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Cotton Malone 04 - Antarctica

Cotton Malone 04 - Antarctica

Titel: Cotton Malone 04 - Antarctica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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Krypta?«, fragte Malone.
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Mönche bestatten ihre Toten oben im Kreuzgang. Dies hier gehört zur alten mittelalterlichen Abtei. Heute wird sie als Lagerraum genutzt. Mein Großvater hat während des Zweiten Weltkriegs sehr viel Zeit hier verbracht.«
    »Hat er sich versteckt?«
    »In gewisser Weise.«
    Sie ging durch den von grellen Glühbirnen erleuchteten Gang. Hinter der geschlossenen Tür am anderen Ende des Korridors öffnete sich ein museumsartig mit sonderbaren Steinartefakten und Holzschnitzereien ausstaffierter Raum. Es waren vielleicht vierzig oder fünfzig Ausstellungsstücke. Sie waren in das helle Licht von Natriumdampflampen getaucht. Entlang der hinteren Raumwand zogen sich ebenfalls von oben beleuchtete Tische. Links und rechts standen im bayrischen Stil bemalte Holzschränke an den Wänden.
    Sie zeigte auf die Holzschnitzereien, eine Sammlung von Schnörkeln, Mondsicheln, Kreuzen, Kleeblättern, Sternen, Herzen, Diamanten und Kronen. »Die Schnitzereien stammen von den Giebeln niederländischer Bauernhäuser. Sie wurden als Volkskunst bezeichnet, aber Großvater hielt sie für etwas weit Wichtigeres, dessen Bedeutung im Laufe der Zeit verloren gegangen war, darum hat er sie gesammelt.«
    »Nachdem die Wehrmacht mit ihrem Zerstörungswerk fertig war?«
    Er bemerkte eine aufflackernde Verärgerung. »Großvater war Wissenschaftler, kein Nazi.«
    »Wie viele haben es vor Ihnen schon mit diesem Spruch versucht?«
    Sie schien seinen Seitenhieb nicht zu beachten. »Was wissen Sie über Arier?«
    »Genug, um mir klar darüber zu sein, dass dieser Begriff älter ist als die Nazis.«
    »Mal wieder ein Beleg Ihres eidetischen Gedächtnisses?«
    »Sie stecken ja wirklich voller Informationen über mich.«
    »So, wie Sie mit Sicherheit Informationen über mich einholen werden, falls Sie zu dem Schluss kommen, dass das hier Ihre Zeit lohnt.«
    Da hatte sie recht.
    »Der Begriff der Arier als eines hochgewachsenen, schlanken, muskulösen Menschenschlags mit blondem Haar und blauen Augen geht auf das neunzehnte Jahrhundert zurück«, begann sie. »Damals fielen einem englischen, wohlgemerkt englischen Rechtsanwalt, der am Obersten Gerichtshof Indiens tätig war, Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen alten Sprachen auf. Er studierte Sanskrit und bemerkte, in welchem Maße diese Sprache dem Altgriechischen und dem Lateinischen ähnelte. Er prägte das Wort Arya, das im Sanskrit ›edel‹ bedeutet, für die Beschreibung der zugehörigen indischen Dialekte. Weitere Gelehrte, die Ähnlichkeiten zwischen dem Sanskrit und anderen Sprachen bemerkten, verwendeten den Begriff arisch, um diese Sprachfamilie zu bezeichnen.«
    »Sie sind Linguistin?«
    »Nein, aber Großvater wusste so etwas.« Sie zeigte auf einen der Steinblöcke. Dort war ein Bild eingraviert. Eine menschliche Gestalt auf Skiern. »Das hier kommt aus Norwegen. Es ist vielleicht viertausend Jahre alt. Die anderen Beispiele, die Sie hier sehen, stammen aus Schweden. In Stein gravierte Kreise, Scheiben oder Räder. Für Großvater war das hier die Sprache der Arier.«
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Stimmt. Aber es kommt noch schlimmer.«
    Sie erzählte ihm von einem brillanten Volk von Kriegern, die einstmals friedlich in einem Tal des Himalaja gelebt hatten. Irgendein historisch nicht mehr fassbares Ereignis brachte sie dazu, ihr friedfertiges Leben aufzugeben und sich dem Kriegshandwerk zuzuwenden. Manche fielen im Süden ein und eroberten Indien. Andere strömten nach Westen und stießen auf die kalten, regnerischen Wälder des nördlichen Europa. Unterwegs verschmolz ihre eigene Sprache mit den jeweiligen Sprachen der Urbevölkerungen, was spätere Gemeinsamkeiten erklärt. Die Eroberer aus dem Himalaja hatten keinen Namen. Ein deutscher Literaturkritiker nannte sie schließlich Arier. Dann brachte ein weiterer deutscher Schriftsteller, der weder Historiker noch Linguist war, die Arier mit den nordischen Völkern in Verbindung und kam zu dem Schluss, sie seien ein und dasselbe. Er schrieb eine Reihe von Büchern, die in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland zu Bestsellern wurden.
    »All das ist völliger Unsinn«, fuhr Lindauer fort. »Es entbehrt jeder Grundlage. Arier sind also in ihrer Essenz ein mythisches Volk mit einer fiktiven Geschichte und einem geborgten Namen. Doch in den Dreißigerjahren sattelten die Nationalsozialisten auf diese romantische Vorstellung auf. Die Worte arisch, nordisch und

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