Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne
da. Ich bin sicher, Sie kennen solche Leute. Menschen fühlten sich zu ihm hingezogen wie zu einem schönen Garten.
Später sagte er mir, er habe mich vom ersten Augenblick an geliebt. Er war so offenherzig und direkt, dass ich das fast sofort gemerkt habe. Ich konnte nicht anders.
Ich musste seine Gefühle erwidern. Er war so unglaublich liebenswert. Und ich muss zugeben, dass es mir noch zusätzlichen Auftrieb gab, die Frau zu sein, die der umschwärmteste Junggeselle der Grafschaft für sich ausgewählt hatte. Ich schwelgte in seiner Zuneigung, und als meine Eltern das bemerkten und mit mir darüber redeten, dass ich ihn heiraten solle, war ich ganz und gar einverstanden.«
»Wie lange hat dieser Musterknabe gebraucht, bis er sich Ihnen erklärte?« fragte Christopher, nicht imstande, die eifersüchtigen Regungen zu unterdrücken, die an ihm nagten.
Rasch schaute Gillian ihn an. »Nicht lange. Ein halbes Jahr nachdem Kenneth und ich uns kennen gelernt hatten, bat er mich, seine Frau zu werden. Es war damals ein schöner Sommernachmittag, und wir waren zu einem Spaziergang in den Obstgarten gegangen.
Natürlich habe ich Ja gesagt, und wir haben unser Versprechen mit einem langen, liebevollen KUSS
besiegelt. Unsere Eltern waren hingerissen, als wir ihnen die frohe Kunde mitteilten. Wir schmiedeten Pläne, im nächsten Sommer zu heiraten.«
»Ein Jahr später?«
»Ja«, antwortete Gillian zögernd. »Kenneth wollte gleich getraut werden, aber etwas in mir… das heißt, ich habe ihm gesagt, wir sollten uns noch Zeit lassen, damit wir uns besser kennen lernen.«
»Was für ein Unsinn!« warf Christopher grob ein.
»Man kann in kürzerer Zeit als in sechs Monaten feststellen, ob man jemanden liebt.« Er rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Manchmal können zum Beispiel schon drei Wochen reichen.«
Eilig nahm Gillian wieder das Kniffen der Rockfalten auf. »In jedem Fall beugte Kenneth sich meinem Wunsch mit diesem Einfühlungsvermögen, das seine größte Tugend war. Ich war überzeugt, dass meine Liebe zu ihm mit der Zeit größer werde und… und gefestigter. Ich stellte jedoch im Verlauf der Monate fest, dass ich…
unzufrieden war. Von einem Augenblick zum anderen schien Kenneth… nun, er schien mich nur noch respektvoll zu verehren. Seine Küsse waren warm und zärtlich und liebevoll, weckten in mir jedoch keine Leidenschaft.
Du lieber Himmel! Trotz seiner offenkundigen Verehrung wollte ich mehr!«
»Das ist nicht überraschend«, knurrte Christopher.
Gillian beachtete ihn nicht. »Wenn Kenneth mich zu Haus besuchte, begegnete er mir mit der größten Höflichkeit, drückte mir Küsse auf den Mund wie ein Bittsteller, der von seiner Göttin eine Gunst erbat. Wenn er über unser zukünftiges Eheleben redete, wirkte es irgendwie unglaublich langweilig auf mich, stundenlang vor dem Kamin sitzen und einander etwas vorlesen zu sollen und mir anzuhören, dass er Jahre damit verbringen wolle, jeden meiner Träume zu verwirklichen.
Ich hätte über seine offenkundige Verehrung begeistert sein müssen, war jedoch sehr jung und wollte, dass es zwischen uns knisterte, wenn wir uns küssten. Ich wollte, dass er mir den Atem raubte. Ich wollte…«
»Das Feuer und die wunderbare Verrücktheit der ersten Liebe erleben.«
Gillian seufzte. »Ich habe versucht, mit anderen jungen Männern zu flirten, weil ich hoffte, Kenneths Eifersucht zu wecken, doch alles, was er tat, war, bittersüß zu lächeln und mir zu sagen, er verarge mir meine Lebenslust nicht. Er meinte, sie sei das, was er am meisten an mir liebe.
Ich befürchte, ich wurde verdrossen. Nichts, was er tat, war mir recht. Dennoch gingen die Vorbereitungen für die Hochzeit weiter, und als der Zeitpunkt sich näherte, begann ich, eine Art Panik zu empfinden. In Kenneths Gegenwart fühlte ich mich mehr und mehr wie eine gefangene Wölfin anstatt wie ein wohlerzogenes junges Mädchen, das sich sittsam auf seine Hochzeit freut.«
Christopher legte die Hand auf ihre. Ihre ausdrucksstarke Beschreibung ihrer Gefühlslage war offenbar das Ergebnis anhaltenden Abscheus vor sich selbst. Gott, er wünschte sich, er könne ihr diese Ängste nehmen.
»Es war unausweichlich«, fuhr sie fort, »dass Kenneth meinen Sinneswandel bemerkte. Eines Tages fragte er mich sogar, ob ich wirklich gewillt sei, ihn zu heiraten.
Hätte ich auch nur ein Quäntchen Entschlossenheit gehabt, hätte ich an diesem Tag die Verlobung gelöst.
Aber Kenneth starrte mich nur aus
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