Cottage mit Aussicht
baut.«
Anna wollte nicht unbedingt über ihre Treppe reden, da sie sich nicht sicher war, ob sie einem solchen Vorhaben tatsächlich gewachsen war, aber jetzt war es zu spät, um sich zu zieren. »Dazu sind jede Menge Zeichnungen, Messungen und Berechnungen nötig. Die eigentliche Konstruktion und der Einbau kommen später.«
Chloe ließ nicht locker. »Und wie hast du herausgefunden, dass du eine Begabung für die Tischlerei hast?«
Anna seufzte und fügte sich in das Unvermeidliche. »Als Studentin habe ich aus Paletten und ähnlichen Dingen Möbel angefertigt, und als ich Innenarchitektin war, habe ich es richtig gelernt. Ich wusste, dass ich ein Händchen dafür hatte. Und bei meinem praktisch ersten Auftrag weigerte sich der Zimmermann, einen Schrank an der Stelle einzubauen, an der ich ihn haben wollte. Es widerstrebte ihm, Anweisungen von einer Frau entgegenzunehmen, erst recht von einer, die gerade erst vom College gekommen war. Er meinte, der Platz reiche nicht für einen Schrank, und wenn ich mir meiner Sache so sicher sei, könne ich ihn verdammt noch mal selbst einbauen. Na ja, ›verdammt‹ hat er nicht gesagt.« Die Erinnerung daran, wie sie sich damals gefühlt hatte, entlockte ihr ein Lachen: Sie war alles andere als selbstbewusst gewesen, aber so halsstarrig, wie man nur sein konnte.
Chloe stimmte in ihr Gelächter ein. »Ich kann es mir vorstellen. Also, was hast du getan?«
»Ich habe die ganze Nacht in dem Haus verbracht und den Schrank eingebaut. Nun ja, nicht die ganze Nacht, aber es war ziemlich heikel.«
»Und was hat der Zimmermann am nächsten Morgen dazu gesagt?«
»Er war beeindruckt. Tatsächlich ist er anschließend einer meiner besten Freunde geworden. Nach dem Vorfall hat er seine Meinung über Frauen im Allgemeinen und Innenarchitektinnen im Besonderen geändert. Er nahm mich quasi inoffiziell in die Lehre. Ich habe den Job in meiner Freizeit gemacht, und er hat mir beigebracht, wie man Werkzeug pflegt, Schwalbenschwanz-Verbindungen zuschneidet und so weiter.«
»Wie romantisch! Du hast deine Liebe zu Holzarbeiten durch einen knurrigen alten Tischler entdeckt und jede freie Minute genutzt, um seine Weisheit aufzusaugen, sodass du jetzt sogar daran denken kannst, dir selbst eine Treppe zu zimmern.«
Anna lachte. »Ganz so war es nicht. Er war ziemlich jung - die Jungen sind immer die Schlimmsten, wenn es um Frauenfeindlichkeit geht, zumindest meiner Erfahrung nach. Aber er hat mir tatsächlich ungeheuer viel beigebracht. Und ihm habe ich es auch zu verdanken, dass ich das Holz für die Treppe zusammen habe.«
»Du hast das Holz schon bereitliegen?«
»In einem Lagerraum in London. Glücklicherweise gehören die meisten der Dinge dort meiner Schwester, daher bezahlt sie die Miete.«
»Dann hast du also schon vor all den Jahren gewusst, dass du eine Treppe bauen würdest?«
»Oh nein. Aber Jeff hatte mir irgendwann erzählt, dass sie gerade in einem alten Haus die Böden herausrissen und auf die Müllkippe brachten, und er hat mir einen günstigen Zeitpunkt verraten, um ...« Anna zögerte, »ähm, um sie an einen anderen Ort zu bringen.« Es war Diebstahl gewesen, daran war nicht zu rütteln, aber all diese schönen, breiten Bretter zu verbrennen, wäre ihrer Meinung nach eine schlimmere Sünde gewesen. Und wenn sie sie nicht genommen hätte, hätte es ein anderer Yuppie-Designer getan. »Ich musste sie bei Nacht mit dem Fahrrad wegschaffen. Das Ganze hat mich damals drei Nächte gekostet, aber ich wusste, irgendwann einmal würde ich die Bretter gut gebrauchen können.«
»Und du hattest keine Angst, dass irgendjemand sie tagsüber wegholen könnte?«
»Und ob! Doch Jeff hatte seinem kleinen Jack Russell auf der Kippe ein Lager hergerichtet, und der Hund bellte wie wahnsinnig, wenn irgendjemand auch nur in die Nähe kam. Das bedeutete zwar auch, dass die Müllmänner nichts dort abladen konnten, aber sie haben es sehr freundlich aufgenommen. Ich habe ihnen ein paar Bier spendiert.«
Chloe seufzte. »Was für ein aufregendes Leben du geführt hast, Anna! Ich habe mich lediglich verliebt und schrecklich jung geheiratet. Aber zumindest habe ich die wahre Liebe gefunden.«
Anna lachte, obwohl sie nicht so fröhlich war, wie sie klang. Auch sie hatte die wahre Liebe gefunden, und unerwiderte wahre Liebe war ein sehr quälender Zustand.
»Wollen wir die Früchte deiner wahren Liebe zu einer Tasse heißer Schokolade zu mir nach Hause bringen? Ich habe Cornflakes gekauft,
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