Coruum Vol. 1
Gebäude entzog. Doch es reichte. Schlagartig erkannte er das Phänomen.
Die Gebäude unter der Wolkenschicht neigten sich bereits erheblich nach innen, zur unsichtbaren Achse der Grube, deren Verlauf die Nabe markierte. Er hielt kurz die Luft an, als ihm bewusst wurde, was die Architekten dieses Ortes getan hatten.
»Sie müssen unvorstellbare Erdbeben in der Umgebung ausgelöst haben, als sie die Antigravitationsrepulsoren am Grubenrand in Betrieb setzten. Diese Stadt besitzt jetzt eine eigene Gravitation, abgekoppelt vom Planetenschwerkraftfeld. Ich verstehe nicht, wie wir unbeschadet hier landen konnten!«
Die Bewohner dieser Stadt konnten – ohne eine Stufe hinab- oder hinaufsteigen zu müssen – von einem Punkt am Grubenrand die gesamte Grube durchqueren und am entgegengesetzten Ende, in gut fünfzig Kilometer Entfernung wieder ankommen, ohne jemals bemerkt zu haben, das sie nicht auf einer Ebene gelaufen waren. Die Gebäude am oberen Grubenrand ragten für den entfernten Betrachter im rechten Winkel in die Grubenmitte. Für einen Fußgänger am Boden wäre aufgrund der eigenen Schwerkraft der Stadt kein Unterschied zu den Gebäuden am Grubenboden zu bemerken, solange er nicht den Kopf in den Nacken legte und nach oben zu sehen versuchte.
Denn in dem Fall hätte er auf einer Seite seines Gesichtsfeldes den Ausblick auf die Megacity der Grube und auf der anderen Seite den Himmel – eine einzigartige Perspektive.
Ruf festigte seinen Griff um den Behälter. »Lasst uns gehen!«
Die vier Personen überquerten das Landedeck und wurden am Ausgang zur Nabe von zwei Gilden-Soldaten in der schwarzen Panzer-Uniform der Unsichtbaren in Empfang genommen.
»Ich bin Kolb El’ Rasaam, Anführer des Rodonns von Seers O’Lamdiir«, sprach der ältere der beiden Ruf herablassend an. »Der Vorsitzende erwartet Euch, Siir. Folgt mir!«
Kolb El’ Rasaam trug seinen Anzug ohne Helm, als sichtbaren Ausdruck seiner Macht gegenüber den unbekannten Gästen. Ruf nahm das wohlwollend zur Kenntnis, interpretierte es jedoch als ein Zeichen weit übersteigerten Selbstgefühls.
Der Offizier führte sie durch mehrere Sicherheitskontrollen weiter in das Innere des imposanten Nabengebäudes hinein, bis sie schließlich eine kleine Halle betraten, aus der nur eine Tür wieder herausführte.
Drei Soldaten der Unsichtbaren Flotte mit geschlossenen Visieren und mit in die Panzeranzüge integrierten Waffen standen in lockerer Formation vor der kleinen Tür. Als Ruf sich unauffällig umsah, bemerkte er drei weitere in ihrem Rücken – die Tür versperrend, durch welche sie die Halle gerade betreten hatten.
Ihr Führer wandte sich an Ruf, während er der attraktiven Frau der Heratis – wie er hoffte unauffällig – gierige Blicke zuwarf.
»Der Vorsitzende empfängt Euch in seinen Privatgemächern Siir – allein!«
Ruf lächelte ihn milde an. »Selbstverständlich!« Er drehte sich zu Speer und Zaguun um und nickte ihnen unauffällig zu. »Wartet hier!« Beide starrten ohne mit der Wimper zu zucken zurück.
Dann sah Ruf den Offizier der Unsichtbaren Flotte ernst an.
»Bitte informiert den Vorsitzenden Seers O’Lamdiir, dass ich meine Assistentin für die Vorführung benötige, andernfalls muss er auf eine Demonstration der Ware verzichten.«
Der Soldat verharrte einen kurzen Augenblick untätig, während dessen er kurz den Kopf senkte.
»Der Vorsitzende erlaubt Euch diese Ausnahme. Ihr könnt eintreten, Siir.« Er setzte sich in Richtung der kleinen Tür in Bewegung.
Ruf und Kooi folgten ihm gemächlichen Schrittes. Rufs Blick traf auf den der Frau. Ein leichtes Heben ihrer zarten Augenbrauen bestätigte ihm seinen Verdacht, dass der Vorsitzende sie bereits auf einem Überwachungskanal beobachtet hatte, was ihrer Sensorausrüstung nicht entgangen war.
Er aktivierte unauffällig mit dem Daumen der freien linken Hand ein paar Funktionen seines Blutringes und bereitete sich innerlich auf die Wirkung der reflexbeschleunigenden Drogen vor, welche, ausgelöst durch das Botensignal des Ringes, jetzt von den in seinem Blut schwimmenden Makrobots produziert wurden.
Seers O’Lamdiir erwartete sie, vor einem 360-Grad-Panoramafenster stehend und in Begleitung von vier weiteren Soldaten seines Rodonns.
Der Vorsitzende der Enklave war nur knapp halb so groß wie die gepanzerten Offiziere seines Rodonns, die neben ihm standen. Dennoch brachte er es auf fast den gleichen Umfang in der Körpermitte.
Kooi stieß bei diesem Anblick ein
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