Coruum Vol. 2
sobald sie mit meinem Schild in Berührung kamen, zwang mich, die Augen fest geschlossen zu halten. Ich schützte meine ausgekugelte linke Schulter mit dem anderen Arm, so gut es ging, und hoffte, dass das Feld weiter halten würde. Minuten oder Stunden vergingen, betäubten mich mit kreischendem Lärm explodierender Drohnen und herabstürzendem Gestein – dann, von einer zu anderen Sekunde, veränderte sich die Art des Lärms.
Das durch Mark und Bein gehende metallische Sirren hyperschneller Partikel aus großkalibrigen Linearbeschleunigern war für Sekunden allgegenwärtig, verdrängte alle anderen Geräusche, wurde wieder leiser, wanderte in die Ferne, bis nur noch vom Eingang der Höhle leiser werdende Explosionen an mein Ohr drangen. Schließlich herrschte lähmende Ruhe, meine Trommelfelle dröhnten irritiert weiter.
Ich blieb reglos liegen, versuchte meine Sinne zu sammeln, holte ganz langsam Luft. Meine Haut fühlte sich an, als würde sie brennen. Die Makrobots mussten zu einem hohen Prozentsatz mit dem zusätzlichen Sauerstofftransport aus der Hautoberfläche ins Blut beschäftigt sein. Obwohl ich nur zwei oder drei Atemzüge pro Minute machte, spürte ich keinen Sauerstoffmangel.
Wie ging es der Soldatin? Hatte sie den letzten Angriff überlebt? War unsere Verstärkung noch rechtzeitig eingetroffen?
Ich öffnete meine Lider. Da war Licht!
Langsam rollte ich auf meinen rechten Arm, drehte mich vorsichtig um und richtete mich auf, mit meiner rechten Hand die Augen abschirmend. Das Licht verlor an Intensität, wurde roter. Ich erhob mich auf ein Knie, versuchte mich wackelig zu erheben, mein Schutzfeld streifte ein anderes – ich zuckte zurück und knickte ein – es entlud sich knatternd nach oben, die alptraumhafte Umgebung in ein Blitzgewitter tauchend.
Sie waren tatsächlich gekommen!
Mich überflutete eine plötzliche Euphorie nach Stunden allerhöchster Anspannung. Ich hatte sie in dem kurzen flackernden Licht der Feldentladung nicht zählen können, aber es waren wenigstens vier, die meinem Hilferuf gefolgt waren. Wenigstens vier, die überlebt hatten!
Von der Seite näherte sich ein weiterer, Gehgeräusche eines schweren Anzugs auf zermahlendem Stein, kam um die Flanke des Felsens, hinter dem ich Deckung gesucht hatte. Etwas wurde innerhalb des roten Lichtkegels vor mir abgelegt.
Die Soldatin!
»Sie ist beschädigt, Siir!«, hörte ich eine kratzende, entfernt menschlich klingende Stimme. Die Corps-Soldatin regte sich nicht. Die Kraftverstärker ihres Exors sahen mitgenommen aus. Nur die an den Ellenbogen und Schultern liegenden Repulsoren schimmerten noch in einem dunklen Gelb. Das Trägheitsfeld musste längst zusammengebrochen sein – der Anzug lag direkt auf dem felsigen Boden auf. Ich tat einen unsicheren Schritt zu ihr, kniete nieder und hielt meinen Blutring so dicht es ging über ihren Anzug, ohne diesen mit meinem Schutzfeld zu beschädigen. Der Ring flackerte in einem dunklen Blau – ihre Vitalfunktionen waren schwach, aber vorhanden – hoffentlich hielt das Lebenserhaltungssystem des Anzugs noch eine Weile.
Von der linken Seite fuhr aus der Dunkelheit ein dicker, gepanzerter Arm mit einer dornenbewehrten Klaue ins Licht und auf mich zu. Über dem Handschuhrücken sah ich die dreieckig angeordneten Mündungen von Linearbeschleunigern. Ich spürte die glühende Hitze, die sie immer noch ausstrahlten, als der Arm sich meinem Feld näherte. Langsam öffnete sich der riesige dreifingrige Handschuh und hielt nur meinen Kommunikationsring entgegen.
»Wer seid Ihr, Siir?«, erklang die fremdartige Stimme erneut.
Ich holte ganz langsam tief Luft und versuchte wieder mich hinzustellen. Knirschend bewegten sich die Gestalten ein wenig in die Dunkelheit zurück, um mir Platz zu machen.
Sie waren es!
Das Licht aus der Sensorenphalanx des Vordersten hatte erneut an Intensität zugenommen, war wieder weißer geworden. Ich sah zu ihm auf – einer Wand aus hochfesten Nano-Strukturen, gezeichnet mit Spuren des Überlebenskampfes auf diesem Planeten.
Fasziniert betrachtete ich sie – und bekam keinen Ton heraus.
Wie jeder andere Offizier der Schattentruppen hatte ich während meiner Ausbildung auf Chrunus die Geschichte der Tempus-Übermenschen gehört. Inoffiziell waren damals nicht alle existierenden Einheiten auf dem Planeten gewesen und dem Exodus zum Opfer gefallen. Einige waren versteckt worden. Hartnäckige Gerüchte behaupteten sogar, es sollten welche in die Hände des ersten
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