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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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baumelnde Uzi-Maschinenpistole mit dem abgenutzten Tragriemen, die in dem Moment durch die Bustür verschwand, als diese geschlossen wurde.
    Sein Halbschlaf wurde gestört, als sich der Luftdruck in der Kabine änderte.
    Carl kompensierte ihn automatisch, als befände er sich bei einer Tauchübung. Von nun an stellte er sich um. Die sanften Wachträume von Shula wichen jetzt einer gezügelten, beherrschten und kalt disziplinierten Wut.
    Zu seinem Erstaunen entdeckte er, daß Appeltoft vor der Paßkontrolle auf ihn wartete, obwohl es einen Tag vor Silvester war.
    »Los, schnell, wir müssen uns unterhalten, Fristedt wartet draußen im Wagen«, begrüßte ihn Appeltoft. Appeltoft schien ziemlich üble Laune zu haben, aber das erwies sich bald als totale Fehldeutung von Appeltofts Gefühlen. Er war nämlich auf seine in sich gekehrte norrländische Art fuchsteufelswild.
    Auf dem Weg in die Stadt redeten sie fast ununterbrochen aufeinander ein.
    Die Tatsache, daß man sie von der Ermittlung tatsächlich abgekoppelt hatte, ging ihnen erst in dem verlassenen Korridor auf dem Weg zu Carls Dienstzimmer richtig auf. Es war fast neun Uhr abends, es war der Abend vor Silvester, und es gibt sowohl gewerkschaftliche wie private Erklärungen dafür, daß der Sicherheitsdienst des Reiches die Jagd auf Spione zu solchen Zeiten nur mit halber Kraft betreibt.
    »So«, sagte Carl, als er die Abdeckhaube von der Tastatur nahm und seinen persönlichen Code eingab, »wir haben also eine Person, die am 30. November 1963 geboren wurde, aber uns fehlen die letzten Zahlen der Geburtsnummer. Dann wollen wir mal sehen.«
    Die beiden älteren Kommissare betrachteten fasziniert Carls scheinbares Spiel mit den flimmernden grünen Namen und Zahlenkombinationen, die nacheinander auf dem Bildschirm erschienen. Für sie war dies Science Fiction, die künftige Alptraumgesellschaft, in der die Geheimpolizei alles weiß.
    Vielleicht doch nicht alles, wie es nach einer Weile schien.
    »Es ist so«, erklärte Carl. »Wir haben in dem Brei hier zwei Personen mit demselben Geburtsdatum. Die eine ist ein Mädchen in Piteä, die eine glühende Bewunderin des Genossen Gorbatschow zu sein scheint. Sie ist aber nicht unser Mann oder unsere Frau. Denn es gibt noch eine Person, die zu einer Reihe von Personen gehört, nach denen ich nicht fragen darf. Die sind besonders codiert, und ich muß Näslund um Erlaubnis fragen, um in diesen Teil des Computers hineinzugehen.«
    »Dann platzt es«, sagte Appeltoft kurz. »Darauf läßt er sich nie ein.«
    »Was sind das für Leute, nach denen du nicht fragen darfst«, fragte Fristedt neugierig.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Carl, »das geht aus diesen Angaben nicht hervor, und das soll auch gar nicht daraus hervorgehen, aber sie sind mit einem bestimmten Code belegt, den ich immerhin entdeckt habe, und es scheint dreiundzwanzig Leute zu geben.«
    »Dann ist die Sache also doch gestorben«, wiederholte Appeltoft.
    »Nein, das ist nicht sicher«, erwiderte Carl zögernd. »Aber dann muß ich euch eine Gewissensfrage stellen. Ich glaube, daß ich diese Sperre überlisten kann. Das ist natürlich verboten. Aber immerhin könnte ich den Mann herausbekommen, den wir suchen. Soll ich?«
    Sie blickten sich an. Es war sehr still geworden, und das Surren von Carls grünem Bildschirm wirkte in der Stille lauter.
    Alle drei hatten schon größere und kleinere Dienstvergehen begangen, mochte Appeltofts Schnitzer, einen Unschuldigen zu befreien, auch ein etwas subtilerer Fehlgriff gewesen sein.
    »Los!« sagte Fristedt. »Mach, was immer du willst, wenn wir nur diesen Kerl bekommen.«
    Appeltoft nickte zustimmend.
    Carl überlegte. Bei der Computer-Ausbildung in Kalifornien war es bei den Studenten der große und alles in den Schatten stellende Sport gewesen, fremde Codes zu knacken, die Sperren der Computer von Banken, Unternehmen und in einigen Fällen sogar des Pentagon zu überwinden. Sie hatten sogar kleine Wettbewerbe veranstaltet. Carl war bei diesem Sport nie so recht auf den Geschmack gekommen, aber bei allen Studenten, die sich überhaupt mit Computern beschäftigten, war diese Freizeitbeschäftigung das beherrschende Gesprächsthema gewesen. Diese jungen Hacker und ihr Treiben waren in den gesamten USA zur Landplage geworden. Niemand, der in dieser Branche arbeitete, hatte darauf verzichten können, es einmal auszuprobieren.
    Carl spielte ein wenig mit der Tastatur, während er ein paar Dinge aus dem Speicher holte und

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