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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Glaubwürdigkeit fehlte.
    Da war Fristedt anderer Meinung. Und so wühlten sich beide schweigend in die Arbeit an einer Geschichte, die schon im Abend- Echo des Rundfunks mit lautem Knall explodieren würde: »Hoher Beamter der Einwanderungsbehörde als iranischer Spion festgenommen.«
    Zur gleichen Zeit riß Carl irritiert zwei Strafzettel von der Windschutzscheibe, da sein Wagen schon mehrere Tage vor den Polizeihäusern auf Kungsholmen gestanden hatte.
    Er hielt bei McDonalds an Sveavägen und bestellte sich einen Quarterpounder Cheese, einen Applepie und einen schwarzen Kaffee, bevor er in die Altstadt nach Hause fuhr. Er empfand keine Begeisterung bei dem Gedanken, daß er jetzt anfangen sollte, nach den brieflichen terroristischen Überlegungen dieses Hedlund zu suchen, obwohl sich die natürlich irgendwo befinden mußten.
    Nachdem er die Zeitungen der letzten Tage mit dem Fuß beiseite geschoben hatte, lag unter dem Briefkasten noch eine Ansichtskarte; wie ihm sofort aufging, war es vermutlich die wichtigste Mitteilung, die er je erhalten hatte.
    Mit der Ansichtskarte in der Hand ging er direkt zum Telefon, ohne in der Wohnung Licht zu machen, und wählte eine der wenigen Nummern, die er auswendig kannte.
    »Ich bin in einer Viertelstunde da«, sagte er und legte sofort auf, um zu zeigen, daß nichts wichtiger sein konnte.
    Zwanzig Minuten später setzte sich der Alte die Lesebrille auf. Zuvor hatte er wie immer den Apfelwein des Hauses eingeschenkt. Der Text der Ansichtskarte war in englischer Sprache geschrieben, das Motiv auf der Vorderseite zeigte exotische Fische im Roten Meer. Der Alte las den Text langsam und nur einmal.
    Geliebter Carl. Ich sehne mich so nach Dir, daß ich verrückt werden könnte. Ich habe mich entschlossen: wir müssen uns bald sehen. Tu, was Du kannst, um über Weihnachten freizubekommen, dann fahren wir zu einem Liebesurlaub nach Eilat und baden und fischen. Ich bestelle ein Zimmer.
    Ruf mich an, sobald Du in Israel bist, Nummer 067/37290 (privat). Du hast versprochen zu kommen, und ich weiß jetzt, daß ich Dich mehr als je brauche, ich kann ohne Dich nicht leben.
    Der Text war mit einem deutlich lesbaren Namenszug unterschrieben: Shulamit Hanegbi.
    Der Alte legte die Ansichtskarte nachdenklich auf den Tisch, stand auf und kramte einen Zigarillo hervor, den er im Zimmer versteckt hatte. Er rauchte eine Weile, bevor er etwas sagte.
    »Diese Bemerkung, ›ich kann ohne Dich nicht leben‹, darf man natürlich nicht wörtlich nehmen. Die Israelis würden nie einen ihrer eigenen Leute töten. Sie will damit nur sagen, daß es sich um etwas zutiefst Persönliches und Wichtiges handelt«, sagte der Alte und blies eine Rauchwolke an die Decke.
    »Es wird also keine Falle für mich sein?« fragte Carl.
    »Das glaube ich nicht. Ein schwedischer Polizeibeamter kann in Israel nicht einfach verschwinden, ohne daß es großen Krach gibt. Wenn sie etwas über deine Absichten erfahren wollen, brauchen sie nur zu Näslund zu gehen, und dann bekommen sie, was sie wollen.«
    »Aber sie haben Axel Folkesson getötet.«
    Carl ging im selben Moment auf, daß er seine Entdeckungen in Beirut noch mit keinem Wort erwähnt hatte. Der Alte zog seine buschigen Augenbrauen fragend hoch, was etwa bedeutete, daß er um eine Erklärung bat.
    Carl brachte die nächsten zehn Minuten damit zu, die Gründe für seine Hypothese zu erläutern, daß der Mord von einer Sondereinheit des Mossad verübt worden sei, die man früher als »Gottes Rache« bezeichnet habe.
    Während Carl erzählte, rauchte der Alte seinen Zigarillo in aller Ruhe zu Ende, ohne Carl zu unterbrechen oder irgendwelche Anzeichen der Überraschung erkennen zu lassen.
    »Gute Arbeit«, sagte er, als Carl seinen Bericht beendet hatte, »und eine spannende Theorie. Vielleicht hast du sogar recht. Diesem verfluchten Aharon Zamir darf man nicht über den Weg trauen. Das ändert aber noch nichts an dem Problem mit der Ansichtskarte. Es ist also dieses Mädchen gewesen, das diesen Polizeibeamten vor etwas warnte, was sie dir später nicht erzählen wollte?«
    Carl nickte. Der Alte dachte eine Weile weiter, bevor er fortfuhr.
    »Sie will ihre Warnung also wiederholen, verdeutlichen, könnte man vielleicht sagen. Oder was meinst du?«
    »Ja, sie weiß vermutlich, was es mit diesem Plan Dalet auf sich hat. Sie weiß außerdem, daß israelische Mörder unterwegs sind. Aber warum sollte sie ihre eigenen Leute hereinlegen wollen? Das ist es, was mich

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