Cordina's Royal Family 1-4
gebracht hatte.
Auch wenn ihre Leibwächter sie so erfolgreich abgeschirmt hatten, dass sie mit einem letzten Rest von Würde in die wartende Limousine hatte schlüpfen können, hatte sie innerlich geschrien.
Lasst mir doch wenigstens Luft zum Atmen. Um Himmels willen, macht mir ein bisschen Platz.
Und auch als sie jetzt, zwei Stunden später, in ihrer Luxussuite hoch über Washington, D. C., auf und ab ging, hatte sie sich immer noch nicht beruhigt.
Weniger als drei Autostunden von hier in Richtung Süden lag die Farm, auf der sie einen Teil ihrer Kindheit und Jugend verbracht hatte. Mehrere tausend Meilen weiter östlich, jenseits des Ozeans, lag das kleine Land, in dem sie den anderen Teil verbracht hatte. Ihr Leben war aufgeteilt zwischen diesen beiden Welten. Obwohl sie beide gleichermaßen liebte, fragte sie sich doch hin und wieder, ob sie wohl je in einer von beiden ihren Platz finden würde.
Auf jeden Fall wurde es Zeit – höchste Zeit –, dass sie ihn fand.
Vorher jedoch musste sie sich erst einmal selbst finden. Aber wie konnte sie das, wenn sie ewig umzingelt war? Ja, schlimmer noch, wenn sie das Gefühl hatte, dass man sie wie ein Wild jagte? Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn sie nicht die Älteste der drei jungen Frauen der nachwachsenden Generation der cordinianischen Prinzessinnen gewesen wäre und diejenige, zu der man sich am leichtesten Zugang verschaffen konnte, weil sie einen amerikanischen Vater hatte und eine gewisse Zeit im Jahr in den Vereinigten Staaten verbrachte.
Aber es war nicht anders, sondern so, wie es war. Und im Augenblick erschien es ihr, als ob ihr ganzes Dasein nur aus Diplomatie, Protokoll und Medien bestünde. Aus Bitten, die man an sie richtete, Eingaben, Terminen, Verpflichtungen. Gerade hatte sie als stellvertretende Vorsitzende einer Stiftung für behinderte Kinder diese Wohltätigkeitsgala organisiert – eine Aufgabe, die sie sich mit ihrer Mutter geteilt hatte.
Sie glaubte an das, was sie tat, sie war fest überzeugt, dass sich die Mühe lohnte. Aber musste der Preis wirklich so hoch sein?
Die Organisation dieser Wohltätigkeitsgala hatte Wochen in Anspruch genommen, und am Ende hatte sie sich vor lauter Erschöpfung gar nicht mehr über die Früchte ihrer Arbeit freuen können.
Wie sie sich von all diesen Kameras, diesen vielen Gesichtern in die Enge getrieben gefühlt hatte!
Sogar von ihrer Familie – Gott schütze sie – fühlte sie sich in letzter Zeit eingeengt. Darüber mit ihrer persönlichen Assistentin zu sprechen schien unloyal, undankbar und unmöglich. Aber ihre Assistentin war zugleich ihre langjährige und beste Freundin und Vertraute.
„Ich bin es wirklich leid, mein Gesicht ständig auf allen Illustrierten zu sehen und von irgendwelchen Romanzen, die man mir andichtet, zu lesen.
Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr mir das al es zum Hals heraushängt, Marian.”
„Mit Geschichten über Königshäuser, Schönheit und Sex verkaufen sich Zeitschriften eben besser. Und wenn man die drei Faktoren kombiniert, kommt man mit dem Drucken nicht mehr nach.” Marian Breen war eine praktische Frau, was sich auch in ihrem Tonfall widerspiegelte. Da sie und Camilla sich schon seit ihrer Kindheit kannten, schwang darin eher Belustigung als Ehrerbietung mit. „Ich weiß, es war ein schrecklicher Abend, und ich kann es dir nicht verdenken, dass du fix und fertig bist. Ich würde wirklich gern wissen, wer es hat durchsickern lassen, welchen Ausgang…”
„Das ist doch jetzt auch egal. Passiert ist passiert.”
„Sie sind wie die Jagdhunde”, meinte Marian. „Aber du bist eben eine Prinzessin von Cordina … einem Land, bei dem vor allem Amerikaner an Märchen denken. Du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, was heißt, dass du wunderschön bist. Und die Männer fühlen sich von dir angezogen wie die Schnäppchenjäger von Sonderangeboten. Davon leben die Medien, besonders der aggressivere Teil.”
„Der Adelstitel ist ebenso wenig mein Verdienst wie mein Aussehen. Und was die Männer betrifft …” Camilla machte eine unwirsche Handbewegung, als wollte sie damit das gesamte männliche Geschlecht beiseite fegen.
„Keiner von ihnen meint wirklich mich. Was sie anzieht, ist nur das Äußere genau das, was dazu beiträgt, dass sich diese idiotischen Illustrierten verkaufen.”
„Eine absurde Situation.” Da Camilla sie am Zubettgehen hinderte, naschte Marian von den Weintrauben aus der überquellenden Obstschale,
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