Coruum Vol. 2
Metern. Die blaue Lichthülle zog sich zurück, bis sie nur noch die glühende Sichel des Hecks umgab. Das Schiff schien auf mehreren hellgelb glimmenden Flächen an seiner Unterseite zu schweben.
»Und was jetzt?« fragte Sturgis mich flüsternd.
Warren und Fergus hatten das bereits für sich entschieden. Wie zwei Kinder, die sich einer unheimlichen Sache, von der Neugierde her angetrieben, Händchen haltend nähern, gingen sie Seite an Seite in Richtung Schiff.
Die beiden SAS-Soldaten sahen sich unsicher zu ihrem Commander um, beeindruckt von der Einmaligkeit der Situation. Rory zuckte die Schultern und schüttelte dann den Kopf, als Zeichen, dass sie einfach auf ihren Posten bleiben sollten, und flüsterte entsprechende Kommandos in sein Funkgerät.
»Komm mit«, sagte ich zu Sturgis und kletterte zügig den Hügel hinab, nicht darauf wartend, ob er mir folgen würde. Ich beschleunigte mein Tempo und holte Fergus und Warren ein, als sie noch fünfzig Meter vom Schiff entfernt waren, hinter mir das Stampfen von Sturgis vernehmend.
»Ein Amerikaner muss beim ersten Kontakt immer dabei sein«, versuchte er eine lockere Bemerkung, die Waren jedoch nur einen bissigen Blick entlockte.
Eine unsichtbare Linie ließ uns anhalten. Wir begriffen plötzlich, wo wir uns befanden und was in den nächsten Momenten passieren könnte. Fergus sah mich mit gerötetem Gesicht an, seine Augen und Pupillen geweitet, ein deutliches Zeichen seiner Aufregung – nur Millimeter davon entfernt, seine letzten inneren Barrieren wegzureißen und kopflos zum Schiff hinzurennen, an die Außenhaut zu klopfen, um endlich Gewissheit über die Existenz der Besucher zu bekommen.
»Ganz ruhig, Brauner!«, sagte ich angespannt lächelnd, meine Hand mit Druck auf seine Schulter legend und ihn festhaltend.
Und dann sah ich sie.
Völlig lautlos hatte sich ein großes Segment der Schiffshaut im mittleren Teil geöffnet und eine breite Rampe schmatzend auf den schlammigen Kalkboden abgesenkt. Vier Personen kamen gemütlichen Schlenderschrittes diese Rampe hinab. Auf halber Höhe stieß eine von ihnen einen Laut aus und begann den Rest hinunter und auf uns zu zu rennen. Noch bevor mein nur langsam arbeitendes Gehirn den Laut als Don! erkannt hatte, stürzte Karen in meine Arme und riss mich dabei fast um.
Ein unsägliches Brennen auf meinem Gesicht und meinen Händen ließ mich aufschreien, Karen wegdrücken und entsetzt zurückspringen.
» Was ist das? «, rief ich wütend, von den nur langsam nachlassenden Schmerzen vollkommen über meine Wiedersehensfreude hinweg getragen und überrascht auf die Aura aus flimmernder Luft um Karen starrend.
Eine andere Frau kam auf uns zugeeilt, riss Karens linke Hand hoch und sagte ein paar kurze Sätze zu ihr in einer Sprache, die ich nicht verstand. Dann lächelte sie mich entschuldigend an und trat hinter Karen zurück, die vollkommen konsterniert dastand und mich mit tränenerfüllten Augen anstarrte.
Das Flimmern um sie herum war verschwunden. Ich rieb mir mein schmerzendes Gesicht und den Nacken. Karen kam langsam näher und berührte vorsichtig meine Wange. Nichts brannte. Wir nahmen uns lange in die Arme.
Irgendwann öffnete ich wieder die Augen und erkannte hinter Karen und neben der zweiten Frau den großen Mann der uns in dem Cenote zu helfen versucht hatte, geduldig wartend. Ich hatte keinen Zweifel, dass er es war – auch wenn ich ihn damals nur kurz gesehen hatte. Er trug den gleichen schlichten, dunkelgrauen Anzug – entfernt einer zweckmäßigen Kreuzung aus modischem Geschäftsanzug und einer Uniform gleichend – mit hohen Stiefeln und Handschuhen aus demselben lederähnlichen Material. Seine glänzenden, pechschwarzen Haare waren zu einem kurzen Zopf gebunden, der von seinem Hinterkopf abstand. Über seine Augen verlief ein schmaler schwarzer Bügel, der hinter den Ohren im Jackenkragen verschwand. Während ich ihn beobachtete, sah ich rasend schnell wechselnde Lichtfächer aus der Innenseite dieses Bügels seine Augen abtasten. Eine aktive Netzhautprojektionsbrille , ich starrte ihn an.
Er bemerkte das, grinste kurz und sah sich seinerseits in der Umgebung um, erlaubte mir aber, mit meiner visuellen Leibesvisitation fortzufahren.
Der Mann war ungefähr zwei Meter groß und besaß eine hundertprozentig athletische Statur. Ich schätzte ihn auf das gleiche Gewicht wie Sturgis oder Brian, nur wäre ich nicht im Geringsten überrascht gewesen, wenn er beide gleichzeitig in die Luft
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