Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
dreihundertfünfzig Milliarden Euro abwerfen. Natürlich würde der Markt schrumpfen, wenn die ursprünglich Infizierten geheilt waren. Aber wen störte das? Das Geld hätte er dann längst in seiner Tasche. Und zwar mehr, als irgendjemand in seinem ganzen Leben ausgeben konnte. Später, wenn es zu neuen Infektionen käme, würde das Mittel weiterverkauft. Es würde dann zwar nicht mehr die Milliarden wie bei der Anfangskampagne einbringen, aber doch einen kontinuierlichen Gewinn abwerfen.
»Wie Sie hier sehen, haben wir auch die Konkurrenz analysiert. Nach Angaben der WHO werden derzeit weltweit sechzehn Medikamente zur symptomatischen Behandlung von Aids eingesetzt. Etwa ein Dutzend Hersteller teilen sich diesen Kuchen. Ihr Unternehmen hat allein im letzten Jahr in diesem Sektor für gut eine Milliarde Euro Medikamente verkauft.«
Philogen besaß Patente für sechs Medikamente, die sich in Kombination mit anderen Präparaten im Kampf gegen das Virus als erfolgreich erwiesen hatten. Zwar mussten Erkrankte durchschnittlich fünfzig Tabletten täglich einnehmen, doch diese sogenannte »Cocktail-Therapie« war bisher das einzige Mittel, das wirkte. Die Unmenge an Medikamenten brachte keine wirkliche Heilung, sie verwirrte das Virus einfach, aber es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis die Natur die Mikrobiologen wieder überlistete. Inzwischen waren in Asien schon erste medikamentenresistente Stämme des Virus aufgetaucht.
»Wir haben einen Blick auf die Kombinationsbehandlungen geworfen«, sagte Corrigan. »Eine Medikation mit drei Präparaten kostet im Durchschnitt zwanzigtausend Euro im Jahr. Aber diese Form der Behandlung ist fast ausschließlich ein westlicher Luxus. In Afrika und Asien existiert sie nicht. Philogen spendet einigen der betroffenen Regierungen Medikamente zu reduzierten Preisen, aber um die dortigen Patienten wie im Westen zu behandeln, müsste man jährlich Milliarden von Euro aufwenden, und das kann sich keine afrikanische Regierung leisten.«
Auch die Leute aus seiner eigenen Marketingabteilung hatten ihm schon gesagt, dass die derzeitige Behandlung für die gebeutelten Drittweltländer keine wirkliche Option war. Die einzige kosteneffiziente Methode, der Krise zu begegnen, bestand darin, die Ausbreitung von HIV zu verhindern. Kondome waren dazu das Mittel der Wahl, und eine von Philogens Tochterfirmen konnte die Dinger gar nicht schnell genug produzieren. Im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte waren die Verkäufe um Tausende von Prozent gestiegen. Und ebenso der Gewinn. Doch in letzter Zeit hatte der Gebrauch von Kondomen stetig nachgelassen. Die Leute wurden allmählich leichtfertig.
»Seiner eigenen Werbung zufolge hat einer Ihrer Konkurrenten, Kellwood-Lafarge, letztes Jahr allein mehr als hundert Millionen Euro für die Suche nach einem Aids-Heilmittel aufgewendet. Ihr Unternehmen hat nur etwa ein Drittel dieser Summe dafür ausgegeben.«
Er schenkte der Frau ein affektiertes Lächeln. »Gegen einen Haufen Mist kann man nicht anstinken. Kellwood-Lafarge ist das größte Pharmafirmen-Konglomerat der Welt. Es ist schwer, mit einem Unternehmen mitzuhalten, das jährlich Bruttoeinnahmen von hundert Milliarden Euro hat.«
Er trank seinen Kaffee, während Corrigan ein neues Schaubild präsentierte.
»Lassen Sie uns jetzt einmal einen Blick auf unsere Ideen zum Produkt werfen. Natürlich ist die Suche nach einem passenden Namen von zentraler Bedeutung. Die sechzehn symptomatischen Medikamente, die derzeit auf dem Markt sind, haben ganz unterschiedliche Bezeichnungen. Nehmen wir zum Beispiel Bactrim, Diflucan, Intron, Pentam, Videx, Crixivan, Hivid oder Retrovir. Da das Heilmittel weltweit eingesetzt würde, erscheint uns eine einfachere, universellere Bezeichnung, wie sie zum Beispiel für AZT verwendet wird, vom Marketingstandpunkt aus gesehen sinnvoller. Man hat uns mitgeteilt, dass Philogen derzeit an der Entwicklung von acht potenziellen Heilmitteln forscht.« Corrigan blätterte zum nächsten Schaubild, auf dem Entwürfe für Verpackungen zu sehen waren. »Da wir unmöglich wissen können, ob ein eventuelles Heilmittel in fester oder flüssiger Form oder etwa als Injektion verabreicht würde, haben wir verschiedene Variationen erstellt, die aber alle in Ihren typischen schwarz-goldenen Farben gehalten sind.«
Vincenti betrachtete die Entwürfe.
Die Vizepräsidentin zeigte auf das Demobild. »Wir haben eine Leerstelle für den Namen gelassen, der in Goldlettern eingefügt werden
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