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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Langustenschwänze, Mittelmeerkrabben, ein größerer Fisch, der wie eine Art Seebarsch aussah, Mineralwasserflaschen, die in der leichten Wärme beschlugen, sowie libanesischer Roséwein.
    Am Tisch saßen Rashid Husseini und zwei blutjunge, höchstens zwanzigjährige Helfer, die ihre Karabiner einige Meter entfernt an die Terrassenwand gelehnt hatten.
    Rashid kam ihm entgegen und drückte ihm herzlich die Hand. Er stellte Carl die beiden anderen als Moussa und Ali vor.
    »Ich fand es angenehmer und weniger riskant, die normalen Restaurants zu meiden. In Beirut gibt es so viele Augen und Ohren«, sagte Rashid, als sie sich setzten und sich über die Speisen hermachten.
    »Aber ist dies eigentlich euer Territorium?« wunderte sich Carl.
    »Nein«, erwiderte Mouna, »dies ist das Gebiet der Amal, aber hier suchen sie Jihaz as Rased nicht, da sie so damit beschäftigt sind, uns in der Innenstadt zu suchen.«
    »Genau weiß man’s aber nie«, lächelte Rashid hinter seinen rauchfarbenen Brillengläsern, »und sollten sie gegen jede Vermutung herkommen, werden wir dir eine Waffe leihen müssen. Aber sie kommen nicht, und das ist die Pointe. Erzähl mal, wann bist du von Kalifornien weggezogen?«
    Rashid brachte die Frage vor, als sei sie nicht sonderlich wichtig, während er gleichzeitig mit einer eleganten und geübten Geste einen Klecks Houmouscreme auf eine Scheibe Brot schmierte.
    »Wie kommst du darauf, daß ich in Kalifornien war?«
    fragte Carl in dem gleichen beiläufigen Tonfall, während er an seinem Rosewein nippte.
    »Wang Lee«, erwiderte Mouna kurz.
    »Wer zum Teufel ist Wang Lee?« fragte Carl, während er sich von dem fritierten Fisch nahm.
    »Dein Schneider in San Diego«, lächelte Mouna. »Wir haben deine Kleidung Millimeter für Millimeter untersucht. Dein Hosenbund hat ja ein paar interessante Vorrichtungen, einmal die Fächer für Patronen des Kalibers .38, soviel wir sehen konnten, und dann noch eine kleine Tasche im Kreuz, in die du eine Pistole unbekannten Fabrikats steckst.«
    »Beretta, falls euch das weiterhilft«, knurrte Carl. »Nun, und Wang Lee?«
    Wang Lee war der Besitzer einer chinesischen Wäscherei und Schneiderwerkstatt, die diese Ergänzungen in Carls Kleidung eingenäht hatte. Der Chinese hatte hier und da jedoch einen kleinen chinesischen Glücksvers eingenäht. Das war vermutlich sehr fürsorglich gemeint gewesen, aber neben den Versen befand sich auch - Wang Lee war ja nicht nur Chinese, sondern auch Amerikaner - ein kleiner Reklameaufdruck mit dem Firmennamen. So waren die Palästinenser rasch auf San Diego gekommen. Der Rest war nicht mehr schwierig gewesen.
    Die Arbeitsweise des palästinensischen Nachrichtendienstes erinnert in vielem an die seines Hauptfeindes Israel. Israelis stehen mehr als hundert Sprachen und Nationalitäten zur Verfügung, und sie können in den meisten Ländern der Welt auf Sympathisanten und Informanten zurückgreifen, was nicht schwer zu verstehen ist. Die Situation der Palästinenser nach 1948, als die halbe Bevölkerung nach dem Sieg Israels auf Flüchtlingslager verteilt wurde, ähnelte im Lauf der Jahre immer mehr der der frühen Juden; gleichzeitig mit der Errichtung des Staates Israel kam es bei den Palästinensern, Ironie der Geschichte, zu einem umfassenden nationalen Exodus der Palästinenser.
    Die Tatsache, daß es überall im Nahen Osten Flüchtlingslager der UNO gab, hatte für sie einen Vorteil, zwar nur einen einzigen, aber einen doch sehr bedeutenden Vorteil. Alle palästinensischen Kinder gingen in die Schule. Und nach der Grundschule bekamen sie Stipendien für jedes Gymnasium im arabischen Teil des Nahen Ostens, und danach ging die intellektuelle Auswanderung an alle Universitäten der Welt weiter. Zwanzig, dreißig Jahre später hatte dies zur Folge, daß es in der ganzen Welt, im Osten wie im Westen, nicht eine anständige Universität mehr ohne eine kleine Palästinenser-Kolonie gab. Ein weiteres Ergebnis, jetzt, vierzig Jahre nach dem ersten Krieg, war die Tatsache, daß die Palästinenser nach den Israelis das am besten ausgebildete Volk des Nahen Ostens waren. Auf manchen Gebieten gebe es, sagte Rashid, sogar mehr palästinensische Akademiker als bei den Israelis, etwa Ärzte oder Atomphysiker.
    Rashid erwähnte, daß der palästinensische Nachrichtendienst allein in San Diego mindestens fünfzig Informanten habe. Der Ausbildungsweg des schwedischen Stipendiaten Carl Hamilton sei innerhalb von vierundzwanzig Stunden

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