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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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etwas delikater, da die Obristenuniform der Roten Armee für die anwesenden Augenpaare, welche die Topleute der eigenen oder der Gegenseite bewachten, auch unter einer großen Zahl anderer Uniformen ganz besonders auffällig war.
    Fristedt lehnte sich gegen eine Säule, hielt sich abseits und wartete auf den rechten Moment. Der ließ recht lange auf sich warten, da der sowjetische Oberst ständig eine Schar scharwenzelnder Ostblock-Offiziere um sich hatte. Friestedt begann schon fast zu fühlen, wie ihm die Gelegenheit entglitt; lächerlich kam er sich jetzt schon vor. Aber plötzlich stellte der Oberst sein Glas auf ein Tablett und ging mit entschlossenen Schritten auf den großen Eßtisch in der Mitte zu, als wollte er sich seiner Begleitung entledigen, da niemand hinter ihm herschwänzelte. Dies war der richtige Augenblick.
    Als der Chef der GRU, des militärischen Nachrichtendienstes der Sowjetunion, am einen Ende des großen Eßtisches in der Kaviardose wühlte, fand er sich plötzlich diskret von einer Zivilperson angesprochen, die er nicht kannte.
    »Ich heiße Arne Fristedt und bin Kommissar beim schwedischen Sicherheitsdienst und würde Sie sobald wie möglich gern sprechen. Privat.
    Es ist ein legales Anliegen, aber wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Fristedt in einem Englisch, das er mehrmals geübt hatte. Kürzer ließ es sich nicht sagen.
    Das Gesicht des Obersten hellte sich auf, und er wandte sich Fristedt plötzlich mit lächelndem Gesicht, aber nichtlächelnden Augen zu.
    »Nein, wie angenehm«, sagte der GRU-Chef, gab Fristedt die Hand und fuhr im nächsten Atemzug fort: »Djurgärdsbrunns Värdshus, Punkt zehn Uhr.« Drehte sich um und ging.
    Fristedt blieb stehen und tat, als wühlte er auf dem Tisch unter den Speisen.
    Was zum Teufel meinte der Kerl? Sollten sie sich etwa praktisch am Tatort treffen?
    Fristedt blieb noch eine Viertelstunde, bevor er wieder nach Hause fuhr. Es waren noch mehr als drei Stunden bis zum verabredeten Zeitpunkt.
    Carl hatte seinen Wagen verkauft und stehenden Fußes einen neuen, kleineren, diskreteren, schnelleren und teureren gekauft. Die Differenz hatte er bar bezahlt, und zwar in einer Gemütsverfassung, die für Geschäfte nicht die geeignetste war. Dann hatte er einen Hamburger gegessen, war nach Hause gefahren und in den verschlossenen Raum gegangen, in dem er ein paar Trainingsgeräte aufbewahrte, die er in jüngster Zeit heftig vernachlässigt hatte und auf die er jetzt noch heftiger losging, um auf irgendeine unmögliche Art handgreiflich seine Irritation loszuwerden. Er hatte seine zwanzig oder fünfundzwanzig Nahkampfübungen trainiert. Ein field operator sollte sich ständig mit diesen Dingen beschäftigen und sein begrenztes Arsenal in Schuß halten. Diese Übungen hatten nichts mit den Ballettvorstellungen zu tun, die man im Kino und in bestimmten mehr oder weniger suspekten Sportarten bewundern kann. Das war sozusagen die Grundvoraussetzung für den Ausbildungsabschnitt in San Diego gewesen.
    Jungs, dies ist keine gottverfluchte Vorstellung ä la Bruce Lee, hier ist es ernst. Wenn einer dämlich genug ist, sich in sportlicher Habtachtstellung aufzubauen, dann erschießt ihn oder schlagt ihm mit einem Spaten auf den Schädel. Und sollte es sein, daß euch dieses oder ein anderes geeignetes Instrument fehlt, oder sollte es zuviel Lärm geben, muß euch klar sein, daß ihr an keiner gottverdammten Olympiade teilnehmt und daß es auch nicht um die Silbermedaille geht. Und falls sich einer von euch je mit so einem Pyjama-Ringkampf oder ähnlichem abgegeben hat, werden wir es ihm bei Gott austreiben, und wenn es nicht anders geht, dann mit Gewalt, hehe.
    Jedes Wort davon war wahr. Um die Grundsätze zu unterstreichen, war die Ausbildung anfänglich der normalen halbmilitärischen Karate-Linie gefolgt, alles in der bewußten Absicht, daß die Ausbilder ihre Schüler anschließend handgreiflich darüber aufklären würden, daß Gewalt tatsächlich keine Olympiade und die Silbermedaille nicht gut genug war.
    Wem beispielsweise plötzlich ein Auge fehlt, dem nützt auch der schwärzeste Karategürtel nichts mehr.
    Nach der einjährigen Grundausbildung blieb nur noch lebenslange Wiederholung. Nur wenige Grundübungen, dafür schauerlich unsportlich, waren das Modell.
    Carl saß frisch geduscht im Bademantel und mit beginnenden Trainingsschmerzen und einem schmerzenden rechten Knie da, dem Ergebnis von hundert Wiederholungen einer Übung gegen einen Sandsack, die im

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