Corum 02 - Die Königin des Chaos
schleuderten Speere danach, und manche beschossen es mit Pfeilen, ehe sie sich wieder dem Rauben, Morden, Vergewaltigen und Brandschatzen zuwandten.
Doch nicht sie fürchtete Corum, sondern die Zaubermächte, über die Lyr-a-Brode nun vermutlich verfügte.
Der Bauer starrte nach unten. »Sieht es jetzt überall so aus?« fragte er ergrimmt.
»Soweit uns bekannt ist, ja. Zwei Armeen marschieren gegen Halwyg eine von Osten her, die andere aus dem Südwesten. Aber ich bezweifle, daß die Barbaren von Bro-an-Mabden weniger grausam sind als ihre Verbündeten.« Corum wandte sich von der Reling ab.
»Ich frage mich, wie es Llarak-an-Fol ergangen ist«, murmelte Rhalina, während sie das schlafende Kind in den Armen wiegte.
»Und ob Beldan wohl dortgeblieben ist, oder mit dem Rest unserer Mannen nach Halwyg weitergezogen ist. Und auch, was mit dem Herzog ist.«
»Das werden wir hoffentlich alles bald erfahren.« Jhary gestattet einem kleinen dunkelhaarigen Jungen, Schnurri zu streicheln. Die Katze trug es mit Fassung.
Corum schritt unruhig auf und ab und hielt Ausschau nach den Türmen von Halwyg.
»Seht«, sagte Jhary plötzlich leise. »Dort ist die Höllenhorde.«
Corum blickte über die Reling und sah die Flut aus Fleisch und Stahl, die sich über das Land ergoß Tausende und Abertausende von Mabden-Reitern, Mabden-Streitwagen und Mabden-Fußsoldaten. Und Wesen, die nicht Mabden waren. Kreaturen aus dem Chaos-Reich, die durch Zauberkräfte hierhergelangt waren. Da gab es die Armee des Hundes pferdegroße Bestien, mehr fuchs- als hundeartig. Da gab es auch die Armee des Bären jeder der riesigen Bären marschierte aufrecht und trug Schild und Streitkeule. Und da gab es natürlich auch die Chaos-Armee selbst mißgestaltete Krieger, Tiermenschen, nicht unähnlich jenen aus dem gelben Abyssus. Ein hochgewachsener Reiter führte sie an, der von Kopf bis Fuß in glänzendem Panzer steckte. Zweifellos war er der Abgeordnete Königin Xiombargs, von dem Jharys Katze berichtet hatte.
Und unweit der schrecklichen Streitmacht erhoben sich die Stadtmauern von Halwyg-nan-Vake, das aus der Ferne wie ein riesiges, kunstvoll zusammengestecktes Blumenarrangement aussah.
Trommelgedröhn drang aus den Reihen der Höllenhorde zu ihnen empor. Trompeten schmetterten. Das siegesgewisse Heulen der Hundebestien zerriß die Luft, und das erwartungsvolle Gelächter der ganzen Horde schrillte in den Ohren.
Corum spuckte auf die höllische Meute herunter. Der Gestank des Chaos quälte seine Nase. Sein sterbliches Auge funkelte, als der Grimm ihn übermannte, und er ein zweites Mal auf das gräßliche Pack herunterspuckte. Ein Keuchen entrang sich seiner Kehle. Seine Hand umklammerte den Schwertknauf, als all seine Erinnerung an die Mabden wach wurde, die seine Familie gemordet und ihn verstümmelt hatten. Er sah das Banner König Lyr-a-Brodes eine kunstlos angefertigte Fahne mit dem Zeichen des Hundes und des Bären. Seine Augen suchten nach seinem Erzfeind, dem Grafen Glandyth-a-Krae.
»Corum«, rief Rhalina. »Corum! Spar deinen Grimm und deine Kraft für die Schlacht, die nun unausbleiblich ist.«
Er blickte sie an, ohne zu begreifen zuerst, dann ließ er sich auf einen der Sitze fallen. Er keuchte wie einer der Höllenhunde, die dort unten dahinmarschierten, und die Edelsteine auf dem Schild, das Kwlls Auge bedeckte, schienen ein eigenes Leben zu haben und funkelten und glitzerten in einer anderen Art von Grimm.
Rhalina schauderte, als sie ihn so sah, mit kaum noch einer Spur eines Sterblichen an sich. Er schien ihr wie ein besessener Halbgott aus einer der finstersten Legenden ihres Volkes, und ihre Liebe zu ihm verwandelte sich in Furcht.
Corum vergrub sein Haupt in Kwlls Sechsfingerhand und wimmerte, bis er sich wieder gefaßt hatte. Seine übermächtige Wut und die quälende Anstrengung ihrer Herr zu werden, hatten ihn erschöpft. Müde lehnte er sich in den Sitz zurück, eine Hand auf dem Messinggeländer des Himmelsschiffs, das langsam auf Halwyg herabsank.
»Sie sind höchstens noch eine Meile entfernt«, murmelte Jhary. »Bis zum Morgen haben sie die Stadt umzingelt, wenn sie nicht aufgehalten werden.«
»Wer könnte sie denn schon aufhalten?« fragte Rhalina hoffnungslos. »Ich fürchte, Lord Arkyns Regentschaft wird nur kurz sein.«
Die Trommeln dröhnten ununterbrochen ihre Siegesgewißheit hinaus, und die Trompeten schmetterten triumphierend. Alles nahm an Lautstärke zu: das Heulen der Hundearmee, das Brummen der
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