Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
hübscher junger Mann. Heien lernte ihn bei ihrem Debütball kennen und hat danach jeden anderen Verehrer abgewiesen. Es war alles furchtbar romantisch!«
Tessa lächelte. Sie mochte die Jugendfreundin ihrer Mutter. Lady Penwycks verschmitzte braune Augen und ihre freundliche Art erinnerten sie an einen vergnügt vor sich hin pfeifenden Zaunkönig.
»Was für eine herrliche Zeit deine Mutter und ich doch als Mädchen hatten«, sagte Alice begeistert. »Die Oper, die vielen Einkaufsbummel, die Bälle und Frühstücke. Aber du und ich, mein Kind, wir werden es auch schön haben. Ich freue mich ja schon so darauf, dich in die Gesellschaft einzuführen!«
Tessa zuckte zusammen. Sie war nicht nach London gekommen, um ihre Zeit in einem geistlosen Wirbel von Einkäufen und Bällen zu verschwenden. Sie musste einen geeigneten Weg finden, wie sie Lady Penwyck von ihren wahren Absichten in Kenntnis setzen konnte. Bis dahin entschloss sie sich zu schweigen.
»War die Überfahrt sehr langweilig?« fragte Lady Penwyck. »Ach, ich kann mir gar nicht vorstellen, so lange an Bord eines Schiffes eingepfercht zu sein. Du hättest uns benachrichtigen sollen, als ihr vor Anker gingt. Harrison hätte dich am Hafen abgeholt. Ach je.« Das Lächeln machte einem besorgten Stirnrunzeln Platz. »Ich hoffe bloß, Harrison stört sich nicht schrecklich daran, dass du…
aber schließlich bist du ja wohlbehalten hier eingetroffen, also macht es wohl nichts.«
»Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten herzufinden, Tante Alice«, beeilte sich Tessa zu sagen. »An der Straße standen eine ganze Menge Droschken bereit. Ich habe dem Kutscher einfach gesagt, wo ich hin will, und…«
»Wie findig du doch bist! Ich muss zugeben, dass ich es nicht gewohnt bin, mich um eine junge Dame zu kümmern.
Zum Glück haben wir ja Harrison. Er ist ein sehr korrekter junger Mann, der genau weiß, wie man sich zu benehmen hat.« Sie strahlte Tessa an, sprang dann plötzlich auf und eilte quer durch den Raum, um den Klingelzug energisch zu betätigen.
»Du hast sicher Durst! Ich werde Jenkins bitten, uns eine schöne Kanne Tee zu bringen. Harrison erwartet Mr.
Winslow. Ich habe die Herren gebeten, sich zu uns zu gesellen…« Wieder glitt ein besorgter Blick über ihre Züge.
»Das heißt, ich glaube zumindest, dass ich sie gefragt habe.
Ach herrje…«
Tessa fragte sich gerade, wer Harrison wohl sein mochte, als männliche Stimmen im Flur die Ankunft der Herren ankündigten.
»Ah, da sind sie ja! Habe ich sie also doch gefragt!«
Lady Penwyck strahlte und sah dann an Tessa vorbei zur Tür. »Mein lieber Harrison, das ist die Tochter meiner guten Freundin Heien, Miss Tessa Darby.«
Tessa stand mit dem Rücken zu den Neuankömmlingen.
Sie holte tief Luft, bevor sie sich umdrehte… und stand jenem Gentleman gegenüber, der sie an der Tür so zornig zurechtgewiesen hatte. Ängstlich hielt sie den Atem an.
Doch zu ihrer Überraschung sagte der Gentleman nur kühl: »Wie geht es Ihnen, Miss Darby? Anscheinend muss ich mich bei Ihnen entschuldigen.«
Alice blickte neugierig zwischen ihrem Sohn und Tessa hin und her.
»Ich… begegnete Miss Darby an der Tür, Mutter.
Anscheinend…«, hier warf er Tessa einen viel sagenden Blick zu, »… habe ich sie mit jemandem verwechselt. Ich bitte um Verzeihung, Miss Darby.«
Tessa rang sich ein höfliches Nicken ab. Warum unterschlug der Herr, dass er sie im Park gesehen hatte?
Lord Penwyck hatte sich seinem Begleiter zugewendet, einem recht korpulenten älteren Herren.
»Miss Darby wird die Saison über bei uns wohnen«, sagte er.
»Mr. Winslow ist Harrisons Anwalt«, teilte Alice Tessa mit.
Tessa lächelte den ältlichen Mann an, während Lord Penwyck für sich und seinen Gast Stühle heranzog. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Harrison sie ziemlich scharf musterte. Das feste Kinn nachdenklich auf die schlanken Hände gestützt, starrte er sie finster an.
Mit einem verächtlichen Naserümpfen wandte Tessa sich von dem arroganten Mann ab und schenkte ihre Aufmerksamkeit seiner Mutter.
»Miss Darbys Vater ist Senator«, sagte Lady Penwyck gerade, »und ein einflussreicher Mann. Außerdem ist er auch ein formidabler Reiter, nicht wahr, meine Liebe?«
»Ja, das stimmt«, erwiderte Tessa eifrig. »Die Darbys züchten schon seit vielen Jahren Vollblüter.«
»In ihrem letzten Brief schrieb Heien, dass dein kleiner Bruder David ebenfalls politischen Ehrgeiz entwickelt, dass…«
»Anscheinend verfügt die
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