Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne
Anwesen ist, Mylord.« GilKans Stimme hatte scharf geklungen. Es war Christopher jedoch nicht schwer gefallen, den lächelnden Unterton herauszuhören.
»Nein, natürlich nicht. Vielleicht könnten wir an einem anderen Tag in eine andere Richtung reiten.«
»Vielleicht«, erwiderte Gillian ausweichend. Ihre Antwort war nicht ermutigend.
Du lieber Himmel! dachte sie. Was ist mit mir los? Sie war von dem Gentleman zu einem Ausflug eingeladen worden, einem wie dem heutigen, und hatte darauf reagiert, als hätte er ihr ein Schäferstündchen vorgeschlagen!
Sie trieb das Pferd an, und eine Zeit lang ritt man mehr oder weniger schweigend weiter, bis Christopher plötzlich verärgert mit der Zunge schnalzte. Gillian blickte in dieselbe Richtung wie er und sah Silasjilbert auf sie zu reiten. Er war noch ziemlich weit fort, hob jedoch zur Begrüßung die Hand.
»Was will der Mann denn?« murmelte Christopher verstimmt.
Fragend zog Gillian die Augenbrauen hoch. »Er hat mich gestern besucht«, fuhr er fort, »und eine Aktentasche voller Unterlagen mitgebracht, die, wie er sagte, meiner sofortigen Aufmerksamkeit’ bedürften. Natürlich habe ich ihm erklärt, er werde dafür bezahlt, mir die ,sofortige Aufmerksamkeit’ abzunehmen. Er taucht jedoch dauernd wieder auf, im Allgemeinen mit irgendeiner Sache, die angeblich zum Vorteil des Besitzes ist. Wieso kann der Mann nicht einfach verschwinden und tun, was er tun soll, ohne mich zu belästigen?«
Gillian riss die Augen auf, doch ehe sie etwas erwidern konnte, hatte Mr. Jilbert sie und den Earl erreicht.
»Mylord«, sagte Mr. Jilbert ziemlich atemlos. »Ich bin froh, dass ich Sie getroffen habe.«
Er war ein kleiner Mann Anfang fünfzig. Als er seinen Hut zog, sah man sein sich lichtendes braunes Haar. Seine Augen hatten eine wenig bemerkenswerte braune Farbe und wurden zum Teil von einer großen Brille mit dicken Gläsern verdeckt, die fest auf dem Rücken der langen, dünnen Nase saß. Er strich sich über das Haar und nickte respektvoll dem Earl und Miss Tate zu.
Christopher seufzte. »Was gibt es, Jilbert?«
»Es geht um die Pächtercottages. Ich glaube, ich habe die Sache Eurer Lordschaft gegenüber schon früher erwähnt, doch nun ist sie kritisch geworden. Wie Sie wahrscheinlich festgestellt haben, ist der Untergrund sehr feucht.«
»Ja?« äußerte Christopher in wenig ermutigendem Ton.
»Das liegt daran, dass wir in diesem Frühjahr sehr viel Regen hatten. Wie Sie wissen, wurden die Pächtercottages in einer Niederung errichtet. Das hätte schon Vorjahren geändert werden müssen«, setzte Mr. Jilbert etwas vorwurfsvoll hinzu und fuhr hastig fort: »Jetzt ist die Straße zwischen den Cottages und den Feldern so gut wie unpassierbar geworden. Außerdem führt der Fluss in der Nähe der Cottages Hochwasser. Ich befürchte eine Überschwemmung und habe die Männer angewiesen, einen Damm aus Sandsäcken zu errichten.«
»Nun, damit dürfte das Problem doch geklärt sein, nicht wahr?« versetzte Christopher ungeduldig. Die Begegnung drohte den idyllischen Nachmittag mit der reizenden Miss Tate zu ruinieren.
»Vorübergehend, Mylord«, antwortete Mr. Jilbert hartnäckig. »Es ist jedoch notwendig geworden, einen dauerhafteren Damm zu errichten.«
»Dann tun Sie das, Mann.« Christopher hatte seine Stimme vor Gereiztheit lauter werden gehört, doch das war ihm gleich. Er hasste solche Sachen, und je eher Mr. Jilbert sich dessen bewusst wurde, desto besser.
»Das bedeutet große Ausgaben, Mylord.«
»Die wohl kaum außerhalb meiner Möglichkeiten liegen dürften, nicht wahr?« Christopher hob die Reitpeitsche und schlug sie gegen den Stiefelschaft.
»Nein, Mylord, aber ein Projekt von diesem Ausmaß muss doch bestimmt diskutiert werden…«
»Nein, das muss es nicht«, unterbrach Christopher erbost.
»Ich lasse Ihnen hiermit freie Hand, um das zu tun, was, zum Teufel, für Ihr .kleines Projekt’ notwendig ist. Wenn Sie nicht zurechtkommen, ohne mich bei jeder Gelegenheit zu Rate ziehen zu müssen, dann sollten Sie sich vielleicht einen Posten bei jemand anderem suchen, Jilbert.«
Der Verwalter wurde blass. »Nein, Mylord. Ich wollte sagen, ja, Mylord. Ich meinte nicht…« Sein Blick richtete sich auf Miss Tate und dann wieder auf den Earl. »Ich werde mich jetzt… hm… zurückziehen, Mylord.«
Christopher nickte nur, während Mr. Jilbert den Hut aufsetzte. Dann wendete der Mann das Pferd und ritt davon.
Gillian starrte Lord Cordray nur an. Großer
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