Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
Stiefvater scheint ein sehr entschlossener Mann zu sein.«
Tessa nickte. »Allerdings, das ist er.«
»Nun ja«, sagte Lady Penwyck, bemüht, einen fröhlicheren Ton anzuschlagen, »nachdem der Opernball morgen Abend dein letztes Fest hier ist, müssen wir etwas ganz Besonderes daraus machen. Unsere Kostüme wurden heute geliefert. Sollen wir sie uns anschauen?«
Als Tessa sich am folgenden Abend für den Maskenball umzog, erschien Lady Penwyck in ihrem Zimmer mit mehreren grünen Samtkästchen, die mit kostbaren Juwelen gefüllt waren.
»Uns ist aufgefallen, dass du sehr wenig Schmuck trägst, mein Liebes.« Vorsichtig stellte Lady Penwyck die offenen Schatullen vor Tessa auf dem Frisiertischchen ab. »Ich erinnere mich, dass deine Mutter ein paar herrliche Stücke besaß, ich hätte eigentlich erwartet, dass sie an dich übergegangen wären.«
Tessa presste die Lippen zusammen. Wieder einmal musste sie mit den Tränen kämpfen. Lady Penwyck sah Tessa aufmerksam an. »Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt, mein Kind?«
Rasch drängte Tessa die Tränen zurück. »Der Schmuck ist herrlich, Tante Alice. Danke, dass du ihn mir leihst.«
»Ich leihe ihn dir nicht, mein Liebes«, erwiderte Lady Penwyck. Sie steckte bereits in ihrem Kostüm, einer rosa Satinrobe über einem riesigen Reifrock. Eine gewaltige weiße Perücke, geschmückt mit Bändern, diversen Wachsfrüchten und einem Vogelbauer vervollständigte das Ensemble aus dem 18. Jahrhundert. »Ich möchte, dass du dir etwas aussuchst, als Geschenk von uns.«
»Oh, aber das geht doch nicht!« protestierte Tessa.
»Ich bestehe darauf.«
Mit einem zittrigen Lächeln trat Tessa zu den Samtschatullen, um den Schmuck darin zu betrachten. Sie griff nach einem Saphirring und hielt ihn unters Licht.
»Mama hatte einen ganz ähnlichen.«
»Nicht einen ähnlichen, den gleichen«, erwiderte Lady Penwyck. »Zu unserem Debüt haben wir beide diese Saphirringe bekommen. Es wundert mich, dass Heien ihren nicht behalten hat.« Sie lachte gutmütig. »Wir haben nämlich feierlich gelobt, sie immer zu tragen.«
Tessa sagte nach langem Schweigen: »Mama hat ihren tatsächlich immer getragen. Und jetzt liegt der Ring in ihrer Schmuckschatulle.«
Lady Penwyck berührte Tessa mitfühlend am Arm.
Wieder stiegen Tessa Tränen in die Augen.
»Möchtest du es mir erzählen, Kind?«
Tessa schluckte schwer. »Mein… mein Stiefvater hat mir verboten, Mamas Sachen anzurühren. Als sie starb, bestimmte er, dass alles, ihr Schmuck, ihr Handarbeitskorb, ihre Bücher, an Davids Frau übergehen sollten.
Ich…«, wieder schluckte sie, »… bekam nichts.«
»Mein liebes Kind!« Lady Penwyck nahm die weinende Tessa in die Arme und wiegte sie sanft.
Schließlich entwand Tessa sich ihr. »Bitte verzeih. Ich hätte nichts sagen sollen.« Sie lächelte unter Tränen. »Aber ich bin so traurig, weil ich aus England fort muss. Ich habe mich hier so wohl gefühlt, ihr wart so nett zu mir. Das werde ich euch nie vergessen.« Sie zog ihr Taschentuch hervor und tupfte sich Augen und Nase ab. »Mama hat mir schon ihre Diamantentiara gegeben, also ist es nicht so, als hätte ich gar nichts von ihr. Ich habe sie auf meinem Debütball getragen.«
»Ich erinnere mich. Sie stand dir wunderbar. Aber ich verstehe, warum du gern noch mehr Sachen gehabt hättest, die dich an sie erinnern.« Lady Penwyck blickte in ihre Juwelenschatulle. »Ich möchte, dass du den ganzen Schmuck bekommst, vor allem das hier.« Sie griff nach dem glitzernden Ring und drückte ihn Tessa in die Hand. »Jetzt musst du ihn immer tragen.«
»Aber bestimmt sind all diese Sachen für Lord Penwycks Braut bestimmt.«
»Für die Braut meines Sohnes habe ich noch jede Menge anderen Schmuck. Das hier ist für dich.«
Tessa lächelte. »Das ist wirklich lieb von dir, Tante Alice. Ich hätte wirklich nichts sagen sollen.« Doch dann schob sie den Saphirring auf ihren Finger und lächelte stolz.
Lady Penwyck sagte: »Er soll dich immer an dein Londoner Debüt erinnern.«
Tessa sagte den Ball nicht ab. Sie entschloss sich, ihren letzten großen Ball in London zu genießen.
Von ihrem Kostüm war sie begeistert. Das fließende Gewand war aus hellblauer Seide, und über ihrer Brust kreuzten sich goldene Borten, die hinten in der Taille gebunden waren. Tessa fand, dass sie ihre Figur sehr hübsch betonten. Sie hatte sich für ihre Lieblingsfrisur entschieden und die glänzenden Haare aufgesteckt, während ihr ein paar
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