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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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gewünschten Treffen gekommen war. Es war also nicht zu einer Fahrt in die endgültige Dunkelheit gekommen, ein Gedanke, der ihm mehr als einmal gekommen war. Wenn die Palästinenser sich jetzt aber in den Kopf gesetzt hatten, er sei an einer gegen PLO-Führer gerichteten Operation beteiligt - das hatte sich tatsächlich einmal ereignet, und Carl erinnerte sich sehr gut daran, da er etwa um die gleiche Zeit in Beirut gewesen war, als eine israelische Kommandogruppe in eine Wohnung mit drei hohen PLO-Führern eingedrungen war und sie erschossen hatte -, befand er sich in einer, gelinde gesagt, besorgniserregenden Lage, »Ich kann natürlich nicht beurteilen, welche Kontrollen Sie vorgenommen haben, aber ich glaube nicht, daß ich mir Sorgen machen muß«, erwiderte Carl langsam, während er sich sorgfältig Mühe gab, nicht nervös zu erscheinen.
    »Können Sie beweisen, Mr. Hamilton, daß Sie an einer solchen Aktion nicht beteiligt sind? Wenn Ihnen das gelingt, werden wir uns vielleicht einigen können.«
    »Was soll ich Ihrer Meinung nach beweisen?«
    »Daß Sie beispielsweise kein hergeschickter Mörder sind.« Abu al-Houl verzog noch immer keine Miene, aber die vier Männer im Raum blickten Carl jetzt gespannt an.
    Carl dachte schnell und fieberhaft nach. Die Unterhaltung nahm eine unangenehmere Wendung, als er sich vorgestellt hatte. Entweder folgten die Palästinenser einem Standardmodell für Vernehmungen, bei denen man dem Vernommenen einzureden versuchte, man »wisse alles« und so weiter, oder aber die Palästinenser hatten die ganze Geschichte aus irgendeinem Grund in den falschen Hals bekommen. Seine Sanduhr würde dann schnell ablaufen.
    Carl faßte im selben Augenblick, in dem er handelte, einen Entschluß, ohne sich anschließend darüber klar werden zu können, wie das Ganze zugegangen war.
    »Sie verlangen immerhin eine ganze Menge«, sagte er und streckte sich, als wäre er müde und als wollte er gähnen - und dann lächelte er. Nachdem er die Arme seitlich ausgestreckt hatte und sich noch mitten in der Bewegung befand, wälzte er sich vom Stuhl, packte den Lauf des Karabiners, den der nächste Wachtposten hielt, riß den Karabiner mit der einen Hand an sich, während er gleichzeitig, immer noch in seiner Drehbewegung befindlich, dem überrumpelten Leibwächter mit voller Kraft einen Ellbogen in den Bauch stieß. Als er aufstand, entsicherte er blitzschnell die Waffe, mit der er während seiner Ausbildung unzählige Male geschossen hatte, und richtete sie auf den zweiten Wachtposten, der sich auf der anderen Seite des Zimmers befand. Carl machte mit Mund und Gesicht eine Geste, die etwa schh bedeuten sollte.
    Der zweite Wachtposten erstarrte in seiner Bewegung. Der niedergeschlagene Posten lag gekrümmt am Boden und stöhnte leise.
    »Etwa so«, sagte Carl und richtete seine AK 47 auf Abu al-Houl, der sich während der schnellen Aktion Carls weder gerührt, eine Miene verzogen noch überhaupt etwas registriert zu haben schien, »Etwa so könnte ich es möglicherweise beweisen. Sie sind nämlich noch am Leben.«
    Damit legte er die AK 47 vorsichtig vor Abu al-Houl auf den Schreibtisch, beugte sich über den zu Boden geschlagenen Mann, half ihm auf die Beine und entschuldigte sich. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl. Der Mann, der sich Michel nannte, erhob sich von der Schutzstellung, die er auf dem Fußboden eingenommen hatte, und setzte sich ruhig neben Carl.
    Abu al-Houl zeigte ein dünnes Lächeln, das in jedem anderen Gesicht fast unmerklich gewesen wäre, bei der sogenannten Sphinx jedoch zu unbezweifelbarer Deutlichkeit anwuchs.
    »Gut«, bemerkte Abu al-Houl, »Sie können Initiative ergreifen, Mr.
    Hamilton, und das gefällt mir. Übrigens haben wir nicht aus Mißtrauen, sondern aus reiner Vorsicht dafür gesorgt, daß gerade diese Waffe ungeladen ist. Wie ich schon sagte, haben wir ein paar Untersuchungen angestellt, und sie haben uns sogar bis nach Kalifornien geführt, falls Sie verstehen, was ich meine?«
    »Nein, das verstehe ich nicht«, erwiderte Carl und griff sich den Karabiner auf dem Schreibtisch, ohne daß einer der Anwesenden ihn daran zu hindern versuchte. Er zog das Magazin heraus. Es war leer. Er legte die Waffe wieder auf den Schreibtisch.
    Abu al-Houl lächelte nicht einmal.
    »Jetzt möchte ich Ihnen zunächst einige Standpunkte vortragen, Mr.
    Hamilton, und dabei handelt es sich nicht um meine private Meinung, sondern um die Position der PLO. Ich gehe davon aus,

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