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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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genau, um absolut sicher zu gehen, daß sie wußte, was sie tat. Sie machte jedoch alles richtig. Bevor sie tauchten, kontrollierten sie routinemäßig, daß der Handgriff für den Reservetank im Gerät tatsächlich das Ventil öffnete.
    Carl hatte sich vorgestellt, beim Tauchen genau das gleiche vorzufinden wie in Südkalifornien, aber obwohl er die meisten Arten wiedererkannte, die er zu Gesicht bekam, waren sie hier unendlich zahlreicher vertreten. Auf den ersten fünfzig Metern zu den Teilen der Koralleninsel, die aus dem Wasser herausragten, zählte er mehr als fünfzig verschiedene Arten. Die Sicht unter Wasser war gut und reichte bis in eine Tiefe von mindestens zwanzig Metern. Er schwamm hinter Shulamit her, da sie den Weg kannte. Noch tauchten sie nur einige Meter tief, und da die Wasserfläche ziemlich still war, war das Licht gleichmäßig und stark, mit nur wenigen reflektierenden Lichtbrechungen.
    Shulamit schwamm ruhig und rhythmisch, die Hände baumelten an den Seiten, und in der vergrößernden Perspektive durch das Plexiglas stellte er beiläufig fest, daß sie kräftige und durchtrainierte Beine hatte. Er schwamm etwas schneller, schloß zu ihr auf und fragte sie mit Handzeichen nach Richtung und Abstand, und sie antwortete mit völlig korrekten Zeichen, daß sie noch gut hundert Meter in der bisherigen Richtung zu schwimmen hätten und dann zehn Meter in die Tiefe. Eine ungefährliche Tiefe, die beim Wiederaufstieg keine besonderen Umrechnungsprobleme mit sich brachte.
    Sie begegneten einem Schwärm kleiner Thunfische, der aus Zehntausenden von Individuen bestehen mußte. Carl sah sich nach möglichen Raubfischen um (eine solche Speisekammer konnte Hai wie Barracuda anziehen; er war schon oft Haien begegnet und eher neugierig als besorgt). Sie sahen aber nur Korallenfische und stille Ruhe. Die Korallen schimmerten, die Seeanemonen wogten in der schwachen Strömung, und die Engelsfische sausten wie Pfeile zwischen den Korallenformationen hindurch. Carl ergriff Shulamit am Arm und zeigte auf die kleine Öffnung einer Grotte, in der man den wiegenden Kopf einer Muräne sah.
    Das Korallenriff war plötzlich zu Ende, und vor ihnen öffneten sich ein dunkelblaues Nichts und ein Abhang, der sich tiefer erstreckte, als sie sehen konnten. Shulamit zeigte nach unten, und beide folgten dem Absatz des Korallenriffs schräg hinunter, bis der felsige Untergrund begann, das Tierleben aufhörte und das Licht etwas schwächer wurde. Carl schätzte, daß sie die Zehn-Meter-Grenze schon passiert hatten.
    Sie zeigte nach links und deutete an, hier irgendwo müsse die Grotte sein, vielleicht in fünfundzwanzig Meter Entfernung. Sie schwammen nach links und hielten nebeneinander Ausschau, bis sie die Grotte als erste entdeckte.
    Sie gab ihm durch Zeichen zu verstehen, daß die Langusten oben an der Decke der Grotte säßen, nur wenige Meter tiefer in der Grotte. Sie schwammen in die Dunkelheit hinein und begannen zu suchen. Shulamit fand die erste Languste, die sich zappelnd entfernte und einige Meter weiter wieder festklammerte. Carl zog sein Messer und schwamm ihr nach, tötete sie, schwamm zurück und legte sie in Shulamits Korb. Sie zeigte auf zwei weitere Langusten, und jeder holte sich eine; sie brach ihnen rasch die Schwänze ab - auch eine Methode, sie zu töten. Sie fanden noch zwei weitere, die sie auf die gleiche Weise tötete.
    Mehr Langusten schien es nicht zu geben, wie sehr sie auch die Decke der Grotte abtasteten, und sie gab ihm ein Zeichen, wieder zur Öffnung zurückzuschwimmen. Kurz vor dem Licht der Grottenöffnung spürte Carl, daß die Luft allmählich knapp wurde. Er hielt es zunächst nicht für möglich, da er einen Dreihundert-Kilo-Tank hatte, der dreimal solange hätte reichen müssen. Aber da man sich bei Luftmangel nicht irren kann, zog er automatisch den Handgriff des Reservetanks.
    Das hatte keinerlei Wirkung.
    Er hatte die Grotte verlassen und konnte die Wasseroberfläche sehen.
    Shulamit war drei Meter entfernt. Es war eine Situation, in der ein Amateur von tödlicher Panik ergriffen worden wäre.
    Carl hatte zwei Möglichkeiten. Die natürliche Reaktion wäre gewesen, sich des Preßluftgeräts zu entledigen und an die Wasseroberfläche zu schwimmen, aber das würde Fragen und Probleme geben. Carl nahm das Mundstück heraus und schwamm schnell zu Shulamit. Er faßte sie sanft, aber bestimmt beim Handgelenk. Sie wandte sich um, sah ihn an, machte hastig die Hand frei und machte ein paar

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