Corum 04 - Das kalte Reich
Zweigen. Während sie hinsahen, schien der Nebel dichter zu werden und senkte sich zu Boden, bis nur noch wenige der froststarren Bäume zu erkennen waren. Die Sonne stand hoch am Himmel, aber ihr Licht war blaß. Dünne Wolken schoben sich vor sie.
Der Tag schien sehr still.
Keine Vögel sangen im Wald. Selbst die Schritte der Krieger in der Festung klangen gedämpft. Schrie ein Mann, klang seine Stimme für eine Sekunde hell und klar wie der Ruf einer Glocke, bevor sie vollständig von der Stille verschluckt wurde. Entlang der Befestigungen waren überall Waffen bereitgestellt Speere, Pfeile, Bogen, große Steine und die runden Tathlumbälle, die mit der Schleuder geschossen wurden. Jetzt nahmen die Krieger nach und nach ihre Plätze auf den Mauern ein. Caer Mahlod war keine große Ansiedlung, aber stark befestigt. Sie lag auf der Spitze eines Hügels, dessen Abhänge geglättet worden waren, so daß er wie ein gigantischer, von Menschenhand geschaffener Zuckerhut aussah. Im Norden und im Süden erhoben sich ähnliche Hüte. Auf zweien von ihnen konnte man noch die Ruinen anderer Festungen erkennen, die ahnen ließen, daß Caer Mahlod einst zu einer viel größeren Festungsanlage gehört hatte.
Corum wandte sich um und sah auf das Meer. Dort hatte sich der Nebel verzogen. Das Wasser war klar, ruhig und blau, als habe das Wetter auf dem Land keinen Einfluß über das Ufer hinaus. Und jetzt konnte Corum auch sehen, daß seine Vermutung sich in der Nähe von Burg Erorn zu befinden, richtig war. Zwei oder drei Meilen südlich entdeckte er die vertrauten Umrisse des Burgberges und etwas, das die Überreste eines Turmes sein mochten.
»Kennt Ihr diesen Ort, König Mannach?« fragte er und wies in die entsprechende Richtung.
»Wir nennen ihn Burg Owyn, denn aus der Ferne gesehen erinnert er an eine Burg, obwohl es sich tatsächlich um eine natürliche Felsformation handelt. Es sind einige Legenden damit verbunden, die besagen, er sei von übernatürlichen Wesen bewohnt den Sidhi, dem Cremm Croich. Aber der Baumeister von Burg Owyn war der Wind und der einzige Maurer die See.«
»Trotzdem möchte ich sie gerne besuchen«, meinte Corum. »Falls ich Gelegenheit dazu habe.«
»Wenn wir beide den Überfall der Fhoi Myore überleben um genau zu sein, wenn die Fhoi Myore uns nicht wirklich angreifen -, werde ich Euch dorthin führen Aber es ist dort nichts zu sehen, Prinz Corum. Dieser Ort läßt sich am besten aus der Ferne betrachten.«
»Ich habe das Gefühl«, sagte Corum, »Ihr habt Recht, König.«
Während sie sich unterhielten, wurde der Nebel noch dicker und nahm ihnen die Sicht auf das Meer. Nebel senkte sich auf Caer Mahlod herab und füllte die engen Gassen. Nebel wallte gegen die Feste, wallte von allen Seiten heran außer von Westen.
Selbst die kleinsten Geräusche erstarben, während die Besatzung der Mauern Ausschau hielt, was der Nebel mit sich brachte.
Es wurde dunkel, als sänke sich schon die Abenddämmerung herab. Es wurde so kalt, daß selbst Corum, der wärmer gekleidet war als alle anderen, zitterte und sich den scharlachroten Mantel enger um die Schultern zog.
Und dann klang das Geheul eines Hundes durch den Nebel. Ein wildes, verzweifeltes Heulen, das von anderen Hundekehlen aufgenommen wurde, bis es die Luft um Caer Mahlod von allen Seiten erfüllte.
Mit seinem einen Auge versuchte Corum die Hunde auszumachen. Für einen Augenblick glaubte er, einen bleichen, schleichenden Schatten am Fuß des Hügels unter den Mauern zu sehen. Dann war die Gestalt verschwunden. Corum legte vorsichtig seinen Langbogen an. Den Bogen hielt er mit seiner metallenen Hand, während er mit der anderen Hand die Sehne spannte und dann wartete, bis er einen anderen undeutlichen Schatten erkannte.
Der Pfeil schnitt durch den Nebel und verschwand.
Ein schreckliches, hohes Schmerzgeheul antwortete und ging in ein Winseln und Knurren über. Dann raste aus dem Nebel eine schattenhafte Form den Hügel hinauf auf die Festung zu. Sie bewegte sich unheimlich schnell und zielsicher. Zwei gelbe Augen starrten Corum direkt ins Gesicht, als habe die Bestie genau erkannt, wem sie ihre Wunde zu verdanken hatte. Ihr langer, buschiger Schwanz peitschte hin und her. Im ersten Moment schien es, das Tier habe noch einen zweiten Schwanz, dünn und aufgerichtet, bis Corum darin seinen Pfeil erkannte, der aus der Flanke des Tieres ragte. Der Vadhagh griff zu einem neuen Pfeil. Er spannte den Bogen und blickte dem Hund in die funkelnden
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