Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
jedoch wieder in die Kissen zurück.
Allmählich wurde ihm bewußt, daß er sich viel ausgeruhter fühlte. Zum ersten Mal, seit er aufgebrochen war, seines Vaters Wunsch zu erfüllen, fühlte er sich wieder ganz erholt und voller Kraft. Selbst die dunklen Schatten, die ihn gequält hatten, schienen verschwunden.
Aber wie viele Tage hatte er geschlafen?
Er streckte sich im Bett aus und berührte einen warmen Körper neben sich, an seiner blinden Seite. Er drehte den Kopf und erkannte Rhalina. Ihre Augen waren geschlossen, und ihr Gesicht schien voll Frieden.
Er erinnerte sich seiner Träume und des Trostes, den ihre Nähe und Güte ihm geschenkt hatte, als der Schmerz in ihm sich einen Weg brach.
Rhalina hatte ihm geholfen, diesen Schmerz zu lindern. Er strich ihr mit seiner verbliebenen Hand über das schlafzerzauste Haar. Er empfand Zuneigung für sie, eine Zuneigung fast so stark wie jene, die ihn mit seiner Familie verbunden hatte.
Die Erinnerung an seine toten Verwandten ließ ihn seine Hand zurückziehen und nachdenklich den Stumpf seines linken Arms betrachten. Er war nun völlig zugeheilt und weiße Haut spannte sich leicht verzogen darüber. Er blickte zu Rhalina zurück. Wie konnte sie es nur ertragen, ihr Bett mit einem Krüppel zu teilen?
Während er sie noch betrachtete, öffnete sie die Augen und lächelte ihn an.
Er glaubte Mitleid aus dem Lächeln zu lesen, und Ärger stieg in ihm auf. Er begann aus dem Bett zu klettern, aber ihre Hand hielt ihn an der Schulter zurück.
»Bleib bei mir, Corum«, bat sie. »Jetzt brauche ich deinen Trost.«
Er hielt inne und wandte ihr mißtrauisch das Gesicht zu.
»Bitte, Corum. Ich glaube, ich liebe dich.«
Er runzelte die Stirn. »Liebe? Zwischen Vadhagh und Mabden? Liebe einer solchen Art?« Er schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Was sollte daraus werden?«
»Keine Kinder. Ich weiß. Aber aus Liebe erwachsen andere Dinge.« Sie blickte zu Boden.
»Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich, als er schwieg. »Ich dachte nur an mich selbst. Ich wollte den Augenblick nutzen.« Sie setzte sich auf. »Ich habe mit niemandem mehr mein Bett geteilt, seit mein Mann fortzog. Ich bin nicht - «
Corum musterte sie. Sie zog ihn an, obwohl er es sich nicht eingestehen wollte. Es war unnatürlich für den Angehörigen einer Spezies, solche Gefühle für den einer anderen zu empfinden.
Er beugte sich über sie und küßte ihren Busen. Sie legte ihre Hände um seinen Kopf. Gemeinsam sanken sie aufs Bett zurück und gaben sich einer sanften, zärtlichen Vereinigung hin und lernten einander verstehen, wie nur zwei wahrhaft Liebende es je vermögen.
Nach einigen Stunden sagte sie zu ihm. »Corum, du bist der Letzte deiner Rasse. Und ich werde nie mehr Menschen meines eigenen Volkes sehen, außer den wenigen Gefolgsleuten hier auf der Burg. Es ist sehr friedlich hier, und es gibt wenig, was diesen Frieden stören mag. Könntest du dich nicht entschließen, bei mir zu bleiben -wenigstens für ein paar Monde?«
»Ich habe geschworen, den Tod meiner Familie zu rächen«, erinnerte er sie sanft und küßte sie liebevoll auf die Wange.
»Solche Schwüre sind gegen deine Natur, Corum. Die Liebe liegt deinem Wesen näher als der Haß.«
»Ich kann dir darauf jetzt nicht antworten«, erwiderte er, »denn mein Leben wird mir unerfüllt erscheinen, solange ich Glandyth-a-Krae nicht zur Rechenschaft gezogen habe. Und es ist nicht so sehr der Haß, der mich treibt, wie du glaubst. Ich fühle mehr wie jemand, der bemerkt, wie sich eine Seuche unter den Pflanzen des Waldes ausbreitet. Dieser jemand wird die befallenen Bäume fällen, um den anderen eine Chance zu geben, gerade zu wachsen und gesund zu bleiben. So sehe ich auch Glandyth-a-Krae. Morden ist ihm zur Gewohnheit geworden. Nun, da er alle Vadhagh ausgerottet hat, wird es ihn dazu treiben, andere zu töten. Und wenn er keine Fremden mehr findet, wird er sich an den Qualen der armen Teufel weiden, die in König Lyra-Brodes Städten und Dörfern dahinvegetieren. Das Schicksal hat mir die Pflicht auferlegt, gegen dieses Ungeheuer vorzugehen.«
»Aber warum willst du von hier wegziehen? Früher oder später wirst du sicher erfahren, wo Glandyth sich aufhält, dann kannst du aufbrechen, ohne erst langen Irrwegen zu folgen.«
Er blickte sie nachdenklich an. »Vielleicht hast du recht.«
»Und du mußt auch erst lernen, nur mit einer Hand und einem Auge auszukommen, Corum. Das bedarf viel Übung.«
»Das stimmt.«
»So
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