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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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›Kontroverse‹ könne ihr zwar nur kurzfristig schaden, aber im Moment sei diese kurze Frist leider noch nicht vorbei. Dann kam er endlich zur Sache: die Höherstufung, um die sie sich vergangenen Winter beworben hatte, war abgelehnt worden.
    Sie war jetzt seit zwei Jahren Assistenzprofessor Stufe II und wollte, wie es üblich war, auf Stufe III befördert werden. Grundsätzlich wäre zu diesem Zeitpunkt auch schon eine Festanstellung und die Beförderung zum außerordentlichen Professor möglich gewesen, aber Wartezeiten und Rangfolge waren Traditionen, die sich mit zunehmendem Alter der University of California verhärteten wie menschliche Arterien. Doch daß man ihr sogar die reguläre Beförderung verweigerte, verhieß für die nächste, kritische Stufe, den Schritt zur Festanstellung, nichts Gutes.
    Alicia nützte ihre rhetorischen Fähigkeiten nicht aus, sondern hielt den Mund. Für einige ihrer Kollegen war das sicher die längst fällige Quittung für jemanden, der die Universität offenbar für eine Talkshow mit besonders vielen Gästen hielt. Als sie, immer noch stumm, Onells Büro verließ, stellte sie überrascht fest, daß es sie völlig kalt ließ, die nächste Stufe der Karriereleiter nicht erklommen zu haben. Vor einem Jahr wäre es noch ein schwerer Schlag gewesen, jetzt war es wie ein Bericht über eine Überschwemmung in China; ein Unglück, gewiß, aber keins, das sie betroffen hätte.

 
    4 »Großartig!« sagte Max. Er war ohne Rücksicht auf die Verkehrslage sofort losgefahren, als er die Neuigkeit hörte. Alicia war in den ersten Stunden nach dem Treffen mit Onell noch obenauf gewesen, doch dann hatte sie dringend etwas Aufmunterung gebraucht.
    Sie hätte gern sein Gesicht gesehen, aber sie hattendas Observatorium völlig verdunkelt, um das Farbenspektakel im Cosm besser beobachten zu können. »Eine kosmische Light Show«, murmelte er.
    »Keine Show. Das ist echt.«
    »Ja«, flüsterte er. »Es ist wirklich echt.«
    Als ob er es immer noch nicht fassen könnte, dachte Alicia. Aber sie verstand, was ihn bewegte. Sie waren, wie es sich für artige Wissenschaftler gehörte, mit sämtlichen Diagnostiken an die metallische Bowlingkugel herangegangen und hatten die kühnsten Theorien entwickelt, aber bis jetzt hatten sie keine direkte, konkrete Bestätigung erhalten, hatten die Existenz einer anderen Raumzeit nicht wirklich gespürt . Alicia war tief ergriffen von der feierlichen Gravitationsgavotte aus Leuchtstaub und Sternen, und sie ahnte, daß es Max nicht anders erging.
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum wir jetzt hineinsehen können«, sagte sie.
    »Ich auch nicht. Der Flaschenhals wird länger und dünner.«
    »Werden wir die Verbindung verlieren?«
    »Nun ja, sie hat sich lange gehalten, hat sogar die ersten stürmischen Phasen der Expansion überstanden.«
    »Mit anderen Worten …«
    »Genau. Ich habe keine Ahnung.«
    Sie konnten sich beide nicht sattsehen, und allmählich fühlte sich Alicia wie in einem warmen Nest. Max wußte, wann er zu schweigen hatte, wann es an der Zeit war, sich vor der erhabenen Realität demütig zu verneigen; vielleicht kennzeichnete gerade das den wahren Wissenschaftler. Jedenfalls war es sehr angenehm.
    »Die Entwicklung beschleunigt sich.« Im Dunkeln klang seine Stimme kühler als sonst. »Die Zeit läuft ständig schneller.«
    »Ich wünschte, wir könnten die Zeit auf der anderen Seite messen und eine …«
    »Spüren Sie es nicht?« sagte er plötzlich. »Mir ist, alskönnte ich die Kugelsternhaufen durch den Raum rasen sehen.«
    Sie wußte, was er meinte, sie hatte genau die gleichen Empfindungen gehabt, als riesige Wirbel aus perlmuttfarbenen Sternen an die Stelle der leuchtenden Rohgasmassen traten, nur um im nächsten Moment ihrerseits von schwarzen Staubfluten überspült zu werden, die den wilden Lichtertanz der Schöpfung wieder verdunkelten. Geschwindigkeit. Das Spektakel auf der anderen Seite vollzog sich fast … »Diese Eile.«
    »Ja, es ist ungeduldig.« Er seufzte. »Es drängt der Entstehung entgegen.«
    »Es ist vor mehr als vier Monaten entstanden.«
    Es war völlig dunkel und beide wandten ihren Blick kein einziges Mal von der wirbelnden Rhapsodie, doch allein Max’ Tonfall verriet Alicia, was in ihm vorging. »Ich meine, das Leben. Das sind die Geburtswehen.«
    Sie blinzelte. »Schon? Die Sternentwicklung war eine Sache, aber …«
    »Bei volkstümlichen Astronomievorträgen erzählt man gern einen alten Witz«, sagte Max

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