Cordina's Royal Family 1-4
hinaufstieg und einen Arm um Hannah legte. „Ich bringe Sie nach draußen.” Sobald sie außer Hörweite waren, schlug er einen professionellen Ton an. „Was ist passiert?”
Ihre Knie zitterten, aber sie zwang ihre Stimme zu einem ruhigen Tonfall und gab ihren Bericht. „Das Ganze kann nicht länger als fünf Minuten gedauert haben.” Es war ihr wie Stunden erschienen.
„Pech, dass Bennett Sie gefunden hat. Dennoch wird die Geschichte halten. Er hat den Ruf eines ausgezeichneten Schützen. Ich brauche ihn jetzt nur noch zu beruhigen.” Reeve seufzte. Er kannte seinen Schwager.
„Wir gehen das morgen früh noch einmal durch, damit sie Deboque eine möglichst vorteilhafte Story liefern können.”
„Er wird mir nie verzeihen.”
Reeve wusste instinktiv, dass sie nicht von Deboque sprach. „Bennett ist weder ungerecht noch hartherzig. Er wird wütend sein, weil er nicht informiert wurde, aber er wird nicht Ihnen die Schuld geben.”
„Wirklich nicht?” Hannah trat durch die Tür in die Nachtluft hinaus, ohne sich umzublicken.
Hannah saß am Fenster und blickte hinaus in den Garten. Eine Stunde war vergangen, dann zwei, während sie das Wechselspiel des Mondlichts beobachtete. Im Palast war es ruhig. Vielleicht waren die anderen zurückgekommen, aber sie hätte sie nicht gehört, weil ihre Zimmer auf der rückwärtigen Seite lagen. Die schönste Aussicht und die ruhigsten Fleckchen waren stets den Gästen vorbehalten.
Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Bennett auf Reeves Erklärungen reagiert haben mochte. Aber er würde nicht Reeve die Schuld daran geben. Die Schuld würde er bei ihr sehen, das wusste Hannah, und sie ließ es gelten. Am Morgen würde er wahrscheinlich verlangen, sie unter vier Augen zu sprechen. Sie würde seine Wut und seine Kälte hinnehmen, sich aber nicht dafür entschuldigen, wer und was sie war.
Sie liebte ihn. Jetzt würde er ihr das kaum glauben, wenn sie das Recht hätte, es ihm zu sagen. Sie wäre heute Nacht für ihn gestorben, nicht nur aus einer Pflicht heraus, nicht nur aus einem Ehrgefühl, sondern aus Liebe. Jetzt würde er das niemals verstehen oder glauben. Vielleicht war es das Beste so. Wenn ihr die Gefühle für ihn außer Kontrolle geraten waren, dann war es besser und sicherer, wenn seine Gefühle für sie erloschen waren.
Noch hatte sie eine Mission zum Abschluss zu bringen und eine zwei Jahre währende Arbeit zu beenden.
Hannah legte den Kopf auf die Fensterbank und wünschte, sie wäre in London, wo die Nacht kalt und feucht war und der Geruch des Flusses in der Luft hing.
Bennett klopfte nicht. Hannah saß in ihrem Zimmer auf der Fensterbank, hatte die Arme verschränkt und den Kopf darauf gelegt. Sie trug das Haar offen, so dass es über die Schultern und den Rücken ihres schlichten weißen Hausmantels fiel. Man hätte sie für eine Frau halten können, die in der Nacht verloren war. Bennett glaubte nicht länger, was er sah, und nur wenig von dem, was er fühlte. Als er die Tür hinter sich schloss, stand Hannah auf.
Sie hatte ihn nicht in dieser Nacht erwartet. Ein Blick in sein Gesicht, und sie bereitete sich auf das Schlimmste vor.
„Sie haben mit Reeve gesprochen?”
„Ja.”
„Und mit Ihrem Vater?”
Er zog die Augenbrauen hoch. Obwohl er sein Jackett abgelegt hatte, konnte er auf Wunsch ganz Prinz sein. „Wir werden morgen miteinander sprechen, obwohl das nicht mehr Sie betrifft.”
Sie nickte. „Nur insofern, als es meine Position in diesem Moment angeht.”
„Obwohl Ihnen das offenbar nicht bekannt ist, bin ich kein Narr. Ihre Position bleibt.” Er zog die kleine Pistole aus seiner Tasche, trat an ihr Bett und warf sie darauf. „Ihr Eigentum.”
Nein, ihr wurde nicht verziehen. Sie hatte geglaubt, sich damit abfinden zu können. Sie konnte es nicht. „Danke.” Genauso kühl wie er legte sie die Waffe in die Schublade des Nachttisches.
„Sie sind eine exzellente Schützin, Lady Hannah.”
„Ich wurde gut trainiert.”
Er umfasste ihr Kinn. „Ja, bei Gott. Welche anderen Talente haben Sie noch? Betrug ist sicher eines der hervorstechendsten. Wie viele verschiedene Frauen können Sie sein?”
„So viele, wie mein Job es erfordert. Wenn Sie mich entschuldigen, ich bin sehr müde.”
„O nein.” Mit der anderen Hand fasste er in ihr Haar. Er dachte daran, was sie ihm an einem Abend zugemutet hatte. Sorge, blankes Entsetzen und Betrug. „Ich fürchte, ich falle darauf nicht mehr herein. Für mich jedenfalls
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