreißig Zentimeter hohen Stapel mit Ermittlungs und Vernehmungsprotokollen auf den Konferenztisch in der Mitte des Raums warf.
    »So ist es leider wohl, aber wir sehen uns die Sachen doch noch einmal durch«, erwiderte Fristedt und griff mit gespielter Selbstverständlichkeit nach dem Kaffee. Er hatte inzwischen gelernt, wie die kleine Höllenmaschine funktionierte.
    Sie verbrachten den größten Teil des Tages mit den sieben Palästinensern.
    Sie nahmen sich einen nach dem anderen vor und prüften die Vernehmungsprotokolle, die Protokolle der Hausdurchsuchung und den persönlichen politischen Hintergrund jedes einzelnen sowie die

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