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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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gerade berühmt für ihre taktvolle Zurückhaltung. Wie hatte ihre Therapeutin noch gesagt? »Ich würde Sie nicht unbedingt als klassischen Monomanen bezeichnen, aber …«
    »Und was soll ich nun mit diesem CERN-Typ anfangen?«
    Nur starke, lebenstüchtige Persönlichkeiten fühlten sich zur physikalischen Grundlagenforschung hingezogen; sanftere Gemüter, die sich leicht verunsichern ließen, gaben bald auf. Aber starke Persönlichkeiten betrachteten die Physik natürlich mit anderen Augen und hatten keine Hemmungen, das auch auszusprechen. In fünfzig Jahren stetig härter werdenden Konkurrenzkampfes – insbesondere seit Beginn der Etatkürzungen – hatte die Physikergemeinde eine Grunderfahrung gemacht: wenn das Essen knapp wird, verwahrlosen die Tischmanieren. Die Teilchenphysiker hatten eineeigene Methode entwickelt, Konflikte zwischen zwei starken Persönlichkeiten auf friedlichem Wege beizulegen: das Rededuell.
    Bevor man in ein solches Duell ging, durchsuchte man die Bibliotheken, spürte alles auf, was zu dem betreffenden Thema je geschrieben worden war, und bog es so zurecht, daß es die eigene Theorie stützte. Man bereitete Folien und Dias vor, natürlich keine altmodischen Tortengraphiken und Flußdiagramme, sondern 3-D Explosionszeichnungen und Überlagerungsdiagramme. Und man übte seinen Vortrag sorgfältig ein. In der Diskussion zeigte man dem Publikum Aspekte auf, die es bisher übersehen hatte, und ging dabei bis ins letzte Detail. Auf gehässige Fragen kam man schnell und entschieden zurück. Zweifler machte man nach Möglichkeit lächerlich, ohne sie jedoch in irgendeiner Weise zu verspotten. Man blieb stets nüchtern und sachlich und vermied jedes Pathos. Ein routinierter Referent schaffte es, sein Publikum auch mit einer völlig objektiven und mit todernster Miene vorgebrachten Antwort zum Lachen zu bringen.
    Und wenn man lange genug geprobt hatte, dann ging man mit seinem Stück auf Tournee und führte es einen Monat lang immer und immer wieder auf.
    Alicia seufzte. »Einer Großkampagne fühle ich mich nicht gewachsen.«
    »Sie müssen aber etwas unternehmen.«
    »Die Wahrheit drängt von selbst ans Licht. Wir sammeln weiter unsere Daten.«
    »Dann tun Sie wenigstens etwas, um Sympathien zu gewinnen.«
    »Was?«
    »Hm … ich denke darüber nach.«
    »Max, die Sache gleitet mir aus den Händen.«
    »Mir ebenso. Wir stecken beide mit drin.« Er stand auf, schob sich seitwärts an den hohen Metallregalen mit den elektronischen Geräten vorbei und wäre fast über die Kabel gestolpert. Dann griff er in die Öffnung des U-Magneten und berührte die Kugel, die hinter all den Lichtleitern und den anderen Diagnostiken kaum noch zu sehen war. »Letztlich dreht sich doch alles nur um dieses verrückte, aber hochinteressante Objekt. Und ich habe noch weiter darüber nachgedacht …«
    Alicia lehnte sich bereitwillig zurück, um ihm zuzuhören. In seiner Nähe war ihr warm ums Herz geworden, nun entspannte sie sich und genoß ganz einfach das Zusammensein. Seine klassisch geschnittene Hose saß wie angegossen und wies nicht einmal die ewigen Knitterfalten, das Markenzeichen des durchschnittlichen Naturwissenschaftlers auf. Für einen Theoretiker war der Mann gar nicht so übel.
    Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie begriff, worauf er hinauswollte. »Der Cosm ist also nicht nur eine interessante ›Laune der Natur‹ – freut mich zu hören. Aber was fangen wir nun damit an?«
    »Wir benützen ihn nicht etwa als Fluchtweg in ein anderes Universum, falls Sie das befürchtet hatten.«
    »Gut. Ich dachte schon, Sie arbeiten für den National Enquirer .«
    »Wie bitte?«
    Max hatte die Blitzaktion des vierzehntägig erscheinenden Schmierblatts gar nicht mitbekommen. Als Alicia ihn nun aufklärte, schnitt er eine Grimasse. »Nein, so gewinnträchtig ist mein Vorschlag nicht.«
    »Freut mich zu hören.«
    »Ich meine nur, wir könnten durch die Schwächen des Standardmodells zu einem besseren Modell der Quantengravitation kommen.«
    »Auf den Spuren der ›Theorie für alles‹?«
    »Erfaßt. Zum Beispiel dürfte der Zerfall des Protons nach dem Standardmodell gar nicht stattfinden. Aber der Cosm ist nicht nur eine Spur – er ist der Fuß selbst, ein Artefakt der Quantengravitation hier in IhremLabor, so groß, daß man es in die Hand nehmen kann. Wir holen die physikalische Grundlagenforschung in menschliche Dimensionen zurück!«
    »Bravo.« Sie freute sich über seine Begeisterung, und natürlich

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