Corbins 01 - Wer Das Paradies Nur Finden Will ...
sie auch, ihr Kleid vom Bügeln
abzuholen. Am nächsten Tag fand nach dem Schlittschuhlaufen eine Party statt,
und Banner wollte so hübsch wie möglich sein, selbst wenn Adam nicht anwesend
war. Als Ärztin war ihr bewußt, daß jeden Augenblick ein Notfall auftreten
konnte und ihr dann vielleicht keine Zeit blieb, das Kleid abzuholen.
»Ich würde lieber zuerst zur
Wäscherei gehen«, antwortete sie.
Jeff nickte und bot ihr seinen Arm.
»Wie gut kennen Sie Temple Royce?« fragte er gelassen.
»Nicht besonders gut.« Jeffs Frage
erinnerte Banner an die Feindseligkeit, die sie im Laden zwischen den beiden
Männern gespürt hatte. »Sie mögen ihn nicht, oder?«
»Das ist stark untertrieben«,
erklärte Jeff in hartem Ton. »Ist er Ihnen sympathisch, Banner?«
Sie dachte nach. »Darüber habe ich
mir noch keine Gedanken gemacht. Er ist mir ziemlich gleichgültig, glaube ich.«
Banner hatte nicht gemerkt, wie Jeff
sich innerlich versteifte. Erst jetzt, als sich seine Muskeln lockerten, fiel
es ihr auf. »Gut«, sagte er erleichtert. Dann hatten sie Wung Los Wäscherei
erreicht, und Jeff hielt die Tür für Banner auf.
Drinnen war es heiß und feucht, und
es roch angenehm nach Stärke. Dampf stieg von verschiedenen Waschkeseln hinter
der Theke auf, und eine Reismühle drehte sich knarrend. Die Regale waren mit
exotischen Teesorten gefüllt, Reistüten und Bündeln von sauberer, sorgfältig
eingepackter Wäsche.
Wung Lo begrüßte Banner lächelnd und
gab ihr unter unzähligen Verbeugungen zu verstehen, daß ihr Kleid leider,
leider noch nicht fertig sei.
Banner und Jeff schauten zu, wie er
ein Bügelbrett heranzog, das Kleid holte und es auf dem Brett ausbreitete.
Dann füllte er seinen Mund mit Wasser, spuckte auf Banners geliebtes Kleid und
stellte das Eisen auf die feuchte Stelle.
Jeff erstickte fast vor Lachen, als
er Banner entsetzte Miene sah. »Erstaunlich«, bemerkte er leise. »Aber sehr
wirkungsvoll.«
Banners Augen weiteten sich, als der
Chinese immer wieder seinen Mund füllte und auf das Kleid spuckte. Dabei
bewegten sich eine kleinen, flinken Hände unaufhörlich, und als er fertig war,
sah das Kleid wie neu aus.
»Ich bringen zu Missys Haus?« fragte
Wung Lo strahlend.
Banner hätte das Kleid lieber
mitgenommen, aber sie befürchtete, es auf dem Weg erneut zu zerknittern.
Außerdem wollte sie noch mit Jeff essen gehen.
»Liefern Sie es bitte in die
Residenz der Familie Corbin«, sagte Jeff und legte einige Münzen auf die
Theke. »Heute noch.«
»Heute«, bestätigte Wung Lo heiter.
Auf der Straße steckte Banner ihr
Paket unter den Arm, um in ihrer Tasche nach Münzen zu suchen, weil sie Jeff
zurückzahlen wollte, was er für sie ausgelegt hatte.
Jeff nahm ihr das Paket ab und
schüttelte den Kopf. »Lassen Sie das!« erklärte er entschieden.
Doch sobald sie im Restaurant saßen,
nahm Banner die entsprechende Summe aus der Tasche und legte sie wortlos auf
den Tisch.
Jeff ignorierte das Geld während der
ganzen Mahlzeit, die ausgesprochen gut war. Banner hatte noch nie Geflügelpastete
probiert und aß jetzt mit einem solchen Appetit, daß Jeff ihr anbot, eine
zweite Portion zu bestellen.
Nach einem stummen Vortrag über
damenhaftes Verhalten lehnte Banner bedauernd ab und begnügte sich mit dem
Apfelwein, der heiß serviert wurde, gewürzt mit Zimt und Zucker, und ganz
köstlich schmeckte.
»Sie scheinen sich sehr wohl zu
fühlen«, bemerkte Jeff, als die Serviererin das leere Geschirr abräumte.
Banner lächelte. »Das macht Ihre
Gesellschaft, Kapitän Corbin.«
Er erwiderte ihr Lächeln, aber es
haftete ihm etwas Trauriges an. »Wirklich?«
»Ja«, versicherte Banner gerührt.
Jeff berührte ihre Hand, aber dann
zog er sie so hastig zurück, als bereute er die Geste schon. »Es stört Sie hoffentlich
nicht, daß ich Wung Lo gesagt habe, er solle das Kleid zu uns nach Hause
bringen. Mama und Melissa hoffen, Sie würden bei uns übernachten.«
Da Melissa Banner längst dazu
überredet hatte, nickte sie nur zustimmend. Im Grunde war Banner froh, nicht in
ihr karges Hotelzimmer zurückkehren zu müssen, wenn auch nur für kurze Zeit.
Ein kurzes Schweigen entstand, das
Banner mit einem erschrockenen Ausruf brach.
»Was ist?« fragte Jeff besorgt.
»Ich habe vergessen, ein Geschenk
für Clarence zu besorgen!«
Jeff schüttelte lachend den Kopf.
»Das geht natürlich nicht. Was wollen Sie unserem bezaubernden jungen Spieler
denn schenken, Banner?«
Sie hatte an ein Exemplar
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