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Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne

Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne

Titel: Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Barbour
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ging über Belangloses nicht hinaus, und er verabschiedete sich bald nach Beendigung des Mahls. Nicht, dass er sich nicht versucht gefühlt hätte, länger zu bleiben. Ein Abend, den er beim Kaminfeuer mit der verführerischen Miss Tate hätte verbringen können, wäre sehr nach seinem Geschmack gewesen. Leider hätte er dabei auch die Anwesenheit ihrer Tante und ihres Onkels in Kauf nehmen müssen. Sir Henry Folsome und seine Schwester waren lautere Menschen, doch Christophers Vorstellung von abendlicher Unterhaltung erstreckte sich im Allgemeinen nicht auf Lauterkeit.
    Außerdem ließ Miss Tate niemals auch nur durch die leiseste Andeutung in ihrem Benehmen erkennen, dass sie es begrüßt hätte, weitere Stunden in seiner Gesellschaft zu verbringen. Er mochte sie noch so fleißig zu charmieren versuchen, sie schien gegen seine Bemühungen, ihr die Tugend zu nehmen, immun zu sein.
    Wieder einmal wandten seine Gedanken sich dem Reiter zu, den er in der Nacht seiner Ankunft in Wildehaven gesehen hatte. Je mehr er über die sittsame Miss Tate wusste, desto weniger schien sie der mitternächtliche Marodeur sein zu können. Es war unmöglich, sich diese schöne, aber ungemein sittenstrenge Hockenbleiberin dabei vorzustellen, wie sie sich Breeches anzog und das Haar unter einer Kappe verbarg, um dann kurz nach Mitternacht zu einem Ausflug aufzubrechen.
    War es möglich, dass sie sich mit einem Liebhaber traf?
    Höchst unwahrscheinlich, dachte Christopher. Nein, wenn es sich bei seinem geheimnisvollen Reiter tatsächlich um Miss Tate handelte, dann war die einzig logische Erklärung für ihr Verhalten die Beschäftigung ihres Onkels mit den Schriften Samuel Pepys’. Stahl sie Bände der Tagebücher, damit Sir Henry sich mit ihnen befassen konnte? War der Ritt, den er beobachtet hatte, eine einmalige Angelegenheit gewesen, oder war sie, gestiefelt und mit der Kappe auf dem Kopf, unterwegs, seit Sir Henry sich mit den Tagebüchern beschäftigte? Und würde sie vielleicht wieder ausreiten? Wie könnte er davon Kenntnis bekommen? Der Gedanke, mitten in der Nacht über das Gelände von Wildehaven zu patrouillieren, nur um vielleicht Miss Tate zu begegnen, behagte ihm wenig.
    Die Antwort auf diese ergebnislosen Überlegungen erfolgte an einem Nachmittag eine Woche später. Christopher war soeben aus Sir Henrys Arbeitszimmer gekommen und lachte pflichtschuldigst über einen der alten Witze des betagten Mannes. Zu seinem Vergnügen sah er, als man das Wohnzimmer betrat, Miss Tate in dem rot gestreiften Schaukelstuhl beim Fenster sitzen. Bei ihrem Erscheinen erhob sie sich und raffte eine Hand voll Seidengarne und die Taschentücher zusammen, die sie mit Monogrammen bestickt hatte. Ehe sie noch etwas geäußert hatte, merkte Christopher, dass sie unter einer ungewöhnlichen Anspannung stand. Sie begrüßte ihn geistesabwesend, und ihr Blick wanderte zwischen ihm und ihrem Onkel hin und her.
    »Hattet ihr eine… hm… interessante Besprechung?«
    fragte sie schließlich.
    Christopher ahnte, dass sie den Atem anhielt, bis ihr Onkel fröhlich antwortete: »Ja, meine Liebe. Ich versuche noch immer, diesem jungen Windhund klarzumachen, dass er mit seiner Interpretation von Drydens ,Annus Mirabilis’
    vollkommen falsch liegt.«
    Der alte Mann drehte sich zu seinem Gast um. Christopher sah Miss Tate in unverkennbarer Erleichterung erschlaffen. »Sehen Sie, mein Junge«, fuhr Sir Henry fort,
    »es scheint sich auf den englisch-holländischen Seekrieg zu beziehen, aber… Mein Gott! Wer ist das?«
    Lautes Pochen an der Haustür war zu hören. Einige Momente später erschien Widdings, dem wiederum ein hoch gewachsener junger Mann folgte, der nicht älter als neunzehn oder zwanzig Jahre sein mochte. Wenngleich er schäbig gekleidet war, hatte er ein würdevolles, offenes Auftreten.
    »John!« rief Sir Henry entzückt aus. »Komm herein, mein Junge.«
    Gillians Lächeln war fast so strahlend wie das ihres Onkels. Der Earl empfand einen ihm sehr lästigen Anflug von Eifersucht. Konnte dieser wenig anziehende Jüngling das Ziel von Miss Tates Sehnsüchten sein? Augenblicklich rief Christopher sich zur Ordnung. Was war mit ihm los? Der Junge war kaum den Kinderschuhen entwachsen!
    In jedem Fall schien Miss Tate trotz des strahlenden Lächelns nicht erfreut zu sein, den jungen Mann zu sehen.
    Bei seinem Erscheinen hatte sie sich merklich versteift, und ihr Gesicht war blass. Ihre Stimme zitterte, als sie Widdings aufforderte, Erfrischungen zu

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