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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Man hatte ihnen im Verlauf des Tages ein gemeinsames Arbeitszimmer eingerichtet, mit Panzerschrank, Kaffeemaschine und zwei Fenstern (Merkmal einer Chefposition), mit drei Sesseln und einem kleinen Konferenztisch aus gelbweißer, gemaserter Birke. Eine der Sekretärinnen hatte gerade Kaffee gekocht, und der letzte Rest Wasser gurgelte aus der Maschine und tropfte in den Filter, als sie den Raum betraten.
    Ljungdahl war ein sehr hochgewachsener Mann mit grauem, kurzgeschorenem Haar und dicken, kräftigen Armen. Er war für sein hitziges Temperament und seine unbestreitbare Geschicklichkeit bekannt.
    Er war einer dieser wenigen Polizeibeamten, denen fast alles gelingt und die fast nie Klagen auf sich ziehen (sofern man nicht bis in seine Vorzeit als Streifenpolizist zurückging, als der eine oder andere Randalierer, wie es in der Polizeisprache heißt, möglicherweise einen Anflug von spürbarer Grobheit hätte beklagen können; seine Hände waren von der Größe kleinerer Bratpfannen).
    »Summa summarum«, sagte Ljungdahl, »hat die technische Untersuchung etwa das ergeben, was zu erwarten war. Dies ist die Mordwaffe (er hielt die Plastiktüte hoch, ließ sie mit einem kleinen Knall auf den Tisch fallen und lächelte darüber, daß der junge Abteilungsleiter wie vor Angst zusammenzuckte), und an der haben wir keinerlei Fingerabdrücke gefunden, weder außen noch auf einer der Patronen. Der Täter ist eine Person, die nichts dem Zufall überläßt. Entweder hat er Handschuhe angehabt oder, was wahrscheinlicher ist, die Waffe hinterher abgewischt.«
    »Warum ist das wahrscheinlicher?« wollte Fristedt wissen.
    »Weil es leichter ist, sich das Ganze so vorzustellen«, entgegnete Ejungdahl. »Es hätte für euren Kollegen sicher merkwürdig ausgesehen, wenn der Mann mit Handschuhen im Wagen gesessen hätte. Wir gehen ja davon aus, daß es ein freiwilliges Treffen war und nicht so eine verdammte Entführung. Außerdem ist die gesamte Umgebung des Beifahrersitzes in Folkessons Wagen sorgfältig abgewischt worden.«
    Fristedt und Appeltoft nickten zum Zeichen ihres Einverständnisses mit diesem Gedankengang.
    »Darf ich die Waffe mal ansehen und anfassen?« fragte Carl.
    »Aber gern«, sagte Ljungdahl, »das haben wir ja selbst getan, und die technischen Ergebnisse stehen schon fest.«
    Carl öffnete die Plastiktüte, legte die Pistole vor sich und wühlte in der Jackentasche nach seinem Schlüsselbund. Am Schlüsselbund saß ein Gegenstand, der wie ein wohlausgerüstetes Taschenmesser aussah. Er klappte ein kleines Instrument heraus, das wie ein Schraubenzieher aussah.
    Die Pistole vor ihm hatte auf dem Handgriff des Kolbens einen großen fünfzackigen Stern, und um den Stern herum standen die Buchstaben CCCP. Die Herkunft der Waffe war somit selbst für einen Amateur offenkundig.
    »Eine Tokarew 7,62 ein sehr ungewöhnliches Kaliber«, sagte Carl und legte sein Instrument auf den Tisch. Dann machte er mit der Hand eine schnell ausholende Bewegung, so daß eine Kugel, die im Lauf gesteckt hatte, auf den Tisch hüpfte.
    »Das war der Grund dafür, daß mir vorhin etwas unbehaglich war, als du die Waffe so fallengelassen hast«, sagte Carl erklärend zu Ljungdahl, »denn bei dieser Waffe gibt es keine normale Sicherung. Es ist eine vereinfachte Variante des Colt-Browning-Modells 38, aber gerade diese Tokarew ist 1959 modifiziert worden und später noch einmal, es gibt sie auch in einem Modell für die Marine, aber dies ist die Armeevariante. Sieht nicht aus, als wäre sie besonders oft in Gebrauch gewesen.«
    Fristedt und Appeltoft wechselten einen kurzen, entzückten Blick und schielten dann ihren verblüfften Kollegen von der offenen Arbeit an, während Carl seine Überlegungen fortsetzte.
    »Acht Schuß im Magazin wie beim Original«, fuhr Carl fort, zog das Magazin heraus und legte es auf den Tisch. »Keine Präzisionswaffe, aber sie ist ja für den militärischen Gebrauch gedacht. Kann man in irgendeinem Waffenregister der Russen feststellen, wo die herkommt?«
    »Das wissen wir nicht, es scheint ja nicht einmal eine Seriennummer zu geben«, brummte der verblüffte Kriminalbeamte.
    »Das liegt daran, daß die Seriennummer aus irgendeinem Grund auf der Unterseite des eigentlichen Laufs sitzt«, sagte Carl, zog den Mantel aus, ergriff sein auf dem Tisch liegendes Instrument und nahm die ganze Waffe in weniger als zehn Sekunden auseinander.
    »Hier ist sie«, fuhr Carl fort, während er den freigelegten Lauf in der Hand

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