Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
wenigstens den letzten Schlag gelandet hatte, obwohl er selbst grün und blau geprügelt worden war.
    Was ihn betraf, war die Geschichte immerhin zu Ende. Jetzt würde alles im Sande verlaufen und in den Abendzeitungen breitgetreten werden. Weder er noch Fristedt brauchten sich noch um diese erfundenen libyschen Terroristen zu kümmern.
    Jetzt ist die Geschichte Gott sei Dank überstanden. Jedenfalls, was mich betrifft. Dachte er. Völlig falsch. Jetzt fing es erst an.

12
    Carl saß auf dem Flug von Kopenhagen nach Arlanda irgendwo über Smäland in einer Linien-DC-9 der SAS. Zumindest befand er sich rein körperlich in der Maschine über Smäland; in Gedanken war er noch in Eilat.
    Er war zwei Tage geblieben. Shulamit hatte ihn überzeugt, daß die Operation, falls sie überhaupt zustandekomme, erst nach Chanucka stattfinden könne, der jüdischen Entsprechung des christlichen Weihnachtsfests, da alle Israelis, auch Mossad-Generäle und Operateure des Sayeret Matkal, über Chanucka bei ihren Familien waren. In Israel sind Kriege an den großen religiösen Feiertagen unbeliebt; diese Einstellung hatte sich im Jom-Kippur-Krieg als so folgenreich erwiesen.
    Er hatte seine Verliebtheit anfänglich bekämpft.
    Aber schon am ersten Abend, als sie das Bett verließen und zu einem kleinen Straßenrestaurant in der Nähe des alten Hafens gingen - sie nahmen die Langustenschwänze mit und bekamen sie nach kurzem Preispalaver gegrillt - und bei der zweiten Flasche Carmel Rose angelangt waren, spürte er, daß er sie richtig zu begehren begann, mit seinem ganzen Ich.
    Sie hatten gebadet, am Strand gelegen und über ihr Leben gesprochen. Er bekämpfte seine Verliebtheit nicht mehr. Statt dessen mußte er jetzt mit seiner starken Lust kämpfen, ihr alles zu erzählen; über den Alten, wie man ihn angeworben hatte, womit er sich in San Diego beschäftigt hatte, all die Dinge, die er Tessie nie erzählt hatte.
    Aber bei Shula - er nannte sie nur noch so - lagen die Dinge anders. Sie wußte ohnehin schon genug und konnte sich bei Dienstgeheimnissen nicht über einen Mangel an Vertrauen beklagen.
    An ihrem zweiten Tag am Strand hatten sie gar nicht mehr über die Arbeit gesprochen, sondern nur darüber, daß er als Goj nie nach Israel ziehen könnte und daß sie als Kibbuznik der dritten Generation Israel nie verlassen würde. Das war völlig klar und logisch und ließ sich nicht beiseite schieben. Sie konnten es genießen, sich von ihrer Verliebtheit kurze Zeit mitreißen zu lassen, aber mehr konnte es nie geben. Sie brauchten darüber gar nicht mehr viel zu reden. Bald konnten sie schon darüber Scherze machen, daß der von ihr gewünschte Deckmantel einer unmöglichen Verliebtheit in einen schwedischen Sicherheitsbeamten, einen Goj dazu, jetzt zu einem absolut echten Deckmantel geworden war.
    Sie phantasierten davon, wie und wann sie sich wiedersehen würden, ob sie ihren Job in Stockholm wiederbekommen könne - was mehr als unsicher war; man hatte ihr sogar den Auslandsrang als Majorin genommen und sie wieder zum Hauptmann degradiert, nachdem man sie zurückgerufen hatte.
    Aber vielleicht würde es in Israel zu politischen Veränderungen kommen - vielleicht könnten sie dann ihren Deckmantel zur Perfektion weiterentwickeln.
    Carl quälte nur eins: Er durfte auf keinen Fall von seiner Begegnung mit den Palästinensern in Beirut erzählen; er durfte nichts über Mouna sagen, die wie Shulas kleine Schwester aussah, dennoch aber die Frau gewesen sein konnte, die in Gaza Shulas kleinen Bruder getötet hatte; er durfte auch Rashid Husseini nicht erwähnen, den Mann, der sich Michel genannt hatte, den Mann, der so sprach und argumentierte, als gehörte er zu der Falken-Truppe von Shulas Verwandtschaft; all dieses Kriegsmaterial aus der Wirklichkeit, das jetzt wie eine unsichtbare Dauerlast auf ihrer Erleichterung, ihrer Freude und am Ende auch ihres Entzückens lag, daß die Verliebtheit echt wurde, durfte mit keinem Wort erwähnt werden.
    Als sie sich an der Bushaltestelle in Beersheba trennten, versprach sie ihm, nach Stockholm zu kommen - »nächstes Jahr in Stockholm«, scherzte sie in Anspielung auf das israelische Gebet Nächstes Jahr in Jerusalem -, und er versprach, sich auf keine Konfrontation mit Elazar einzulassen, falls dieser Mann sich in ein paar Tagen tatsächlich in Stockholm aufhalten würde.
    Keiner von ihnen würde sein Versprechen halten können.
    Das letzte, was er von ihr sah, waren der Pferdeschwanz und die

Weitere Kostenlose Bücher