Corum 02 - Die Königin des Chaos
Alles in der Stadt arbeitete völlig unabhängig von der Außenwelt. Selbst die Luft wurde innerhalb der schimmernden Pyramide grünen Lichtes erzeugt.
Überall gingen die Bewohner dieser wundersamen Stadt ihren täglichen Geschäften nach. Manche pflegten die Gärten, andere sorgten für das leibliche Wohl. Überall arbeiteten Künstler an ihren Werken, komponierten oder malten Bilder auf Samit und Marmor und Glas, und ihre Technik war ähnlich jener von Corums Volk. Aber ihr Stil und die Motive waren oft anders, und manche der Gemälde sagten Corum in ihrer Fremdheit nicht zu.
Man zeigte ihnen die gewaltigen, vollendeten Maschinen, welche die Stadt am Leben hielten. Sie durften die Waffen bewundern, welche die Angriffe auf die Stadt abwehrten. Sie sahen die Hallen, in denen die Luftschiffe untergebracht waren, die Schulen, Restaurants, Theater, Museen und Kunstgalerien der Stadt. Hier gab es alles, was Corum für immer verlorengeglaubt hatte, eingeäschert von Glandyth-a-Krae und seinen Barbaren. Doch nun war auch das hier alles bedroht - bedroht von denselben Mächten, die sein Volk ausgerottet hatten.
Sie aßen und schliefen. Ihre zerfetzten Kleider und Rüstungen wurden von Schneidern und Waffenschmieden aufs Exakteste nachgebildet. Als sie erwachten, fanden sie sich neu ausgestattet. Alles glich der Ausrüstung, mit der sie von König Onald-an-Gyss' Hof aufgebrochen waren.
Jhary-a-Conel war besonders erfreut von diesem Beispiel der Gastlichkeit und bedankte sich überschwenglich bei Prinz Yurette.
»Das Himmelsschiff steht bereit«, erklärte der Prinz ihnen mit ernstem Gesicht. »Ihr müßt sofort aufbrechen, denn ich habe erfahren, daß Königin Xiombarg einen Angriff mit all ihren Kräften auf unsere Stadt plant.«
»Werdet Ihr imstande sein, ihn trotz der Schwächung abzuwehren?« fragte Jhary.
»Ich hoffe es.«
Der König ohne Land trat vor. »Verzeiht, Prinz Yurette. Ich würde es vorziehen, bei Euch zu bleiben. Wenn hier, wo ich zu Hause bin, die Ordnung gegen das Chaos kämpft, möchte ich mich ihr zur Verfügung stellen.«
Yurette nickte. »Es sei, wie Ihr es wünscht. Doch nun beeilt Euch, Prinz Corum. Das Himmelsschiff wartet auf dem Dach. Stellt Euch in den Mosaikkreis dort und ihr werdet direkt zum Schiff gebracht. Lebt wohl!«
Corum, Rhalina und Jhary stellten sich in den Kreis. Einen Herzschlag später befanden sie sich an Deck des schmuckvollen Luftschiffs. Der Steuermann war derselbe, der sie aus dem Tal der erstarrten Krieger abgeholt hatte.
»Ich bin Bwydyth-a-Horn«, stellte er sich vor. »Bitte, setzt Euch wieder dorthin wie beim letztenmal, und haltet Euch gut an der Reling fest.«
»Seht!« rief Corum und deutete auf die schwarze Ebene jenseits der Pyramide. Königin Xiombargs Riesengestalt füllte dort den ganzen Himmel aus. Ihr Gesicht war wutverzerrt. Zu ihren Füßen marschierte eine gewaltige Armee eine Armee von Monstern.
Das Himmelsschiff hob ab und schwebte durch das dunkelgrüne Oval in eine Welt, die von dem Stimmengewirr der nicht mehr menschlichen Krieger erfüllt war.
Doch das Gegröle und Gejohle wurde übertönt von dem markerschütternden, rachsüchtigen Gelächter der Königin Xiombarg vom Chaos.
»BISHER SPIELTE ICH NUR MIT EUCH, WEIL MIR DAS SPASS MACHTE. DOCH NUN, DA IHR MEINEM TODFEIND, DEM MÖRDER MEINES BRUDERS, ASYL GEWÄHRTET, WERDE ICH EUCH ZERMALMEN!«
Die Luft begann zu vibrieren. Plötzlich hüllte eine Kugel grünen Lichtes das Schiff ein. Die Stadt in der Pyramide, die Armee des Grauens, Königin Xiombarg, das alles verblaßte und verschwand. Das Schiff bäumte sich auf. Sein Stöhnen wurde zum schmerzlichen Wimmern. Da hatte es auch bereits das Reich Xiombargs hinter sich gelassen und befand sich in der Domäne Arkyns von der Ordnung.
Sie schwebten über dem Land Lywm-an-Esh. Doch hier war es nicht viel anders als in dem Reich, das sie eben erst verlassen hatten. Auch hier war das Chaos auf dem Vormarsch.
DRITTES BUCH
In dem berichtet wird, wie Prinz Corum und seine Gefährten in den Krieg eingreifen, einen Sieg erringen und über das Walten der Ordnung staunen
DAS ERSTE KAPITEL
Die Horde aus der Hölle
Erstickender Qualm stieg aus den Dörfern und Städten empor. Sie befanden sich südöstlich des Flusses Ogyn im Herzogtum Kernow-a-Laun, und es war offensichtlich, daß eine von König Lyr-a-Brodes Armeen an der Küste, weit im Süden von Mordelsberg, gelandet war.
»Es würde mich interessieren, ob Glandyth bereits gemerkt hat, daß
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