Cordina's Royal Family 1-4
tun und in nicht allzu ferner Zukunft – wie es die Medien ständig prophezeiten – einen dieser Lackaffen heiraten, die für eine Frau ihres Standes als passend erachtet wurden und … einfach weitermachen?
Sie presste die Lippen aufeinander, riss so entschlossen den Kopf hoch, dass ihre Freundin erschrocken nach Luft schnappte, griff nach einer langen Strähne – und schnitt sie ab.
„Oh nein!” Marian, der die Knie weich geworden waren, ließ sich auf einen Stuhl sinken. „Oh Camilla!”
„Es sind doch nur Haare.” Aber ihre Hand zitterte leicht. Ihr Haar gehörte so zu ihr, dass es fast war, als hätte sie sich eine Hand abgehackt. Sie blickte auf die lange rote Strähne, die zwischen ihren Fingern baumelte.
„Den Rest erledige ich im Bad. Aber hinten könnte ich ein bisschen Hilfe gebrauchen.”
Schließlich gab sich Marian dann doch noch einen Ruck und gesellte sich zu Camilla, wie es sich für eine gute Freundin geziemte. Am Ende der Aktion war der ganze Boden im Bad mit Haaren bedeckt, und Camilla musste ihr Bild von sich selbst komplett überarbeiten. Ein Schnipp hier, ein Schnapp dort. Einen Schluck Wein zur Stärkung. Und noch ein Schnipp, damit es gleichmäßig war. Am Ende waren ihre Haare so kurz wie die eines Jungen, mit langen Stirnfransen zum Ausgleich.
„Es ist schrecklich … na ja … anders”, sagte Camilla mühsam, während sie sich im Spiegel betrachtete.
„Ich fange gleich an zu heulen.”
„Untersteh dich.” Sie selbst würde es auch nicht tun, schwor sich Camilla. „Ich muss mich umziehen und ein paar Sachen zusammenpacken. Ich bin sowieso schon zu spät dran.”
Sie packte alles ein, was ihr wichtig erschien, und war gleichermaßen überrascht wie beschämt, weil die Sachen einen Koffer und eine riesige Reisetasche bis zum Platzen füllten. Sie zog Jeans, Stiefel und einen Pullover an und darüber einen langen schwarzen Mantel.
Sie erwog, eine Sonnenbrille und einen Hut aufzusetzen, entschied sich dann aber dagegen, weil es eher verkleidet als unauffällig gewirkt hätte.
„Und? Wie sehe ich aus?” fragte sie.
„Nicht wie du.” Marian schüttelte den Kopf und ging zweimal um Camilla herum.
Der jungenhafte Haarschnitt bewirkte eine drastische Veränderung in Camillas Aussehen, wenngleich auch eine faszinierende, wie Marian zu ihrer Überraschung gestehen musste. Durch das kurze Haar wirkten Camillas große goldbraune Augen noch größer und irgendwie verletzlicher.
Der Pony verdeckte die Stirn und verlieh dem Gesicht eine jugendlich frische Note, die hohen Wangenknochen wurden betont. Ohne Make-up sah man Camillas zarten blassen Teint, und der große Mund wirkte voller.
Statt kühl, zurückhaltend und würdevoll erschien sie jetzt jung, sorglos und fast ein bisschen leichtsinnig.
„Überhaupt nicht wie du”, wiederholte Marian. „Ich würde dich zwar erkennen, aber nicht auf den ersten Blick. Ich müsste nochmal hinschauen.”
„Das reicht.” Camilla sah auf die Uhr. „Wenn ich jetzt fahre, kann ich bis morgen früh schon ganz schön weit weg sein.”
„Wohin willst du eigentlich?”
„Keine Ahnung. Irgendwohin.” Camilla legte der Freundin die Hände auf die Schultern und gab ihr erst auf die eine, dann auf die andere Wange einen Kuss. „Mach dir keine Sorgen.
Ich melde mich. Versprochen. Und denk daran, dass sogar eine Prinzessin irgendwann mal ein Anrecht auf ein kleines Abenteuer hat.” Sie lächelte.
„Vielleicht sogar gerade eine Prinzessin. Versprich mir, bis morgen früh keinem Menschen etwas zu sagen – und dann auch nur meiner Familie.”
„Ich tue es zwar nicht gern, aber ich verspreche es.”
„Danke.” Camilla hievte die Reisetasche hoch, dann ging sie durchs Zimmer, um den Koffer aus dem Schlafzimmer zu holen.
„Warte. Lauf nicht so.” Verblüfft drehte sich Camilla um. „Wie ,so’?”
„Wie eine Prinzessin. Beweg dich ein bisschen lässiger, schwing ein wenig die Hüften. Ich weiß auch nicht, Cam, du musst eben wie ein ganz normales Mädchen gehen. Nicht, als würdest du schweben.”
„Oh.” Camilla rückte den Riemen ihrer Reisetasche auf der Schulter zurecht und versuchte es. „So?”
„Ja, schon besser.” Marian tippte sich mit einem Finger an die Lippen.
„Du darfst nur einfach nicht so steif und würdevoll gehen, als ob du einen Stock verschluckt hättest.”
Camilla übte noch, gab sich Mühe, lockerer, entspannter zu schlendern.
„Bald hab ich’s drauf”, versprach sie. „Aber jetzt muss
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