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Corum 06 - Das gelbe Streitross

Corum 06 - Das gelbe Streitross

Titel: Corum 06 - Das gelbe Streitross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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darin fast umgekommen wären.«
    »Die Wirklichkeit ist in mancher Beziehung viel schrecklicher«, murmelte Corum. Er zog sich den Mantel enger um die Schultern, während er neben Ilbrec durch die Geröllwüste stolperte. Die Nacht brach herein, und Corum fand wenig Freude bei dem Gedanken, die Nacht hier verbringen zu müssen, von der ständigen Gegenwart des Todes umgeben.
    Ilbrecs Augen schienen in dem schnell dunkler werdenden Zwielicht etwas entdeckt zu haben. Der Riese blieb stehen, änderte seine Richtung leicht und kämpfte sich durch den Unrat zu einem umgestürzten Streitwagen, an dessen Deichsel noch die Knochen eines Pferdes hingen. Er griff in den Streitwagen, und das Skelett des Fahrers fiel mit klappernden Knochen heraus. Ohne sich weiter darum zu kümmern, richtete Ilbrec sich wieder auf. In seiner Hand hielt er etwas Verstaubtes und Formloses. Er runzelte die Stirn.
    »Was habt Ihr gefunden, Ilbrec?« fragte Corum, der seinen Gefährten inzwischen wieder eingeholt hatte.
    »Ich bin mir nicht sicher, Freund Vadhagh.«
    Corum inspizierte Ilbrecs Entdeckung. Es war ein alter Sattel aus brüchigem Leder. Seine Riemen schienen nicht stark genug zu sein, ihn auf dem schwächsten Pferd zu halten. Die Schnallen waren stumpf, verrostet, und fielen fast ab. Alles in allem war es für Corum eine völlig unnütze Entdeckung; die wertloseste, die er sich vorstellen konnte.
    »Ein alter Sattel.«
    »Genau das.«
    »Zaubermähne hat einen guten eigenen Sattel. Abgesehen davon, würde der hier auch gar nicht passen. Er ist für ein sterbliches Pferd gemacht.«
    Ilbrec nickte. »Wie Ihr sagt. Er würde nicht passen.« Aber er behielt den Sattel in der Hand, als sie ihren Weg zum Strand hinunter fortsetzten. Dort fanden sie einen Platz, der einigermaßen frei von dem verstreuten Unrat war. Sie ließen sich nieder, um ihr Nachtlager aufzuschlagen. Es blieb ihnen sonst nichts zu tun.
    Aber bevor er sich zum Schlafen niederlegte, saß Ilbrec mit gekreuzten Beinen vor dem alten Sattel. Er nahm ihn immer wieder in die Hand und drehte ihn nachdenklich hin und her. Und Corum hörte ihn murmeln:
    »Sind wir alles, was übrig geblieben ist, wir zwei? Sind wir die letzten?«
     
    Dann dämmerte der Morgen.
    Zuerst war das Wasser weiß und weit. Langsam wurde es scharlachrot, als würde ein riesiges Seeungeheuer unter der Oberfläche sein Lebensblut verströmen. Die Farben pulsierten, als die rote Sonne sich über den Horizont erhob, und der Himmel sich mit tiefem Gelb, wässerigem Purpur und einem reichen Orange überzog.
    Die Großartigkeit des Sonnenaufganges machte den Unterschied zwischen der stillen Schönheit des Ozeans und der Insel, die er umgab, noch krasser. Denn die Insel sah wie ein Platz aus, wohin alle Zivilisationen der Welt ihre Abfälle gesandt hatten, ein riesiger Misthaufen. Das war Ynys Scaith ohne all seinen Zauber. Das war, was Sactric das Imperium der Malibann genannt hatte.
    Die zwei Männer erhoben sich langsam und streckten sich. Ihre Glieder schmerzten. Ihr Schlaf war nicht sehr friedlich gewesen. Corum bewegte zuerst die Finger seiner künstlichen silbernen Hand und dann die seiner Hand aus Fleisch und Blut, die so taub geworden war, daß er sie kaum noch von der metallenen unterscheiden konnte. Stöhnend reckte er seinen Rücken, dankbar für den frischen Seewind, der für den Augenblick den Verwesungsgestank vertrieb. Er rieb an seiner leeren Augenhöhle unter der bestickten Augenklappe. Sie schien etwas entzündet zu sein. Deshalb schlug er die Augenklappe zurück, um Luft drankommen zu lassen. Unter normalen Umständen ersparte er sich und anderen die häßliche, weiße Narbe zu entblößen. Ilbrec hatte seine goldenen Zöpfe gelöst und kämmte sein Haar. Dann flocht er wieder die mit metallenen Schnüren ver-, stärkten Zöpfe hinein. Sie waren der einzige Schutz für seinen Kopf, denn sein Stolz war es, immer ohne einen Helm auf dem blonden Schopf zu kämpfen.
    Anschließend gingen die beiden Männer bis an den Rand der Brandung und wuschen sich, so gut sie konnten, in dem salzigen Wasser. Das Wasser war kalt. Corum kam nicht darum herum, sich die Frage zu stellen, ob es bald zu Eis gefrieren würde. Hatten die Fhoi Myore sich jetzt endgültig die Welt unterworfen? War Bro-an-Mabden von Küste zu Küste nun nichts mehr als eine tote Eiswüste?
    »Dort!« rief Ilbrec. »Könnt Ihr es sehen, Corum?«
    Der Vadhagh-Prinz hob den Kopf, aber konnte am Horizont nichts auffälliges entdecken.
    »Was

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