Coruum Vol. 2
Gels beim Schlucken, Atmen, sie würde ertrinken. Die Panik überrollte sie. Sie krümmte ihren Oberkörper zusammen, riss an ihren Knien, Füßen, Zehen, schlug mit den Armen um sich – alles seltsam gedämpft durch die zähe Flüssigkeit.
»Beruhig dich, Kleines, bitte! « Sie hörte Karen weinen. Sie konzentrierte sich, hörte auf, um sich zu rudern, streckte sich aus. »So ist es gut, Kleines, hör zu!« Sie spürte Karen um ihre Fassung kämpfen.
»Du hattest eine Verletzung der Wirbelsäule. Der Wirbel ist repariert, aber dein Immunsystem hat Schwierigkeiten, die Infektionen zu kontrollieren, Kleines. Die Entzündungen breiten sich immer weiter in deinem Körper aus und schädigen dein Nervensystem. Hud Pasuun kann dir helfen, aber es ist nicht ungefährlich. Ich möchte dich bitten, ihr zu vertrauen – so wie du mir vertraust!«
Was hatte sie vor? Sie wollte einfach nur raus hier und Karen in den Arm nehmen, dann würde es schon wieder gehen!
»Die Infektionen bedrohen deinen Herzmuskel und die Lunge, Kleines. Wir müssen jetzt handeln«, sie spürte, wie Karen erneut mit ihrer Fassung rang, »ich möchte dich nicht auch noch verlieren, Kleines – lass mich hier nicht allein!«
Was sollte sie tun? Was konnte sie tun. Sie durfte Karen nicht allein lassen. Sie würde zustimmen – es war richtig.
Deutlich konnten Karen und Hud Pasuun das Nicken von Sinistra sehen.
»Danke, Kleines. Ich pass auf dich auf«, klangen Karens Worte erleichtert und Hoffnung schöpfend nach, während Sinistra erneut in die Traumwelt hinüberdämmerte.
Guatemala, Region um Coruum
18. Oktober 2014
30397/1/17 SGC
Donavon
Ich zog mein Fallschirmgeschirr zum wiederholten Mal fest und überprüfte den Notöffnungsmechanismus. Ich saß neben Rory auf einer Aluminiumbank mit dem Rücken zur Rumpfwand der Transportversion des Airbus A350 XWB, der Fergus, Sturgis, mich und Rorys SAS-Trupp zurück nach Coruum brachte. Rory war für diesen Einsatz zum Squadron Commander ernannt worden. Zwei zusätzliche Trupps waren inklusive Ausrüstung und Technik-Personal an Bord weiterer Airbus-Transporter mit uns unterwegs. Die riesigen Maschinen waren je zur Hälfte mit innen liegenden Zusatztanks versehen, um ihnen den Nonstop-Flug von England hierher und zurück zu ermöglichen.
Aufgrund Rorys Bericht von unserer Rettungsaktion vor wenigen Tagen hatte es grünes Licht für diesen – eher einer Invasion gleichenden – Einsatz gegeben. Es gab keine klare Zeitbegrenzung für den Einsatz – als Indikation wertete ich Rorys Aussage über unsere Vorräte – die waren auf vier Wochen ausgelegt.
Ich zählte für mich noch zwei andere Limitierungsfaktoren: Ein erneuter Kontakt mit den Besuchern könnte auch diesen Einsatz unmittelbar beenden, oder das Eintreffen einer ähnlich massiven Streitmacht der Amerikaner. Ich zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass Shoemaker höchste Priorität auf eine Rückkehr nach Coruum legen würde, sobald er auch nur etwas Luft bekam. Die Stele oder die Generatoren des Lagers wären ihm sehr viel wert, nachdem die sicher geglaubten Artefakte nun zerstört waren. Sollten die Berichte über die Zerstörung der amerikanischen Basis durch die Besucher stimmen – und davon ging zumindest Fergus aus – dann hätte Shoemaker möglicherweise neuen Respekt vor einer weiteren Konfrontation mit ihnen gewonnen und das könnte seine Geschwindigkeit reduzieren.
Wie er sich uns gegenüber verhalten würde, war unklar. Sicherlich hätten wir keine offene Auseinandersetzung zu fürchten – nun, da auch wir über eine bewaffnete Fraktion verfügten – und beide Länder gleichermaßen ohne offizielle Genehmigung durch die guatemaltekischen Behörden in Coruum operierten. Zusätzlich war die Hilfe, die unser Land zurzeit bei der Unterstützung des Wideraufbaus in den durch die Gammastrahlenwelle betroffenen US-Bundesstaaten leistete, nicht unerheblich. Er würde deutlich kompromissbereiter sein müssen als bei unserem ersten Treffen.
Fergus und Sturgis waren nicht zu sehen. Sie lagen angeschnallt auf Konturensitzen in zwei der RLAVs, die vor uns, quer zur Flugrichtung des Airbus, auf speziellen Abwurfschlitten standen. Diese Schlitten fuhren innerhalb des Transporters auf Schienen und konnten in der Luft mittels ihrer eigenen, computergesteuerten Fallschirmsysteme den Abstieg kontrollieren. Für einen begrenzten horizontalen Antrieb sorgten je Schlitten vier kompakte Raketenmotoren, die im Notfall als
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