Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
Olivia nach St. Louis fahren, werden sie dich in meiner Obhut
zurücklassen.«
»Ich brauche niemanden, der auf mich
aufpaßt.«
Rod ignorierte ihre Worte und
seufzte nur ungeduldig. Doch als die Kutsche vor dem Hotel anhielt, zeigten
beide beim Aussteigen eine geradezu rührende geschwisterliche Eintracht.
»Ich verachte dich«, flüsterte Tess
strahlend, als Rod ihr aus der Kutsche half.
Rod küßte ihre Hand.
»Wenn ich ungestraft davon käme«,
flüsterte er zurück, »würde ich dir mit Freuden deinen schlanken Hals umdrehen, Darling.«
Der Hausierer, der in einiger
Entfernung stand, hatte nur das letzte Wort gehört, aber die Szene selbst sagte
ihm genug.
Der Schauspieler. Verdammt, und er
hatte sich den Kopf über Tess zerbrochen und war ihretwegen sogar
zurückgekommen! Und sie ließ sich von diesem eingebildeten Schauspieler
hofieren!
Keith Corbin empfand großes Mitleid
mit sich selbst. Tess' schockierte Miene, als sie ihn erblickte, tröstete ihn
ein wenig. Warum leuchteten ihre Augen bei seinem Anblick auf?
»Keith!« rief sie, scheinbar
entzückt, als wäre sie tatsächlich froh über das Wiedersehen.
Keith brachte es nicht über sich,
sie anzuschauen. Er wandte sich an den Schauspieler, der ein bißchen blaß
geworden war. »Wir werden uns wiedersehen«, sagte er in leisem, drohendem Ton.
»Leider«, erwiderte Waltam.
Keith beglückwünschte sich zu seiner
Vernunft und seiner Fähigkeit, die Fehler anderer zu übersehen. Schließlich
war er dazu erzogen worden, in jeder Situation die Beherrschung zu wahren.
Er packte Roderick an den
Rockaufschlägen und schleuderte ihn hart gegen die Mauer des Grand Hotels. Und
das vor Tess und einer Menge gaffender Passanten.
Tess warf sich wie ein wütender,
erschreckter Vogel auf ihn, umklammerte seinen Arm und rief wieder und wieder
seinen Namen.
Was Keith' Wut nur noch mehr
anstachelte.
Er versetzte dem Schauspieler einen
Faustschlag in den Magen und lächelte grimmig, als er den lauten Schmerzensschrei
vernahm, der darauf folgte.
Tess trat zwischen die beiden
Männer. Ihre haselnußbraunen Augen standen voller Tränen, und das brachte
Keith ein wenig zur Besinnung.
»Du Biest!« sagte sie.
Und bevor er antworten konnte, waren
sie neben ihm, die Arme verschränkt, die blauen Augen von triumphierendem
Glanz erfüllt. Seine Brüder.
Keith zog lächelnd seinen Hut. Es
war ihm bewußt, daß Tess ihren keuchenden Verehrer in die Hotelhalle zog, aber
dagegen konnte er im Moment nichts unternehmen.
»Hallo, Keith«, sagte Adam gelassen.
Keith grinste breit und riskierte
einen Blick auf seinen Bruder Jeff, der mit wütendem Gesicht neben Adam stand.
Verdammt, dachte Keith, meinte
jedoch lächelnd: »Ich habe euch schon überall gesucht!«
Zwölf
Während der nächsten beiden Tage begegnete
Tess keinem der Corbin-Brüder. Wenn sie an der Suite vorbeiging, hörte sie
des öfteren Geschrei, Gelächter oder das dumpfe Klicken von Billardkugeln, aber
keiner der drei Männer ließ sich sehen.
Tess beschäftigte sich mit der
Renovierung ihres Ladens und las die Bücher, die Mister Lathrop hinterlassen
hatte. Nachts, wenn der Schlaf sich nicht einstellen wollte, las sie Cedrick
Goldens Stück.
Es war erstaunlich gut, so gut, daß
Tess es ihrer Mutter zeigte, die als ehemalige Schauspielerin eine Autorität in
diesen Fragen war.
Olivia las das Manuskript mit
Interesse. »Die Rolle der Marietta Blake ist perfekt für dich«, sagte sie eines
Tages zu Tess. »Und ja — selbst wenn es nur eine Nebenrolle ist, kann ich mir
Rod durchaus als Colonel Wilmington vorstellen.«
Olivia sprach sehr liebevoll von
Rod, fast, als sei er ihr eigener Sohn, und warum auch nicht? Während er sich
bei Tess ein Vergnügen daraus machte, sie an ihre uneheliche Geburt zu
erinnern, verwöhnte und verhätschelte er Olivia, und niemand hätte je gedacht,
daß er ihr etwas Böses wünschte. Vielleicht tat er es auch nicht. Rod schien
kein nachtragender Mensch zu sein. Keith Corbins brutalen Angriff vor dem Hotel
hatte er bisher mit keinem Wort erwähnt.
»Ich will nicht Theater spielen«,
sagte Tess leise. »Ich bin keine Schauspielerin.«
»Ich bin froh, daß du das sagst. Das
Leben einer Schauspielerin ist nicht leicht, Tess.«
»Ich werde meinen Laden eröffnen,
pünktlich zum vorgesehenen Termin.«
»Gut«, antwortete Olivia. Dann kam
Asa herein, und augenblicklich richtete sich die Aufmerksamkeit ihrer Mutter
auf ihn. Tess kam sich so überflüssig vor, daß sie still
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