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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Zweitens verstehe ich nicht, warum du zum zweitenmal so ein Risiko eingehst.«
    »Das läßt sich erklären. Aber wollen wir nicht erst baden?«
    »Lieber nicht.«
    Sie ließ sich Zeit. Sie richtete sich auf, zog die Knie unters Kinn und blickte beim Erzählen aufs Wasser hinaus - keiner von ihnen machte sich noch die Mühe, die Umgebung im Auge zu behalten; wenn bis jetzt nichts passiert war, mußte alles in Ordnung sein. Sie begann mit einem Versuch, die politische Struktur Israels zu erklären. Ihre Familie gehöre zur sogenannten Oberschicht. Schon aus diesem Grund sei es unmöglich, sie öffentlich irgendwelchen Repressalien auszusetzen; natürlich sei herausgekommen, daß sie diesen schwedischen Polizeibeamten gewarnt und damit ihre Befugnisse übertreten hatte. Die schwedische Reichspolizeiführung habe ja sogar aus Anlaß der Tagebuchaufzeichnung Folkessons eine förmliche Anfrage gemacht.
    Aber es gebe noch einen rein praktischen Grund. In Israel ließen sich Gerichtsverhandlungen gegen Juden nicht geheimhalten. Falls man sie wegen ihrer Handlungsweise vor Gericht stelle, würde sie sich natürlich verteidigen, und damit explodierte die ganze Geschichte, nicht nur innenpolitisch, wo sie allen Beteiligten das Leben schwer machen würde, sondern auch außenpolitisch.
    Und außerdem habe sie schon A gesagt. Und es gebe einen ganz bestimmten Grund, auch B zu sagen: Die Aktion laufe noch immer.
    Das sei nicht nur eine Vermutung. Denn wenn nun Elazar oder ein anderer in Aharon Zamirs Kommando so weit gehe, einen schwedischen Polizeibeamten zu erschießen, könne man schon aus dem Grund annehmen, daß es den Zamir-Leuten, gelinde gesagt, am Herzen liege, die Aktion durchzuführen.
    Aber das sei noch nicht alles. Denn so wie die israelische Propaganda diese festgenommenen Aktivisten und Palästinenser für sich nutze, könne man davon ausgehen, daß der Boden für eine Fortsetzung der Aktion vorbereitet werde.
    Aber auch das sei noch nicht alles. Denn der Plan habe beim israelischen Nachrichtendienst-Establishment zu heftigen internen Streitigkeiten geführt.
    Kurz gesagt, ihr Onkel im Aman wisse, daß die Operation immer noch aktuell sei. Und beim Mossad hätten zwei andere Abteilungen dem Unternehmen eine gewisse operative Unterstützung gewährt, obwohl sie, Shulamit, nicht genau wisse, worauf die hinauslaufe. Aber es sei ja nur logisch, sich vorzustellen, daß ein neues »arabisches« Unternehmen den Zweck habe, mit dem Mord an Folkesson in Verbindung gebracht zu werden. Damit könne man das unangenehme Mißgeschick aus der Welt schaffen und folglich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Mit anderen Worten: Es habe den Anschein, als ob es fast notwendig geworden sei nämlich für diejenigen, die eher militärisch als politisch dächten -, die Aktion zu Ende zu bringen.
    Carl erhob sich steif. Der Schweiß lief an ihm herunter, und ihm wurde schwindelig vor den Augen. Er redete sich ein, daß es nur die Hitze war.
    »Jetzt baden wir«, sagte er. »Wollen wir uns die Fische ansehen, die auf deiner Ansichtskarte zu sehen waren?«
    Der Sand brannte unter ihren Füßen, als sie auf eine der runden Strohhütten zugingen, bei denen man sich eine Taucherausrüstung mieten konnte.
    Ursprünglich hatten sie sich beide mit Schnorcheln zufriedengeben und nur dicht unter der Wasseroberfläche tauchen wollen, aber dem einen Vermieter schien es dringlich zu sein, zwei Preßluftgeräte zu vermieten. Beide Vermieter schienen gleichermaßen überrascht zu sein, daß der Ausländer felsenfest überzeugt war, mit der Ausrüstung umgehen zu können, wovon sie sich aber schnell überzeugen konnten.
    Carl erhielt ein schweres und älteres Gerät einer Marke, die er nicht genau kannte, aber es schien etwa dreihundert Kilopond Druck zu enthalten. Das neuere Gerät, das Shulamit erhielt, hatte einen Manometer mit zweihundert Kilopond Druck. Seine Luft würde länger reichen als ihre, und es war kaum wahrscheinlich, daß sie mehr als eine Stunde unter Wasser blieben.
    Carl verzichtete auf einen Taucheranzug, als er hörte, das Wasser sei vierundzwanzig Grad warm. Er befestigte mit einer Schnur ein Messer an der Hüfte, als Shulamit erzählte, sie kenne eine Stelle an der Südspitze der Insel, wo es etwas tiefer sei und eine Grotte gebe, in der man die Langustenart des Roten Meeres fangen könne. Sie nahm einen Korb mit, um den eventuellen Fang unterzubringen.
    Als sie sich am Wasser die Ausrüstung anschnallten, beobachtete er sie

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