Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
Streitmacht und krächzte auf wie vor plötzlicher Furcht, ehe er eilig hochflatterte und in den tiefhängenden Wolken verschwand.
Trommelschlag erdröhnte aus dem Wald und echote über das Wasser.
Es schien, als kämen die tausend Reiter nicht in Frieden.
Beldan eilte durch die Tür auf Corum zu. Sein Gesicht war bleich. »Ich habe mit der Markgräfin gesprochen«, begann er, »und unsere Mannen mobilisiert. Wir haben einhundertundfünfzig kampffähige Männer. Die Markgräfin konsultiert die Aufzeichnungen ihres Gemahls. Er verfaßte eine Abhandlung über die beste Art der Verteidigung in einem Fall wie diesem. Es scheint, er sah vorher, daß die Ponystämme sich eines Tages zusammenschließen würden.«
»Ich wollte, ich hätte diese Abhandlung gelesen«, murmelte Corum. Er atmete die beißend kalte Luft ein. »Gibt es hier keinen, der kampferprobt ist?«
»Keinen, mein Prinz.«
»Dann müssen wir schnell lernen.«
»Aye.«
Schritte erdröhnten auf der Treppe zum Turm und Männer in glänzender Rüstung traten heraus. Jeder war mit Bogen und vielen Pfeilen bewaffnet. Jeder trug einen Helm, der aus dem Gehäuse der Riesenstachelschnecke zurechtgeschnitten war. Jeder unterdrückte seine Angst.
»Wenn die Landzunge frei ist, werden wir versuchen, mit ihnen zu verhandeln«, murmelte Corum, »und die Verhandlung so lange ausdehnen, bis die Flut zurückkommt. Das wird uns ein paar Stunden mehr zur Vorbereitung geben.«
»Aber sicher werden sie mit einer solchen List rechnen«, wandte Beldan ein.
Corum nickte und rieb sich das Kinn mit dem Armstumpf. »Vermutlich. Aber wenn wirwenn wir sie belügen, was unsere Stärke anbelangt, vielleicht können wir sie dann doch ein wenig beunruhigen.«
Beldan grinste, schwieg jedoch. Seine Augen begannen auf seltsame Weise zu glänzen. Corum schrieb es dem beginnenden Kampffieber zu.
»Ich werde nachsehen, was die Markgräfin in den Notizen ihres Gatten gefunden hat«, erklärte Corum. »Bleib hier und beobachte, Beldan. Aber laß mich sofort wissen, wenn sie losziehen.«
»Diese verdammte Trommel!« Beldan drückte seine Handflächen gegen die Schläfen. »Sie hallt in meinem Kopf wider.«
»Versuch sie zu überhören. Sie soll ja gerade unsere Widerstandskraft schwächen.«
Corum eilte den Turm hinunter und kam zu dem Stockwerk, wo sich seine und Rhalinas Gemächer befanden.
Sie saß an einem Tisch, auf dem Manuskripte ausgebreitet lagen. Als er eintrat, blickte sie hoch und versuchte zu lächeln. »Es scheint, wir müssen für unsere Liebe bezahlen.«
Er blickte sie erstaunt an. »Ich fürchte, ich verstehe nicht. Ist das eine Mabden-Weisheit?«
»Verzeih den abgedroschenen Spruch«, murmelte sie. »Aber ich wollte, sie hätten sich eine andere Zeit ausgesucht, uns zu überfallen. Hundert Jahre standen ihnen dazu zur Verfügung.«
»Was hast du aus den Aufzeichnungen deines Gatten erfahren?«
»Wo unsere schwächsten Punkte sind und wo unsere Schutzwehr am wirkungsvollsten zu verteidigen ist. Ich habe schon Mannen dort Aufstellung nehmen lassen. Auch Kessel mit Blei gefüllt werden bereits erhitzt.«
»Zu welchem Zweck?«
»Du weißt aber wirklich wenig über Verteidigungsmethoden«, stellte sie fest. »Noch weniger als ich. Das geschmolzene Blei gießt man über die Angreifer, wenn sie die Mauern erstürmen.«
Corum schüttelte sich. »Muß das sein?«
»Wir sind keine Vadhagh. Und wir kämpfen auch nicht gegen Vadhagh. Ich nehme an, daß die Angreifer mit nicht weniger grausamen Methoden aufwarten werden.«
»Ja, du hast natürlich recht. Ich möchte mir des Markgrafen Aufzeichnungen ebenfalls gern ansehen, wenn du gestattest. Er war offenbar ein Mann, der sich einen Sinn für die Wirklichkeit erhalten hatte.«
»Aye«, sagte sie sanft und reichte ihm ein Blatt. »Eine bestimmte Art von Wirklichkeit zumindest.«
Es war das erste Mal, daß er sie überhaupt je eine Meinung über ihren verstorbenen Gatten äußern hörte. Er starrte sie an, wollte noch mehr davon hören, aber sie winkte ab. »Lies lieber schnell. Es dürfte dir nicht schwerfallen, die Schrift zu entziffern. Mein Mann schrieb in der alten Hochsprache, die wir von den Vadhagh übernommen haben.«
Während er las, erklang ein Klopfen an der Tür. Rhalina öffnete. Ein Krieger stand davor.
»Beldan hat mich geschickt, Lady Markgräfin. Er läßt Prinz Corum bitten, zu den Zinnen zu kommen.«
Corum legte das Manuskript auf den Tisch zurück. »Sofort. Rhalina, läßt du mir einstweilen
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