Corkle 1
Mützen, Hemden – allem, was dazugehört.« Er schloß den Schrank und öffnete den nächsten. »Das sind Militäruniformen, amerikanische, britische, französische und westdeutsche. Auch ostdeutsche, auf die die Vopos in Kürze umsteigen werden, wenn ich richtig informiert bin. Danach Polizeiuniformen, wie sie in Berlin getragen werden. Und hier sind Damenkleider – aus New York, London, Berlin, Chicago, Hamburg, Paris, Rom. Die Etiketten sind echt, die Stoffe auch. Mäntel, Unterwäsche, Schuhe – eine komplette Garderobe. Dann kommt zivile Männerkleidung: Anzüge von der Stange vom Kaufhof in Frankfurt, aus Chicago und Los Angeles und Kansas City und New York. Auch aus London, Paris, Marseille, Ostberlin, Leipzig, Moskau, fast von überall her. Hüte und Schuhe, Button-down-Hemden und welche mit Sportkragen. Anzüge mit drei Knöpfen, Zweireiher, Smokings und so weiter.«
Ich war beeindruckt und sagte es. Wohlgemuth lächelte stolz. »Wenn wir noch Zeit haben, Herr McCorkle, werde ich Ihnen gern auch unser graphisches Atelier zeigen.«
»Er meint seine Werkstatt für Dokumentenfälschung«, erklärte Padillo. »Ich habe sie schon einmal gesehen, sie ist gut. Vielleicht die beste, die es gibt.«
»Das glaube ich dir aufs Wort«, sagte ich.
»Ich bin soweit«, meldete sich Frau Koepler.
»Gut. Wer ist freiwillig der erste?« fragte Wohlgemuth.
»Mach du das mal«, sagte ich zu Padillo.
Er setzte sich auf den Stuhl vor dem Schminktisch, und Frau Koepler hüllte ihn in ein weißes Tuch von der Art, wie Friseure sie benutzen. Sie studierte sein Gesicht im Spiegel und bedeckte dann sein Haar mit einer Gummikappe, die auch über die Koteletten und bis in den Nacken reichte. Sie murmelte vor sich hin, neigte ihren Kopf zur einen und zur anderen Seite und wählte dann eine weiche Wachsmasse.
»Wir haben hier eine gerade, schmale Nase«, sagte sie. »Wir wollen sie etwas breiter machen und die Nasenlöcher etwas weiter.« Ihre Hände huschten geschickt über Padillos Gesicht. Sie klopften und tasteten und formten und modellierten. Als sie fertig war, hatte er eine neue Nase. Ich hätte ihn immer noch erkannt, aber sein Gesicht war verändert.
»Ihre Augen sind braun, und Ihr Haar ist schwarz. Wir werden bald braunes Haar haben und auch braune Augenbrauen.« Sie griff nach einer Tube und rieb etwas von ihrem Inhalt in Padillos Augenbrauen. Sie wurden braun – oder vielmehr schmutzigblond. »Jetzt der Mund. Er ist einer der wichtigsten Teile. Darf ich bitte die Zähne sehen?«
Padillo grinste sie breit an.
»Sie sind sehr weiß und bilden einen reizvollen Kontrast zu der ziemlich olivfarbenen Haut. Wir sollten sie ein bißchen fleckig machen, ihnen einen kräftigen gelben Schimmer geben, wie bei einem netten alten Pferd.« Sie drückte Paste auf eine Zahnbürste und reichte die Bürste Padillo. »Jetzt wollen wir uns sorgfältig die Zähne schrubben. In ein paar Tagen verschwindet es wieder von allein.«
Er schrubbte seine Zähne.
»Und jetzt zur Form des Mundes und der Wangen«, fuhr Frau Koepler fort. »Wir wollen sie ein bißchen aufblähen.« Sie paßte etwas fleischfarbenen Schwammgummi in seinen Mund ein. »Jetzt zubeißen. Jetzt öffnen. Jetzt hier und hier. Jetzt zubeißen. Wieder aufmachen. Wie Sie sehen, haben wir jetzt eine leicht herabhängende Unterlippe, rundere Wangen, und wir haben einen breiteren Mund bekommen. Er steht immer etwas offen, als ob wir leichte Atembeschwerden hätten. Wir wollen auch den Teint etwas aufhellen und ihn mit ein paar Äderchen durchziehen, wie bei einem starken Trinker.«
Frau Koepler öffnete einen kleinen weißen Topf, tauchte ihre Fingerspitzen in eine gräuliche Paste und begann, die Paste in Padillos Gesicht einzumassieren. Seine Haut nahm einen hefeartigen, fast krankhaften Ton an, so als ob er sich zu lange im Krankenhaus oder zu oft in einer Bar aufgehalten hätte. Unmittelbar neben die Koteletten klebte sie eine Schablone aus Pflaster und betupfte sie mit einem Wattestäbchen, das sie in eine Flüssigkeit getaucht hatte. Sie ließ die Flüssigkeit trocknen und schälte die Schablone ab. Padillos Kapillarvenen leuchteten als ein Gewirr von Violett und Rot. Sie wiederholte das gleiche auf der anderen Seite und begann dann mit etwas Ähnlichem an der Nasenspitze. »Hier nicht zuviel«, sagte sie. »Wir sind ein Freund von gutem Schnaps seit – na, sagen wir vielleicht fünfzehn Jahren. Etwa eine halbe Flasche täglich.« Sie löste die Schablone, und
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