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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Entwicklung des Cosm auf die übereinandergestapelten Festplatten in den großen Speicherzylindern bannen zu können.
    Max nickte grinsend. »Seminarschlachten, ein richtiger Grabenkrieg.«
    Wenn es etwas gab, was Alicia noch mehr verabscheute als Sportvergleiche, dann waren es Kriegsmetaphern. »Wie schlimm?«
    »Er ist in allen großen Institutionen – MIT, Harvard, Berkeley, Princeton – aufgetreten, und ich war ständig unmittelbar hinter ihm. Das hatte ich so eingerichtet, um seine Argumente sofort widerlegen zu können.«
    »Großartig. Und …?« strahlte Alicia. Sie war unglaublich froh gewesen, ihn endlich wieder in der Labortür stehen zu sehen. Es war eine einsame Woche gewesen.
    Auf seine ruhige Art platzte Max fast vor Stolz. »Die Sache läuft gut für mich. Jetzt ziehen sämtliche Größen der Teilchenphysik in die Schlacht. Warten Sie ab – in einem Monat gibt es über dieses Phänomen mehr Aufsätze, als Sie und ich jemals lesen können.«
    »Mir wäre schon ein einziger zuviel«, seufzte sie.
    »Auch Sie werden die Werbetrommel rühren müssen«, sagte er leise.
    »Wie bitte?«
    »Dieser Lutricia von CERN läuft überall herum und macht Ihre Meßverfahren schlecht.«
    »Was!«
    »Schon gut, schon gut. Es ist nun einmal so. Einerseits treibt ihn sein persönlicher Ehrgeiz – er ist berüchtigt dafür, daß er über Leichen geht –, aber auch die Rivalität zwischen CERN und den Vereinigten Staaten spielt eine Rolle.«
    In den Naturwissenschaften konnte sich kein Klassensystem auf Dauer halten, solange es keine etablierte und anerkannte Oberschicht gab. Die Teilchenphysiker hatten sich so lange für die natürliche Elite, die unumstrittene Priesterkaste gehalten, daß sie zutiefst schockiert waren, als sie plötzlich mit dem gemeinen Pöbel um Forschungsgelder konkurrieren mußten. Das verdarb die guten Sitten.
    »Er behauptet ganz offen, ich hätte unrecht?«
    Max nahm ihre Hand. Bei Alicia erzeugte die Berührung ein wohliges Kribbeln und zugleich beklemmende Angstgefühle. »Er unterstellt, Sie hätten vielleicht der Publicity zuliebe ein bißchen manipuliert …«
    »Was?«
    Sie zwang sich, bis zehn zu zählen, ein uralter Trick den ihr Vater ihr beigebracht hatte, als sie acht Jahre alt war, der aber immer noch funktionierte. Wer als Wissenschaftler integer bleiben wollte, hatte sich an gewisse Regeln zu halten. So durfte er seinen Geldgebern, was die zu erwartenden Ergebnisse seiner Forschungen anging, nicht das Blaue vom Himmel versprechen, er mußte auch Daten veröffentlichen, die seiner Lieblingstheorie widersprachen, und er war verpflichtet, der Regierung Ratschläge zu geben, die sie vielleicht gar nicht hören wollte – ganz alltägliche Dinge. Mit am wichtigsten war, sich selbst sehr kritisch zu fragen, ob man sein Experiment so angelegt hatte, daß es auch wirklich zu eindeutigen Ergebnissen führte. Den Zweifel an den Anfang stellen, nicht den Beweis, lautete die Maxime. Ehrlichkeit gegen sich selbst lernte man nicht im Studium; diese Eigenschaft hatte ein künftiger Physiker sozusagen durch Osmose in sich aufzunehmen. Aber so etwas …
    »Dieser Drecks…«
    »Er macht es sehr dezent. Hier und da eine Andeutung, ein Hinweis auf Ihre Medienpräsenz, das ist alles.«
    Sie stöhnte. »Das kann er nicht machen!«
    »Er macht es doch schon.«
    »Ich arbeite ehrlich, mit äußerster Gewissenhaftigkeit …«
    »Ich weiß das ja. Aber Sie müssen schon selbst in den Ring treten und sich mit ihm schlagen. Und nicht nur mit ihm. Es gibt eine Menge Skeptiker.«
    »Warum?«
    »Nun, was Sie behaupten, ist mehr als phantastisch. Und Sie haben bisher niemandem erlaubt, hierherzukommen und sich das Ding anzusehen.«
    »Wir waren zu beschäftigt …«
    »Natürlich.« Beschwichtigende Handbewegung, aufmunterndes Lächeln. »Aber die Leute fragen sich, warum Sie sich auf ihrem Hügel vergraben wie ein Einsiedler.«
    »Die Sicherheitsabteilung …«
    »Ich weiß, ich weiß. Trotzdem, es macht keinen guten Eindruck.«
    »Ich kann hier drin keine Besucher gebrauchen.« Sie wies mit weitausholender Geste auf die überfüllte Observatoriumskuppel. »Sehen Sie sich um. Wie viele Leute passen Ihrer Meinung nach in diesen Raum?«
    »Sie haben natürlich recht. Aber …«
    »Diplomatie ist nun einmal nicht meine Stärke.«
    »Äh … richtig.«
    »Verdammt, Sie hätten mir wenigstens widersprechen können.«
    Sie mußten beide lachen, und das löste die Spannung.
    Er hatte natürlich recht. Sie war nicht

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