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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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in der Hand hielt, war offensichtlich vor vielen Jahren abgefaßt worden, bevor das interessante Tokarew-Kaliber von neuem in einem skandinavischen Mordfall auftauchte.
    Carl fror ein wenig. Er meldete ein Telefongespräch mit Fristedt in Stockholm an und brauchte nur eine Viertelstunde zu warten.
    Das Gespräch wurde sehr kurz, nicht nur aus Sorge um die Steuergelder des Staates, »Hej«, sagte Carl, »ich habe mit meinen ersten Geschäftskontakten ein paar Probleme gehabt. Es ist dann aber besser als erwartet verlaufen, und wir können mehr verkaufen, als wir erwartet haben. Ich bin morgen abend wieder zu Hause. Die Maschine startet hier um 16.30 Uhr Ortszeit.«
    Fristedt grunzte nur, das sei ja schön. Dann legten beide auf. Carl kroch ins Bett. Er lag eine Weile mit den Armen unter dem Kopf und starrte in der Dunkelheit an die Decke. Von der Hamra Street her hörte er das ewige Hupkonzert der Autos.
    Warum waren die beiden stehengeblieben und hatten ihre Magazine auf einen schon toten Menschen leergeschossen?
    Er mußte mitten in dieser Überlegung eingeschlafen sein. Er schlief fest und traumlos.
    Am nächsten Vormittag brachte er einige Stunden damit zu, in den großen Buchhandlungen der Innenstadt zu stöbern, an die er sich von seiner ersten Beirut-Reise her noch gut erinnerte. Damals waren die Buchhandlungen Beiruts bei Büchern über den Nahen Osten die bestsortierten der Welt gewesen. Inzwischen war das Angebot natürlich etwas schmaler geworden, aber doch nicht annähernd so knapp, wie man hätte erwarten können. Es war unbegreiflich, wie sie das anstellten. Wurden die Bücher per Schiff herangeschafft? In den Hafen des christlichen Teils der Stadt? Und wie kamen sie dann nach West-Beirut? Etwa per Lastwagen von Damaskus oder per Luftfracht?
    Soweit Carl es beurteilen konnte, hatte sich der Anteil religiöser Literatur mindestens verdoppelt. Neueste amerikanische, englische und französische Werke über die jüngsten Kriege im Nahen Osten waren in einem solchen Umfang vorhanden, daß das Angebot einen kompletten Eindruck machte. Carl kaufte einen Stapel Bücher in englischer Sprache, in denen es um die Palästinenser oder die erstarkende militärische und organisatorische Präsenz der Schiiten im Libanon ging.
    Überall hielt man Carl für einen Amerikaner, was nicht anders zu erwarten war, da er das gleiche Amerikanisch sprach wie alle Studenten in San Diego. Niemand behandelte ihn jedoch feindselig, jedenfalls nicht so, daß er es spürte, und Carl vermutete, daß man ihn für einen Journalisten hielt. Und bei amerikanischen Journalisten in Beirut durfte man davon ausgehen, daß sie keine glühenden Anhänger der amerikanischen und der israelischen Nahostpolitik waren.
    Als er in sein Hotelzimmer zurückkehrte, saß Mouna schon da und erwartete ihn, diesmal jedoch ohne Pistole. Sie bat ihn, das Gepäck im Zimmer zurückzulassen. Sie gingen zu einem dunkelgrünen Fiat, den sie einen halben Häuserblock entfernt geparkt hatte. Sie fuhr auf der Corniche am Strand und an den großen, freistehenden Felsenformationen entlang, die wie uralte Kreuzfahrerburgen aus dem Meer hervorragen. Es war ein lauer, angenehmer Tag mit einem leichten Dunst.
    »Leg den Arm um mich und zeig erst deinen Paß, ich heiße Mouna und bin Krankenschwester«, sagte sie schnell, als sie sich auf dem Weg nach Süden der ersten Straßensperre näherten. Gleichzeitig donnerte eine Boeing 707 der MEA in geringer Höhe über sie hinweg; der Flugverkehr war offensichtlich wieder in Gang gekommen.
    Als sich Carl zu Mouna hinüberbeugte, um seinen Paß der Amal-Miliz zu überreichen, küßte er sie spielerisch auf die Wange (»Übertreib nicht«, fauchte Mouna mit gespielter Entrüstung).
    Nach einer halben Stunde erreichten sie ein kleines Dorf am Meer und schließlich einen geschlossenen Innenhof. Sie stiegen aus und gingen durch ein paar leere Gassen weiter, bis sie ein recht großes Gebäude in Gelbklinker erreichten, das einen verlassenen Eindruck machte. Sie betraten das Haus, durchquerten es und verließen es auf der anderen Seite, wo sie auf eine große, von einer Mauer umgebene Terrasse hinaustraten, die einen Ausblick auf einen Abhang und das Meer freigab. Auf der Terrasse war ein Tisch mit einer wunderbaren libanesischen Mahlzeit gedeckt: fritierte rote kleine Fische (Sultan Brahim), Oliven, Pita-Brot, Laban (libanesischer Joghurt), Schüsseln mit geschnittenem frischen Gemüse, Houmous (Kichererbsencreme), gegrillte

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