Cottage mit Aussicht
Schließlich kam Anna an die Reihe, kaufte zwei Seezungenfilets und legte sie auf die Äpfel.
Als sie weiterging, trat ihr ein Mann mit einem Kind auf den Schultern auf den Fuß. Er hatte einen gewaltigen, schwarzen Bart und war mit einem handgestrickten Pullover bekleidet, der ihm fast bis auf die Knie reichte. Das Kind, das die Finger in die dunklen Locken des Mannes gekrallt hatte, trug eine aus konzentrischen Kreisen gefertigte, leuchtend bunte Mütze und brach in lautes Gejammer aus, als sein Vater beinahe über Anna gestolpert wäre.
»Tut mir echt leid! Ich muss besser auf meine großen Füße aufpassen. Ich habe Sie überhaupt nicht gesehen!« Der Mann war sichtlich zerknirscht. Er nahm sich das Kind von den Schultern, sodass er sich richtig entschuldigen konnte, dann musste der kleine Junge Caroline streicheln.
»Ich heiße Aidan«, stellte der Mann sich vor. »Sie sind neu hier, nicht wahr? Dachte ich mir. Anderenfalls hätten wir Sie an dem Hund erkannt.«
Anna lachte. »Ich bin zwar neu, aber ich habe zunehmend das Gefühl, lange genug hier gelebt zu haben, um einige Leute zu kennen.«
»Wenn Sie auf Kreistänze stehen oder auf Fünf-Rhythmen-Tanz ... die werden im Institut während des Semesters immer mittwochs angeboten.«
»Das klingt ... faszinierend, doch ich bin im Augenblick ziemlich beschäftigt.« Was um alles in der Welt waren Kreistänze? Sie musste Chloe danach fragen.
»Nun, das Semester fängt in zwei Wochen an. Es ist eine sehr gute Art, sich zu bewegen, obwohl Sie mit diesem Hund wohl nicht viel zusätzliche Bewegung brauchen werden.« Er blickte lächelnd auf Caroline herab. »Ich stelle übrigens Musikinstrumente her.«
»Falls ich jemals eine Laute brauchen sollte, werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen«, versprach Anna feierlich, und der Mann lachte.
»Komm, Ocean.« Er setzte sich den kleinen Jungen wieder auf die Schultern und marschierte durch das Gedränge davon.
Anna sah ihm einen Moment lang voller Zuneigung nach, bevor sie zur Käsetheke weiterging, die tatsächlich auch Butter verkaufte. Diese Wahrung der Tradition freute sie ungemein.
Da sie an die Londoner Supermärkte gewöhnt war, die, wie sie geglaubt hatte, jede erdenkliche Käsesorte führten, fand Anna sich hier vor einem Rätsel wieder. Es gab Käsesorten, von denen sie nie zuvor auch nur gehört hatte. Der mit einem weißen Kittel und einer ebensolchen Kopfbedeckung ausgestattete Mann hinter der Theke schenkte ihr ein hilfsbereites Lächeln.
Anna holte tief Luft. »Ich hätte gern etwas Weiches, das trotzdem kräftig ist.«
Der Mann lachte. »In Ordnung. Wie wäre es mit diesem Camembert? Wollen Sie mal probieren?«
Nachdem Anna diverse Käsesorten gekostet und ihre Taschen mit mehr Einkäufen gefüllt hatte, als es wahrscheinlich klug war, spielte die Tatsache, dass sie kein Frühstück gehabt hatte, keine Rolle mehr.
Sie war gerade auf dem Weg zu dem Stand der Frauenvereinigung, um festzustellen, ob sie (wenn sie ihre Einkäufe sorgfältig ausbalancierte) noch einen kleinen Möhrenkuchen auf alles andere packen konnte, als der Auspuff eines Wagens knallte.
Sie brauchte mehrere Sekunden, um zu begreifen, was geschehen war. Zuerst dachte sie, das Handgelenk würde ihr vom Arm gerissen, dann wurde es plötzlich wieder losgelassen, als Caroline sich rückwärts aus ihrem schönen, breiten Halsband schob und in Richtung Brick Row davonlief. Die Tragetaschen entglitten Anna, und alles ergoss sich auf den Boden. Äpfel kullerten hinter Pfirsichen her, Weintrauben wurden von Kartoffeln zerdrückt, und eine Pampelmuse landete im Rinnstein. Eine Sekunde lang schwankte Anna: Sollte sie ihre Sachen auflesen oder hinter Caroline herlaufen? Ein einziger Blick in Carolines Richtung gab den Ausschlag. Mehrere kleine Kinder, von denen die meisten wahrscheinlich versucht hatten, sie zu streicheln, saßen heulend auf der Straße; eine Frau mit einem Bastkorb, die voll bepackt und bekleidet war wie Rotkäppchen, wich zurück, als wäre der Wolf persönlich an ihr vorbeigeschossen, und eine Gruppe von Teenagern, die sich vor der Mauer lümmelten, brach in hämisches Feixen aus: »Seht euch mal den Hund an! Scheint es verdammt eilig zu haben?«
Anna versuchte, Caroline einzuholen, und zwängte sich zu diesem Zweck durch das Gedränge, ohne auf die am Boden liegenden Kinder oder die umgeworfenen Einkaufswagen zu achten. Sie gelangte zu einem kleinen Kreisverkehr und fragte sich gerade, ob sie geradeaus
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